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Ich wurde von Mrs. Henry, seiner sehr freundlichen und aufmerksamen Vermieterin, empfangen, die mir einen Sessel und ein Glas Wein anbot. Meine Gastgeberin war eine überaus attraktive Frau von etwa vierzig oder ein wenig darüber, und ich wusste, dass Elias eine freundschaftliche, wenn nicht gar amouröse, Beziehung zu ihr unterhielt. Er pflegte ihr von fast allen unseren gemeinsamen Abenteuern zu erzählen - jedenfalls denen, die für die Ohren einer Dame geeignet waren. Ich hatte befürchtet, sie würde mir böse sein, weil ich Elias in meine Probleme mit hineingezogen hatte, aber sie trug keinen Groll in ihrem Herzen oder ließ es sich zumindest nicht anmerken.

»Ich bedanke mich für die Einladung, Madam«, sagte ich mit einer Verbeugung, »aber ich fürchte, für eine Plauderei bleibt mir keine Zeit. Mr. Gordon und ich haben wichtige Dinge zu bereden, und ich wäre Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, wenn Sie ihn sogleich holen würden.«

»Ich glaube, das kommt gerade ein wenig ungelegen«, sagte sie.

»Oh, ich gehe gerne selber die Treppe hinauf, Mrs. Henry. Sie brauchen sich meinetwegen nicht zu bemühen, wenn Sie im Moment etwas anderes ...«

Ich beendete den Satz nicht, weil Mrs. Henrys Ohren die Farbe von reifen Erdbeeren angenommen hatten. Als sie sah, dass es mir nicht entgangen war, hüstelte sie verlegen in die Hand. »Vielleicht möchten Sie doch lieber ein Glas Wein mit mir trinken«, versuchte sie es noch einmal.

Ich bemühte mich, ein freundliches Lächeln aufzusetzen -nicht, um ihr zu zeigen, dass mich Elias' skandalöses Benehmen nicht mehr kümmerte, sondern eher, dass mich seine Torheiten nicht länger überraschten. »Madam«, sagte ich, »Ihnen mag es unangenehm sein, ihn zu stören, aber ich kann Ihnen versichern, dass er keinen Anstoß daran nehmen wird, wenn ich ihn hole.«

»Ich weiß nicht recht, wie er es aufnehmen wird«, sagte sie leise.

»Ach, gefallen wird's ihm bestimmt nicht, aber was sein muss, muss sein.« Ich verbeugte mich noch einmal und ging die Treppe zu Elias' Räumen hinauf.

Oben angekommen, legte ich das Ohr an die Tür - wohlverstanden nicht, um irgendeine lüsterne Neugier zu befriedigen; wenn ich ihn schon bei etwas unterbrechen musste, dann wenigstens nicht im allerverkehrtesten Moment. Aber ich hörte nichts, was mir sagte, ob dies der rechte Augenblick war. Also klopfte ich, laut genug, damit mein Freund wusste, dass dies eine dringliche Angelegenheit war, aber wiederum auch nicht so heftig, dass er gleich Hose und Hemd überstreifte und aus dem Fenster kletterte - was er meines Wissens schon bei mindestens zwei Gelegenheiten getan hatte, um einem aufdringlichen Gläubiger aus dem Wege zu gehen.

Einen Augenblick lang rührte sich nichts; dann vernahm ich scharrende Geräusche und das Knarren des Türzargens. Die Tür öffnete sich nur einen Spalt breit, und eines von Elias' wachsamen braunen Augen schielte aus der Dunkelheit seines Zimmers auf die Treppe hinaus. »Was ist denn los?«, verlangte er zu wissen.

»Was soll schon los sein«, erwiderte ich verstimmt. »Wir haben viel zu tun. Das ist los. Du weißt, wie ich es hasse, dich bei deinen Tändeleien zu stören, aber je rascher wir das alles hinter uns bringen, umso besser.«

»Oh, zweifellos, zweifellos. Aber morgen würde es mir viel eher passen.«

Ich schnaubte verächtlich. »Elias, also wirklich. Ich begreife ja das Bedürfnis, deinen Vergnügungen nachzugehen, aber du musst doch verstehen, dass jetzt nicht die Zeit dafür ist. Wir müssen noch heute Abend handeln. Du kannst darauf wetten, dass Cobb morgen wieder etwas Neues wird von mir hören wollen, und ich habe ihm schon viel mehr erzählt, als mir lieb ist. Wir müssen zusehen, dass wir etwas über Absalom Pepper und seine Verbindung zu diesem Mr. Teaser herausbe .«

»Psst!«, zischte er wütend. »Du darfst hier nicht darüber sprechen. Ich kenne all die Namen. Aber gut, Weaver, wenn es dir so dringend ist, dann warte im Rusted Chain gleich um die Ecke auf mich. Ich werde in ungefähr einer halben Stunde dort sein.«

Ich schnaubte noch einmal. Wenn Elias sich nicht von einer seiner Liebschaften trennen wollte, wurden aus einer halben Stunde leicht deren zwei oder mehr - nicht, weil er etwa verantwortungslos war, sondern eher weil er ein wenig zur Vergesslichkeit neigte.

