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»Sie sind zu gütig, Madam. Also nun zu meiner Frage. Ich habe in der Stadt einige Erkundigungen eingezogen und dabei das traurige Gerücht vernommen, dass Ihre Ehe nicht mit dem Einverständnis Ihrer Familie geschlossen worden ist.«

»Es gab unter meinen Angehörigen einige, die die Heirat unterbinden wollten, aber ich hatte auch meine Verbündeten, die mir Zugang zu meiner Mitgift verschafften, damit Mr. Pepper seinen Fall vor Gericht bringen konnte.«

Ich nickte. Wenn Mrs. Ellershaw bei dieser heimlichen Zeremonie auf der Seite ihrer Tochter gestanden hatte, erklärte dies zumindest teilweise den Bruch zwischen ihr und ihrem Scheusal von einem Ehemann.

»Nun zu einer ganz indiskreten Frage. Darf ich mich nach der Höhe der Mitgift erkundigen?«

An ihrem Gesicht glaubte ich ablesen zu können, dass unsere Unterredung gleich hier und jetzt beendet sein würde, aber dann schien sie es sich noch einmal zu überlegen. »Ich hasse es, von solchen Dingen zu reden, aber es handelte sich um die Summe von fünfzehnhundert Pfund.«

Nur mit Mühe bewahrte ich angesichts einer solch enormen Summe die Fassung.

»Und das ist alles für Anwalts- und Gerichtskosten ausgegeben worden?«

»Es hört sich grausam an, aber so war es. Diese Anwälte sind sehr geübt darin, die Dinge zu verdrehen, mit Taschenspielertricks zu arbeiten und alles in die Länge zu ziehen.«

Ich gab ein paar bedauernde Bemerkungen von mir, um von meiner Ungläubigkeit abzulenken. »Und Sie können sich keinen einzigen Grund denken, aus dem die Seidenweber dieser Stadt Anteil daran nehmen könnten, was wirklich zu dem tödlichen Unfall Ihres Mannes geführt hat?«, fragte ich schließlich.

Sie schüttelte den Kopf. »Keinen einzigen.«

»Hat er je über Webstühle mit Ihnen gesprochen? Haben Sie je beobachtet, dass er sich Notizen zu solchen Dingen machte, irgendwelche Vorhaben in dieser Richtung verfolgte?«

»Wie ich bereits sagte, ist er als Gentleman geboren worden und hat sich nur bemüht, sein rechtmäßiges Erbe antreten zu können. Sie tun so, als hätte er sich mit Spielereien abgegeben.«

»Dann habe ich mich wohl geirrt«, sagte ich mit einer dritten Verbeugung.

»Was hat man Ihnen denn nun erzählt, Sir? Warum interessiert man sich für Mr. Pepper?«

Ich konnte nur hoffen, dass sie wirklich so ahnungslos war, wie sie schien. »Danach habe ich nicht gefragt.«

»Und glaubt man zu wissen, wer ihm Böses gewollt haben könnte?«

An diesem Punkt entschied ich mich, ein großes Risiko einzugehen. Falls diese Dame es für angebracht hielt, sich mit dem, was sie von mir erfahren hatte, an ihren Stiefvater zu wenden, würde alles zum Vorschein kommen, und ich erschauderte bei dem Gedanken, was das für meine Freunde bedeuten konnte. »Aus Achtung vor Ihnen und Ihrem Verlust will ich es Ihnen verraten, aber Sie müssen mir Ihr Wort geben, es keinem preiszugeben. Es gibt geheime Verständigungskanäle, über die Informationen und Gerüchte weitergetragen werden, und die mein Streben nach Gerechtigkeit unterminieren, vielleicht sogar mein Leben in Gefahr bringen können, wenn das, was ich Ihnen jetzt sage, verfrüht an die Öffentlichkeit dringt. Es spielt keine Rolle, welchen Zorn dies in Ihnen erwecken wird - Sie müssen es tief in Ihrer Brust verwahren.«

Ruckartig drehte sie ihren Kopf nach links. »Verlass bitte den Raum, Lizzy.«

Die Magd zuckte auf ihrem Stuhl zusammen. Sie hörte auf zu nähen, rührte sich aber nicht von der Stelle.

»Geh jetzt nach oben, sage ich. Wenn ich nicht augenblicklich die Treppenstufen knarren höre, kannst du dir eine andere

Arbeit suchen, und zwar ohne ein Empfehlungsschreiben von mir.«

Das brachte das Mädchen auf Trab, und sie verließ eiligst das Zimmer.

