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»Klar doch. Deinen beschissenen Rüssel steckst du ja höchstens zwischen die Titten deiner Mutter.«

»Und deine Mutter hat gar keine Titten, denn die war nur ein zotteliger Petz, der dich geboren hat, nachdem ihn ein geiler Jäger, der ein Loch nicht von dem anderen unterscheiden konnte, in den Arsch gefickt hat - so wie dein Vater, der den Unterschied nicht mehr weiß wie ein Affe in Afrika!«

»Und dein Vater war der größte Hurenbock, der jemals seine arschgefickte Tochter ...«

»Schluss jetzt!«, brüllte ich so laut, dass man es auch in dem anderen Boot hören konnte.

In diesem Augenblick vernahm ich, wie das Geräusch der Ruder verstummte, und als ich nach vorne blickte, sah ich trotz der Finsternis, wie Aadil sie aus dem Wasser hob. Und dann hörte ich eine fremde, aber doch seltsam vertraute Stimme meinen Namen rufen: »Weaver? Bist du das?« Die Stimme klang hoffnungsvoll - und gar nicht mal unfreundlich.

»Wer ruft da?«

»Ich, Aadil.« Er brach in gellendes Gelächter aus. »Da schufte ich mich ab, als wenn uns wer Gefährliches verfolgt, und dann bist das bloß du?«

Ich konnte mich nur wundern. Sooft er den Mund aufgemacht hatte, hatte er immer nur gegrunzt wie ein wildes Tier. Und obwohl er immer noch in dem Singsang seines indischen Akzents sprach, redete er plötzlich in ganzen Sätzen wie einer, der hier geboren ist.

Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. »Was ist denn nun los?« Mehr fiel mir nicht ein.

Er lachte noch einmal aus voller Kehle. »Schätze, wir sollten mal offen miteinander reden. Wir treffen uns am Ufer, und dann suchen wir uns einen Ort, wo wir uns in Ruhe alles erzählen können.«

Zum Glück merkten unsere Ruderer, das etwas Unerwartetes zwischen uns vorgegangen war und hielten sich für den Rest der Fahrt mit Kommentaren zurück. Elias sah mich neugierig an, aber ich wusste nicht, wie ich seine unausgesprochenen Fragen beantworten sollte. Ich zog mir nur den Mantel um die Schultern, denn es schien plötzlich kälter geworden zu sein, als ein leichter, aber beständiger Regen auf uns niederzu-rieseln begann.

Das andere Boot erreichte das Ufer zuerst. Noch wusste ich nicht, ob Aadils Angebot, mit uns zu verhandeln, nicht ein schlauer Trick gewesen war, aber dann sah ich, wie er ausstieg und geduldig wartete, bis auch wir angelegt hatten und aus dem Boot geklettert waren. Auf dieser Seite der Themse herrschte ein nicht minder lebhaftes Treiben als auf der anderen, und man konnte sich hier wohl kaum ungestört unterhalten, aber Aadil lächelte uns nur zu und begrüßte uns mit einer tiefen Verbeugung.

»Ich bin dir gegenüber nicht ganz ehrlich gewesen, was mich betrifft«, sagte er. »Natürlich kann ich das auch von dir behaupten oder von jedem anderen im Craven House, aber das spielt nun keine Rolle mehr. Ich habe schon längst begriffen, dass ich von dir nichts zu befürchten habe, und dein Auftauchen hat sogar einige interessante Entwicklungen ausgelöst.« Er blickte zum Himmel hinauf. »Dieser Regen scheint nicht aufhören zu wollen, und wenn ich etwas über euer englisches Wetter gelernt habe, dann, dass es sich erst einmal ausregnen muss, ehe es aufklart. Wollen wir uns einen warmen, trockenen Unterschlupf suchen?«

Mir war nicht nach Konversation. Ich wollte nur nicht noch nasser werden. »Wer zum Teufel bist du?«

Sein Lachen klang, als würde es erst in seiner Brust nachhallen, ehe er es ausstieß. »Mein Name ist wirklich Aadil. Ich bin Aadil Wajid Ali Baghat, und obwohl ich ihrer unwürdig bin, darf ich doch die Ehre für mich beanspruchen, ein gemeiner Diener Seiner höchsten Majestät, seiner Hoheit Muhammad Shah Nasir ad Din, shah an shah, des Königs der Könige, des Großmoguls von Indien zu sein.«

»Verdammt«, flüsterte Elias. »Der schmutzige Hundesohn ist ein indischer Spion.«

»Schmutzig will ich nicht gehört haben, aber ein Spion bin ich. Ja, ich bin ein Agent des Moguls und ausgeschickt worden, um einen Schlag auszuführen, der hoffentlich die East In-dia Company in ihre Schranken weisen wird. Wollt ihr noch mehr hören?«

