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»Rowley, sie ist tot«, sagte Adelia.

»Was?«

»Wenn Rosamund von diesen Pilzen gegessen hat, dann ist sie tot.«

»Nein, ich hab dir doch gesagt, es ging ihr wieder besser, als ich sie zuletzt gesehen habe. Viel besser.«

»Ich weiß.« Auf einmal tat er Adelia furchtbar leid, und sie wünschte, sie könnte ihm ersparen, was sie ihm nun sagen musste … »Aber das ist leider der normale Verlauf.« Sie spießte den tödlichen Pilz mit dem Messer auf und hob ihn hoch. »Es ist typisch für diese Sorte, dass es denjenigen, die sie gegessen haben, eine Zeitlang vermeintlich bessergeht.«

Unscheinbar, mit weißen Lamellen, der Hut inzwischen zu einem gewöhnlichen Braun vertrocknet, aber noch immer recht angenehm duftend. »Der Grüne Knollenblätterpilz wächst überall, ich habe ihn schon in Italien gesehen, in Sizilien, Frankreich und hier in England, wo man ihn auch Teufelshaube nennt. Ich habe seine Wirkung gesehen, habe Leichen von Menschen seziert, die ihn gegessen hatten – zu viele Leichen. Er ist immer, immer tödlich.«

»Nein«, sagte er, »das kann nicht sein.«

»Es tut mir leid, es tut mir so leid, aber wenn sie einen davon gegessen hat, und selbst wenn es nur ein Stückchen war …« Sie konnte es ihm nicht ersparen. »Zuerst Erbrechen und Durchfall, Unterleibskrämpfe, dann ein oder zwei Tage, in denen sie sich scheinbar erholt hat. Doch die ganze Zeit über hat das Gift Leber und Nieren angegriffen. Es gibt absolut keine Heilung. Rowley, sie ist tot.«

Kapitel drei

Ausgeschlossen, dass der Bischof nun noch von England in die Normandie eilen würde, um einen tobenden König zu beruhigen. Die Geliebte des Königs war tot; der König würde selbst nach England kommen und wie ein Dämon durch die Lüfte reiten, um zu verwüsten und zu brandschatzen und vielleicht sogar im Zorn seine eigene Frau zu töten, falls er sie finden konnte.

Also ritt auch der Bischof im Morgengrauen los, ein weiterer Dämon, der in die Welt entlassen wurde, um dem König zuvorzukommen, die Königin zu finden und sie in Sicherheit zu bringen, um an Ort und Stelle zu sein, den wahren Schuldigen zu suchen, um sagen zu können: Mylord, haltet ein! Ich bringe Euch Rosamunds Mörder.

Um Armageddon zu verhindern.

Der Bischof nahm nur mit, wer und was seinem Vorhaben dienen konnte, was lächerlich wenig war im Vergleich zum üblichen Tross Seiner Lordschaft: zwei Waffenknechte, einen Reitknecht, einen Sekretär, einen Boten, einen Fuhrwagen, Reit- und Ersatzpferde sowie einen arabischen Arzt, einen Hund, zwei Frauen und einen Säugling – sollte Gott ihnen beistehen, falls sie nicht Schritt halten könnten.

Sie hielten Schritt. So gerade eben. Ihr Fuhrwagen, Pater Patons »Transportmittel«, war solide gebaut, umhüllt von lila Wachstuch zum Schutz gegen die Witterung, und auf dem Stroh im Innern lagen Kissen verteilt – aber das Gefährt war nicht für schnelles Fahren gedacht. Nach drei Stunden erklärte Gyltha, wenn sie noch viel länger in diesem Mistding bleiben müsste, würden ihr die Zähne vom ständigen Klappern ausfallen, und das arme Kind würde den Verstand verlieren.

Also stiegen sie aufs Pferd um und steckten die kleine Allie wie eine Larve im Kokon in eine gut ausgepolsterte Satteltasche. Wächter, der Hund, landete weniger sacht in der anderen. Der Wechsel ging rasch vonstatten, um nicht den Anschluss an den Bischof zu verlieren, der nicht auf sie warten würde.

