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So blieb mir wenig Zeit, arg wenig Zeit, um in die Rolle eines Einbrechers zu schlüpfen und mir Zugang zu einem der bestbewachten Häuser des gesamten Königreiches zu verschaffen - dem Besitz einiger der mächtigsten Privatpersonen der Welt. Einem Vorhaben dieser Größenordnung sollten Monate der Planung vorausgehen und nicht nur wenige Tage.

»Sie müssen nicht bei Sinnen sein«, sagte ich zu Cobb. »Wie soll es mir gelingen, in ein solches Haus einzudringen? Es gibt dort Wachmänner und Hunde und wer weiß was noch für Schutzmaßnahmen gegen Einbrecher.«

»Das herauszufinden ist Ihre Aufgabe«, sagte Cobb. »Ihre Freunde zählen auf Ihren Einfallsreichtum, nicht wahr?«

»Und selbst wenn Ihnen nichts an Ihren Verwandten und Ihren Freunden läge, wären dreißig Pfund ja wohl Anreiz genug«, ließ sich mit einem Male Hammond vernehmen. Ich hatte ihn nicht kommen hören, aber nun stand er in der Tür und sah mich verächtlich auf seine verkniffene Art und Weise an.

Ich beachtete ihn gar nicht und wandte mich wieder Cobb zu. »Meine Verwandten und meine Freunde? Haben Sie sich noch an die Fersen anderer geheftet als an die meines Onkels und Mr. Gordons?«

»Hah!«, kläffte Hammond. »Unser großartiger Findefuchs ist noch lange nicht hinter alles gekommen. Kann es sein, dass Mr. Cobb doch eine zu hohe Meinung von Ihnen hat?«

»Es gibt noch eine weitere Person«, sagte Cobb. »Da wir uns ein sehr bedeutsames Ziel gesteckt haben, werden Sie verstehen, dass wir nicht auch nur das geringste Risiko eines Misslingens eingehen dürfen. Also haben wir uns, abgesehen von den beiden Männern, die Sie selbst mit in Ihr Unglück gezogen haben, auch noch mit den Angelegenheiten ...«

»Langsam.« Hammond klatschte mit kindlichem Übermut in die Hände, wobei sich sein hässliches Gesicht zu einer unvorstellbar grotesken Fratze verzerrte. »Die Verantwortung dürfte noch schwerer auf Mr. Weavers Schultern lasten, wenn er nicht alles erfährt. Soll er sich doch darüber Sorgen machen, wessen Fuß als Nächstes ins Fangeisen gerät. Darum geht es. Haben Sie gelesen, was Longinus darüber schreibt? Er sagt, dass die Finsternis weit größeren Schrecken verbreitet als jede Monstrosität, wenn man sie bei Licht betrachtet.«

»Ich glaube nicht, dass wir den Gentleman in dieser Hinsicht im Ungewissen belassen müssen«, widersprach ihm Cobb. »Und wir wollen menschliche Angelegenheiten auch nicht mit poetischen Theorien erklären. Verwechsle bitte nicht Grausamkeit mit Strategie, mein lieber Neffe. Obwohl wir ihn zu etwas zwingen müssen, wollen wir Mr. Weaver zum guten Ende doch als unseren Freund gewinnen.« Er wandte sich wieder mir zu, »Der dritte Mann, den wir im Visier haben, ist ein Mr. Moses Franco, ein Nachbar von Ihnen, und, wie ich gehört habe, ein sehr guter Freund.«

Ich spürte, wie mir die Zornesröte ins Gesicht stieg. Es war schlimm genug, dass mein engster Verwandter und mein teuerster Freund mit in diese Sache hineingezogen worden waren, aber es war unerträglich, dass auch noch das Wohl und Wehe eines Menschen, mit dem ich nur flüchtig bekannt war, von mir abhing. Mein Onkel und Elias kannten mich und vertrauten mir und würden sich darauf verlassen, dass ich alles täte, um ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, aber auch noch das Schicksal eines völlig Unbeteiligten am seidenen Faden meiner Komplizenschaft mit Cobb und Hammond hängen zu wissen, brachte mich aus der Fassung.

»Franco!«, entfuhr es mir. »Der Mann bedeutet mir gar nichts. Warum ziehen Sie ihn in diesen Wahnsinn mit hinein?«

Hammond gluckste vor Vergnügen. »Das überlassen Sie nur uns.«

Cobb rieb sich fast kummervoll die Hände wie ein Arzt, der sich überlegt, wie er einem Patienten eine unerfreuliche Diagnose nahebringt. »Ich bin zu dem Glauben gelangt, Sir, dass eine Beziehung zwischen Ihnen und der Jüdin Miss Gabriella Franco besteht. Habe ich nicht recht damit?«

»Nein, das haben Sie nicht«, fuhr ich ihn an.