Elias schien so sprachlos, wie ich mich fühlte, aber ich brachte dennoch ein paar Worte hervor. »Ich bin mir nicht so sicher, ob ich einen Schlag gegen die East India Company ausführen will. Glaub mir, dass ich nicht viel von den Männern im Craven House halte, aber ihre Vernichtung habe ich mir nun doch nicht auf die Fahnen geschrieben.«

»Das liegt wohl daran«, sagte Aadil, »dass du nicht weißt, was sie sich auf die Fahnen geschrieben haben, und weder ahnst, wer deine Feinde sind, noch das wahre Ausmaß ihrer Niedertracht kennst.«

»Nein«, konnte ich nur bestätigen. »Das weiß ich alles nicht.«

»Wenn du es herausfinden willst, begleite mich in die nächste Schenke. Dort will ich euch nicht nur mit Wärme und Trockenheit, sondern auch mit Speis und Trank verwöhnen.«

»Das hättest du doch gleich sagen können«, schwärmte Elias.

Als ein Jude unter Engländern habe ich mich in meiner eigenen Heimatstadt immer ein wenig fehl am Platze gefühlt, aber nun sollte ich bald feststellen, dass - verglichen mit einem Inder - niemand an einem Juden Anstoß nimmt. Wir konnten kaum drei Schritte gehen, ohne dass irgendwer Aadil etwas hinterherrief oder ihn sogar ansprach. Kinder nannten ihn verächtlich schwarze Amsel oder liefen zu ihm hin und rieben an seiner dunklen Haut, um zu sehen, ob diese abfärbte. Erwachsene wichen ihm aus und hielten sich die Nase zu, obwohl Aadil sauberer, geradezu blumig, roch, als irgendeiner der Passanten es von sich behaupten konnte. Auch Huren machten Aadil auf sich aufmerksam, versprachen, Afrikanern Sonderpreise einzuräumen, oder ließen ihn wissen, dass sie noch nie das Vergnügen eines schwarzen Schwanzes gehabt hatten und gerne einmal einen näher betrachten würden.

Ich wäre an seiner Stelle verrückt vor Wut geworden über das Geschwätz, aber ich merkte, dass Aadil sich längst an so etwas gewöhnt hatte und sich kaum davon beirren ließ. Ich stellte sogar eine Übereinstimmung zwischen Juden und Indern fest - trotz aller Vorurteile in seinem Herzen nahm ein jeder Händler gerne ihr Silber. Als wir eine ziemlich überlaufene Schenke betraten, warf der Wirt Aadil zwar einen missbilligenden Blick zu, änderte aber sogleich seine Meinung, als der Inder ihm eine übertrieben hohe Summe für einen privaten Raum nebst Verköstigung anbot.

Aadil schien sich in den Wirtshäusern auszukennen, denn wir bekamen ein gut eingerichtetes Zimmer mit zwei Fenstern mit offenen Läden und vielen Kerzen. Als uns die Köstlichkeiten des Hauses serviert wurden, rührte Aadil nichts davon an, da die Mahlzeiten, wie er erklärte, nicht in Einklang mit seiner Religion zubereitet wären. Und ebendieser Glaube, fuhr er fort, verbiete ihm auch den Genuss jeglichen Alkohols.

»Hört, hört! Kein Alkohol!«, entfuhr es Elias. »Teufel auch, Weaver, ich habe endlich eine Religion entdeckt, die es einem noch schwerer macht als unsere.« Er ließ sich von der Abstinenz unseres Gastgebers allerdings nicht davon abhalten, zuzulangen, schenkte sich eiligst ein Glas Wein ein und machte sich mit Heißhunger über das kalte Huhn her.

Während all dessen saß unser Freund Mr. Teaser still mit im Schoß gefalteten Händen da. Auch er schüttelte den Kopf, als ihm etwas zu essen oder zu trinken angeboten wurde, was mich nicht allzu sehr überraschte. Immerhin hatte er eine schreckliche Nachricht empfangen und an diesem Tag einiges über sich ergehen lassen müssen. Trotzdem verstand ich nicht, warum er in den Händen dieses dunkelhäutigen Riesen so teilnahmslos geblieben war. Ich konnte es mir nur so erklären, dass er schon einmal mit Aadil Wajid Ali Baghat zu tun gehabt hatte und wusste, dass er dem indischen Spion vertrauen konnte.

Diese Vermutung fand ich sogleich bestätigt, denn obwohl Teaser in niedergeschlagenem Schweigen verharrte, goss Aadil nichtsdestotrotz einen kräftigen Schluck Wein in einen Zinnbecher und reichte ihn dem Unglücklichen. »Trinken Sie das, Sir. Ich weiß, dass euch Engländern so etwas guttut.«