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Auch ich verfügte nicht gerade über einen Überfluss an Mitteln, und ich trug es ihm ein wenig nach, dass er mit dieser Wahrheit erst herausrückte, nachdem er seine Mahlzeit bestellt hatte, aber ich war nicht zu einem Zank aufgelegt, also willigte ich ein.

»Kannst du mir denn zuhören, oder bist du noch zu aufgewühlt von den Ereignissen dieses Tages?«

»Weiß ich nicht«, sagte er. »Du solltest es besser spannend machen.«

»Oh, ich denke, an der nötigen Spannung soll es nicht hapern«, sagte ich und erzählte ihm die ganze Geschichte von meiner ersten Begegnung mit Cobb bis zu meinem jüngsten Besuch bei meinem Onkel. Während ich sprach, rührte Elias sein Essen nicht an. Stattdessen starrte er halb mich an, halb ins Leere.

»Hast du je von diesem Cobb gehört?«, fragte ich, nachdem ich geendet hatte.

Er schüttelte bedächtig den Kopf. »Niemals, und du wirst mir beipflichten, dass das merkwürdig ist. Ein Mann dieses Standes, mit so viel Geld - es erscheint mir unvorstellbar, dass ich noch nie von ihm gehört habe, denn er muss doch weitgehend bekannt sein, und ich kenne jeden, der weitgehend bekannt ist.«

»Dich scheint die Geschichte so umgehauen zu haben, dass du dein Essen ganz vergisst«, bemerkte ich. »Ich gebe ja zu, dass meine Geschichte sonderbar klingt, aber du hast doch bestimmt schon noch sonderbarere gehört. Was macht dich also so nachdenklich?«

Er schob seinen Teller beiseite. Offenbar hatte er einen noch nie da gewesenen Anfall von Appetitlosigkeit erlitten. »Wie du nur zu gut weißt, Weaver, bin ich kein Mann, der gerne seinen Verhältnissen entsprechend lebt. Deswegen hat Gott den Kredit erfunden - damit wir ihn uns nehmen. Und ich bin im Allgemeinen gut darin, meine Angelegenheiten zu regeln.«

Das stimmte im Großen und Ganzen - bis auf die paar Male, bei denen ich gerufen wurde, um ihn aus dem Haus eines Gerichtsvollziehers auszulösen, in das er als Schuldgefangener gebracht worden war, um sich mit seinen Gläubigern zu einigen. Trotzdem nickte ich zustimmend mit dem Kopf.

»Ich habe festgestellt, dass jemand während der letzten Tage versucht hat, meine Schulden aufzukaufen. Nicht alle meine Außenstände, aber doch einen beträchtlichen Teil davon. Soweit ich weiß, befinden sich inzwischen Wechsel über drei- bis vierhundert Pfund in ebendieser Hand. Ich habe mich gefragt, was derjenige damit will und warum er nicht mit mir in Verbindung tritt, aber nun glaube ich den Grund zu ahnen.«

»Cobb verfolgt meine Freunde, meine Angehörigen. Warum?

Du könntest mich nicht von meinen Schulden bei ihm befreien, also macht es keinen Sinn, deine Schulden aufzukaufen. Warum sollte er den Wunsch haben, dein Hauptgläubiger zu sein?«

Elias schien seinen Appetit wiedergefunden zu haben und zog seinen Teller zu sich heran. »Ich weiß es nicht«, sagte er und bearbeitete das Fleisch mit dem Messer. »Aber ich denke, es ist besser, wenn wir es herausfinden. Und zwar möglichst, bevor ich in den Schuldturm geworfen werde.«

4

In dem Augenblick, da ich in die Swallow Street einbog und mich Cobbs Haus näherte, fand ich mich plötzlich von einer Gruppe von vier oder fünf Bettelknaben umringt, ebenjenen, die mir schon bei meinem ersten Besuch begegnet waren. »Ich kenne dich«, sagte einer von ihnen. Er zählte weniger als zehn Jahre alt, seine Hände waren von Ruß geschwärzt wie auch sein Gesicht, das zudem noch mit einer braunen Schmiere verklebt war, über deren Natur ich nicht nachdenken wollte, was aber seine blauen Augen umso heller leuchten ließ. »Du bist doch der, der Luke vor dem Furzfänger gerettet hat, nich?«

»Ich kenne ihn nicht, aber ich habe mich für den Jungen eingesetzt«, bestätigte ich.

»Was willst du dann mit denen?«, wollte er wissen und wies mit einer Kopfbewegung auf Cobbs Haus.

Ich blieb stehen und musterte den Burschen. »Und ihr?« Ich hielt ein paar Kupfermünzen in die Höhe, um ihm die Unterredung mit mir schmackhafter zu machen.