Elias und ich waren schon seit ein paar Jahren befreundet, und ich kannte seine Gewohnheiten. Er würde nie eine Dirne mit auf sein Zimmer nehmen, schon, um Mrs. Henry (die sich mit der Zeit auch an seine Sperenzchen gewöhnt hatte) nicht zu verletzen, aber auch nie eine Frau von Stand, denn die fände seine Räumlichkeiten zu unaufgeräumt und es zudem peinlich, unter einem Dach mit seiner Vermieterin mit ihm zu tändeln. Also dürfte sich in diesem Augenblick eine Schauspielerin, eine Bedienung aus einer Taverne oder die Tochter eines Handwerkers in seinem Bett befinden - eine Frau mit genug Anstand jedenfalls, mit der Elias die Straße hinuntergehen konnte, ohne anzügliche Pfiffe zu ernten, aber auch keine so feine Dame wiederum, dass sie sich weigern würde, sich mit ihm zu zeigen.

In diesem Wissen unternahm ich einen gewagten, wenn auch keinen noch nie da gewesenen Schritt. Ich drückte mich gegen die Tür und schob Elias sanft beiseite, damit er seinen Widerstand aufgab.

Zu meiner Überraschung fand ich Elias vollständig bekleidet vor. Er trug sogar noch sein Wams. Ich musste stärker gegen die Tür gedrückt haben, als ich vorgehabt hatte, denn er stolperte plötzlich und fiel auf den Hintern.

»Hast du den Verstand verloren?«, schrie er mich an. »Du musst sofort von hier verschwinden.«

»Tut mir leid, dass ich dich umgestoßen habe«, sagte ich und konnte dabei kaum ein Grinsen unterdrücken. Es würde mehr als den üblichen Krug Ale und ein Stück Fleisch brauchen, um ihn wieder zu besänftigen, aber es half ja nichts. Unerschrocken machte ich einen Schritt auf sein Schlafzimmer zu, aber ich brauchte die Tür gar nicht erst zu öffnen, denn sein weiblicher Besuch lag nicht im Bett, sondern saß, die zarten Finger um den Stiel eines Weinglases geschmiegt, in einem seiner bequemen Sessel.

Als sie mich sah, begannen sowohl ihre Lippen als auch ihre Finger ein wenig zu zittern, obwohl sie sichtlich bemüht war, ungerührt von meinem Eindringen zu erscheinen. Entweder war es ihr peinlich oder sie war wütend auf mich oder sie fürchtete sich vor mir.

»Ich würde Sie bitten, Platz zu nehmen«, sagte sie. »Aber ich bin hier nicht die Gastgeberin.«

Ich brachte kein Wort hervor, stand nur wie angewurzelt und mit offenem Mund da wie ein Idiot. In Elias' Sessel saß Celia Glade.

25

Ich war wie vor den Kopf gestoßen.

Miss Glade sah mich mit ihren hübschen Augen an und schenkte mir ein so trauriges Lächeln, dass mein Herz augenblicklich doppelt so schnell schlug. »Es ist mir sehr unangenehm, Mr. Weaver«, sagte sie.

Ich drehte mich auf dem Absatz um und ging so schnell wie möglich zur Tür. Elias, der sich gerade aus seiner wenig schmeichelhaften Position erhob, rief mir nach, ich solle unten auf ihn warten.

Diese ganze Geschichte hat für manchen einen unglücklichen Ausgang genommen, also will ich nicht diejenigen bemitleiden, die es nicht gar so hart getroffen hat, doch ich werde mir nie mein rüdes Benehmen Mrs. Henry gegenüber verzeihen, als ich mürrisch gelaunt in ihrer Wohnung saß und meinen Weinbecher so fest umklammert hielt, dass ich befürchtete, ihn zu zerdrücken, während sie ungelenke Versuche unternahm, sich mit mir zu unterhalten.

Ich sah nicht, wie Celia das Haus verließ - Elias musste sie zur Hintertür begleitet haben -, aber eine Viertelstunde nach unserem Zusammentreffen kam er nach unten und gab mir zu verstehen, dass er bereit zum Aufbruch wäre. Wir gingen ins Rusted Chain und bestellten unsere Krüge Bier. Dann saßen wir eine Weile lang schweigend da.

»Es tut mir sehr leid, dass ich dir diese Unannehmlichkeit bereitet habe, Weaver«, hob Elias schließlich an. »Aber du hast nie eine Andeutung gemacht, dass du eine gewisse Vorliebe -«