Ungefähr drei Jahre lang war es mein innigster Wunsch gewesen, Miriam, die Witwe meines Cousins, zu heiraten, aber unsere Liebschaft hatte in einem Missklang geendet, und es gab keine Hoffnung auf eine Versöhnung. Obwohl mein Onkel Miguel ebenfalls unsere Eheschließung befürwortet hatte, musste auch er einsehen, dass unsere Beziehung in Schutt und Asche lag, woraufhin er Bemühungen unternahm, mich mit Frauen bekanntzumachen, die seiner Meinung nach meinem häuslichen Glück und Wohlergehen förderlich sein könnten. Obwohl ich solche Avancen regelmäßig ausschlug, traf ich mich doch gelegentlich mit einer Dame seiner Wahl, wenn ich sie reizvoll genug fand. Miss Franco war eine überaus anmutige Lady von frohgemutem Wesen und betörender Figur. Wenn es einem Mann nur um die äußerlichen Reize einer Frau ginge, wäre ich, wie ich gerne zugebe, schon längst in den heiligen Stand der Ehe mit ihr eingetreten, aber es gab noch anderes zu erwägen, nicht zuletzt nämlich, ob ein Mann und eine Frau auch von der Wesensart her zueinanderpassten. Ich fand sie zwar in mancher Hinsicht sehr anziehend, und Miss Franco kam in erstaunlich vieler Hinsicht meinen Vorlieben, was das schwache Geschlecht betrifft, entgegen, aber mir war doch eher nach einer lockeren Bekanntschaft mit ihr zu Mute und nicht danach, gleich den Hafen der Ehe mit ihr anzusteuern. Wäre sie nicht die Tochter eines Freundes meines Onkels, eines Mannes, der auch meine Wertschätzung genoss, hätte ich vielleicht eine solche lockere Bekanntschaft mit ihr angestrebt, doch aus Re-spekt vor meinem Onkel und dem Vater der Dame, für den ich bei meinen Besuchen eine ähnliche Sympathie entwickelt hatte wie für die Tochter, nahm ich dann doch Abstand davon -kein Entschluss von großer Tragweite, wie sich wenig später herausstellte, denn nach meinem dritten oder vierten Besuch im Haus der Francos erfuhr ich, dass die in Saloniki lebende Großmutter der jungen Dame schwer erkrankt und mein liebreizender Engel sogleich abgereist war, um sich um ihre Angehörige zu kümmern.

Obwohl ich vorgehabt hatte, wenigstens mit ihrem mir gewogenen Vater weiterhin auf freundschaftlichem Fuße zu verkehren, hatte ich noch keine Gelegenheit gehabt, ihn nach der Abreise seiner Tochter aufzusuchen. Es stand zu befürchten, dass sich nun bestimmt keine enge Freundschaft zwischen uns beiden mehr entwickeln würde, nachdem ich die Ursache des Verdrusses war, den Cobb und Hammond dem guten Mann vermutlich bereitet hatten.

»Ich habe weder eine Verpflichtung der Familie Franco gegenüber noch umgekehrt«, erklärte ich. »Deren Angelegenheiten sind für mich von ebenso geringem Interesse wie die eines jeden flüchtigen Bekannten aus meiner Nachbarschaft. Ich bitte Sie, diese Leute nicht zu behelligen.«

»Hört, hört«, rief Hammond. »Das Schicksal Fremder scheint ihm mehr am Herzen zu liegen als die Not seiner Freunde und Blutsverwandten. Ich denke, wir sollten Mr. Francos Wechsel besonders sorgfältig verwahren.«

Auch Cobb schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, aber mein Neffe hat recht. Vielleicht erweisen Sie sich als ein williger Partner, und dann können wir ihn bald aus der Pflicht entlassen. In der Zwischenzeit jedoch erscheint es mir sinnvoll, Mr. Francos Schulden zur Gewähr Ihres Mitwirkens als Pfand zu behalten.«

»Sie irren sich«, sagte ich mit gesenkter Stimme, »wenn Sie glauben, dass mir an ihm mehr liegt als an meinem Onkel. Ihm geht es nicht gut, und die Verluste, die er durch Sie erlitten hat, verschlimmern nur seinen angeschlagenen Zustand. Wenn Sie wenigstens ihn aus Ihren Fängen lassen, werde ich Ihnen dienlich sein, wie Sie es von mir verlangen. Ihnen bleiben doch immer noch Mr. Franco und Mr. Gordon als Sicherheit.«

»Ich muss zugeben, dass ich von der Erkrankung seiner Bronchien gehört habe, und es liegt mir nichts daran, ihn leiden zu lassen .«

»Oh nein!«, fuhr sein Neffe ihm über den Mund. »Nicht Sie diktieren hier die Bedingungen, Weaver, sondern wir. Wenn Sie uns nicht hintergehen, braucht Ihr Onkel sich keine Sorgen zu machen und kann sich um seine Gesundung kümmern. Sie sind nicht in der Position zu verhandeln, denn Sie haben uns nichts zu bieten, was wir nicht schon längst hätten. Je eher Sie tun, was man Ihnen sagt, desto früher können wir Ihre Freunde aus ihrer Zwangslage befreien.«