Er lachte und nahm mir die Münzen mit solcher Behändig-keit und Fingerfertigkeit ab, dass ich mich fragen musste, ob ich sie je wirklich in der Hand gehabt hatte. »Ich will mit diesem Edgar und seinen Leuten gar nich' viel zu tun haben. Ich mag ihn nur gern ärgern, weil Edgar denkt, dass er so viel besser ist wie wir. Er jagt uns immer weg, und es macht ihn teuflisch wütend, wenn wir dann doch wieder in ihr Haus kommen. Zur Hälfte deswegen machen wir das ja.«

»Und zur anderen Hälfte?«

Er grinste und entblößte dabei die schwarzen Zähne eines Greises. »Das ist wegen des Zasters. Die besitzen allerhand, was sich leicht verkaufen lässt.«

»Was weißt du über Cobb?«

Er zuckte die Achseln. »Da gibt's nich' viel zu sagen. Er geht nich' viel aus, und wenn er's dann mal tut, wird er ganz schnell in seine Kutsche geschoben. Wir haben gejohlt wie bei Edgar, aber er hat uns gar nich' beachtet.«

»Haben sie häufig Gäste?«

»Nach dem, was ich sehe, nich'.«

»Ist dir etwas Ungewöhnliches an ihnen aufgefallen?«

Er dachte einen Moment lang nach. »Nur, dass fast niemand in dem Haus lebt. So ein großes Haus nur für zwei Gentlemen und einen Diener. Und sie haben auch nur diesen einen Diener. Sonst kann ich nich' viel über die sagen. Leben sehr zurückgezogen.«

»Das müsste für den Augenblick reichen.« Ich gab ihm meine Karte. »Wenn dir etwas auffällt, was wichtig sein könnte, komm zu mir.«

Er starrte die Karte ratlos an. »Was ist das?«

»Das ist eine Karte«, sagte ich. »Es steht mein Name darauf und wie man zu mir findet. Wenn du mich aufsuchen willst, müsstest du dann vielleicht jemanden bitten, dir vorzulesen, was auf der Karte steht.«

Er nickte, als hätte ich ihn in eines der großen Geheimnisse der Menschheit eingeweiht.

Die Jungen beobachteten von der Straße aus, wie ich an die Tür klopfte, Edgar mir öffnete und mich mit einem kritischen Blick musterte. »Es wundert mich, dass es so lange gedauert hat, bis Sie wieder hier sind.«

»Ach, was du nicht sagst.« Ich unterstrich meine Frage mit der Faust, mit der ich ihm auf die Nase schlug, gar nicht einmal heftig, sondern eher mit Finesse, und augenblicklich entströmte seinem Riechorgan Blut. Der Diener fiel mit dem Rücken gegen die Tür, und ich trat vor und versetzte ihm noch einen weiteren Hieb, bevor er zu Boden sank. Dieser traf sein Kinn, und ich war mir sicher, dass er ihn einen oder zwei Zähne gekostet hatte.

Die versammelten Straßenjungen grölten vor Vergnügen; ich legte Edgar vor die Tür und zog diese hinter mir ins Schloss. Sollten die Bettelknaben doch mit ihm machen, was sie wollten. Mir ging es nur darum, mich ungestört mit Cobb befassen zu können.

Ich marschierte in das Besucherzimmer und fand dort Cobb vor, als hätte er schon auf mich gewartet. Ich schätzte mich glücklich, dass Hammond nicht zugegen war, da er sich weit unversöhnlicher gebärdete als sein Onkel. Dieser saß friedlich in einem Sessel, nippte an seinem Weinglas und hatte sein wohlmeinendstes Lächeln aufgesetzt. Aber mich konnte er damit nicht täuschen. Ich zog meinen Dolch und hielt ihn ihm an die Kehle. »Was wollen Sie von mir?«

Er schielte nach der Klinge, verzog aber sonst keine Miene. »Sie sind derjenige, der in mein Haus eingedrungen ist«, sagte er. »Vielleicht sollte ich Ihnen diese Frage stellen.«

»Halten Sie mich nicht zum Narren, Sir, oder Sie werden meine Fragen beantworten, während Sie Ihre auf dem Teppich liegende Nasenspitze anstarren.«

»Ich glaube nicht, dass Sie mir tatsächlich so feindselig gegenübertreten wollen, Mr. Weaver. Nicht, solange ich in der Lage bin, Ihnen und Ihren Freunden zu schaden. Wie Sie inzwischen sicherlich bemerkt haben dürften, sind nicht nur Sie, sondern auch einige Ihrer Gefährten meine Schuldner. Es würde mir gar nicht gefallen, wenn einer von Ihnen oder Sie alle zusammen im Schuldnergefängnis ihr Leben fristen müssten, obwohl ich davon ausgehe, dass Ihr Onkel seine Probleme lösen könnte, indem er all sein Hab und Gut verkauft und betteln geht, obwohl ihm das gar nicht schmecken dürfte. Aber ich habe auch gute Neuigkeiten: Dazu muss es gar nicht kommen. Es liegt, wie Sie sich bestimmt bereits gedacht haben, in Ihren Händen, die Sache zu einem erfreulicheren Ausgang zu bringen.«