Ich nahm einen Schluck Wein und stellte das Glas wieder hin. »Ich bitte Sie zu bedenken, dass es sich lediglich um eine Anschuldigung handelt, aber es gibt unter den Seidenwebern dieser Stadt einige, die glauben, Mr. Peppers Tod wäre von der East India Company absichtlich herbeigeführt worden.«

Sämtliche Farbe verschwand aus ihrem Gesicht. Sie begann am ganzen Leibe heftig zu zittern. Ihre Augen röteten sich, aber es traten keine Tränen daraus hervor. Dann erhob sie sich so unversehens, dass ich schon dachte, sie wolle sich auf mich stürzen. Stattdessen verließ auch sie den Raum und schlug die Tür hinter sich zu.

Ich wusste nicht recht, wie ich mich verhalten sollte. Zählte das als Rauswurf? Ich klingelte nach dem Diener, aber niemand kam. Es dauerte kaum mehr als fünf Minuten, die mir jedoch wie eine Ewigkeit vorkamen, bis Mrs. Pepper wieder im Zimmer erschien. Da sie sich nicht setzte, erhob ich mich und sah sie über den Raum hinweg an.

»Man hat ihn hergebracht, müssen Sie wissen«, sagte sie. »Man hat seine Leiche aus dem Fluss gezogen und ihn zu uns ins Haus gebracht. Ich habe seine kalten Hände gehalten und über ihm geweint, bis mein Arzt sagte, ich müsse damit aufhören. Ich hatte noch nie einen solchen Kummer und einen solchen Verlust erlebt, Mr. Weaver. Wenn Mr. Pepper von irgend-wem in irgendeinem Auftrag ermordet worden ist, möchte ich, dass Sie den Mann finden. Was immer diese Arbeiter Ihnen auch bezahlen, ich verdreifache die Summe. Und wenn Sie feststellen, dass die East India Company dahintersteckt, werde ich an Ihrer Seite stehen und dafür sorgen, dass jemand dafür bezahlt.«

»Sie haben mein Wort .«

»Ihr Wort bedeutet mir nichts. Kommen Sie wieder, wenn Sie mir etwas zu sagen haben, aber quälen Sie mich nicht weiter mit müßigen Spekulationen. Das ertrage ich nicht.«

»Selbstverständlich, Mrs. Pepper. Ich werde mich bemühen ...«

»Bemühen Sie sich lieber zur Tür«, schnitt sie mir das Wort ab. »Es reicht fürs Erste.«

24

Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war, als ich das Haus der Witwe Pepper verließ, aber es war bereits dunkel geworden, und auf der Straße hörte man die nächtlichen Rufe der Betrunkenen. Als ich meine Uhr hervorzog - klammheimlich zu dieser Stunde, in der man binnen einer Sekunde einen solchen Wertgegenstand an geschickte Finger verlieren konnte -, sah ich, dass es noch nicht einmal sieben durch war, obwohl es mir mehr wie nach Mitternacht vorkam. Ich hielt die nächste Droschke an, um mich nach Hause fahren zu lassen.

Es gab viel zu tun. Ich wusste von Peppers Geschäften mit diesem mysteriösen Mr. Teaser, ich wusste, dass er mit drei Frauen verheiratet gewesen war - und es hätte mich kaum überrascht, auf weitere seiner Witwen zu stoßen. Was aber lag Cobb an Pepper? Welche Verbindung bestand zwischen Pepper und der East India Company? Oder zwischen ihm und Cobb? Was hatte all dies mit Foresters Geheimversteck und Eller-shaws dringendem Wunsch, das Gesetz von 1721 aufgehoben zu sehen, zu tun? Bedeutete die Gegenwart von Celia Glade, dass die Franzosen bei alledem ihre Finger im Spiel hatten, oder war ich nur zufällig einer Spionin über den Weg gelaufen, einer von vermutlich Hunderten, die überall in der Metropole unterwegs waren, Informationen sammelten und sie nach Hause weiterleiteten, wo klügere Köpfe dann entschieden, ob sie etwas Verwertbares darstellten.

Auf all diese Fragen hatte ich keine Antwort, und ich wusste auch nicht, wie ich eine finden sollte. Ich wusste nur, wie müde ich war und dass ein unschuldiger, hilfsbereiter Mann, der gutmütige Carmichael, wegen dieser Betrugsgeschäfte hatte sterben müssen. Ich wollte nicht, das noch jemandem etwas zustieß. Vielleicht war es an der Zeit, den Widerstand gegen Cobb aufzugeben. Meine Bemühungen, ihm entgegenzuwirken und auf eigene Faust Ermittlungen anzustellen, hatten nur dazu geführt, dass ein Freund von mir im Gefängnis saß. Ich wollte nicht riskieren, dass das noch anderen drohte.