Jacques, der Bote, war vorausgeschickt worden, um den Bischofspalast in St. Albans für ihre Übernachtung vorzubereiten. Am darauffolgenden Tag würden sie im Barleycorn in Aylesbury absteigen.

Es war kalt und wurde noch kälter, je weiter sie nach Westen kamen, so als wehte ihnen Henry Plantagenets eisiger Atem in den Nacken und käme stetig näher.

Sie erreichten das Barleycorn nicht, weil es an dem Tag zu schneien begann und sie die Straßen verließen, um auf höherem Gelände über den uralten Icknield Way weiterzuziehen, wo Baumalleen und der Kreideboden unter den Pferdehufen das Fortkommen leichter und somit schneller machten.

Auf diesem Höhenzug gab es keine Herbergen, und der Bischof wollte keine Zeit mit der Suche nach einer verlieren. »Wir schlagen ein Lager auf«, sagte er.

Als er ihnen schließlich erlaubte abzusitzen und Adelia vom Pferd steigen wollte, verweigerten ihre Muskeln den Dienst. Sie blickte besorgt zu Gyltha hinüber, die ebenfalls Mühe hatte, abzusteigen. »Geht’s noch?« Die Frau aus dem Sumpfland mochte zäh wie Leder sein, aber sie war auch eine Großmutter und hatte mehr Rücksicht verdient.

»Ich bin an Stellen wund, über die ich lieber nich reden will.«

»Ich auch.« Und es brannte wie verrückt.

Der Einzige, der noch schlimmer aussah als sie, war Pater Paton, dessen üppiges Frühstück in St. Albans im Verlauf des Tages immer wieder aus ihm herausgesprudelt war, begleitet von lautstarkem Stöhnen. »Hätt nich so schlingen sollen«, meinte Gyltha bloß.

Die kleine Allie dagegen hatte die Reise unbeschadet überstanden, schien sie in ihrer gemütlichen Satteltasche sogar genossen zu haben, obwohl sie immer nur kurz gestillt werden konnte, wenn Bischof Rowley einen hastigen Wechsel der Pferde befahl.

Die beiden Frauen nahmen das Baby mit in den Wagen und versorgten dort ihre Wunden mit Salben aus Adelias Arzneikiste. »Davon kriegt Pater Fettwanst nix ab«, sagte Gyltha gehässig. Sie konnte Pater Paton nicht leiden.

»Und der große Dummkopf …« Gyltha ließ sich nur ungern anmerken, wie sehr sie Mansur ins Herz geschlossen hatte, »… würde nich mal was sagen, wenn sein Hintern glühen würde.«

Was stimmte. Der Araber pflegte einen Stoizismus, der an Fühllosigkeit grenzte. Da er als kleiner Junge an byzantinische Mönche verkauft worden war, die seine wunderschöne Diskantstimme bewahrten, indem sie ihn kastrierten, hatte er gelernt, dass Klagen nutzlos war.

In all den Jahren, seit er bei Adelias Zieheltern Zuflucht gefunden hatte und ihr Beschützer und Freund geworden war, hatte sie ihn nie jammern hören. Natürlich sprach er in Gesellschaft von Fremden ohnehin nicht viel. Die Engländer fanden ihn und seine arabische Kleidung schon seltsam genug, auch ohne dass der sechs Fuß große und adlergesichtige Mann mit einer hellen Kinderstimme sprach.

Oswald und Aelwyn, die beiden Waffenknechte, und Walt, der Reitknecht, waren im Umgang mit ihm unsicher, trauten ihm anscheinend irgendwelche okkulten Fähigkeiten zu. Adelia hingegen wurde von ihnen wie Dreck behandelt, wenn Rowley es nicht mitbekam. Zu Anfang hatte Adelia diese Unhöflichkeiten noch der strapaziösen Reise zugeschrieben, doch mit der Zeit war nicht mehr zu übersehen, dass es damit nichts zu tun hatte. Wenn der Bischof oder Mansur nicht in der Nähe waren, halfen sie ihr weder aufs Pferd noch herunter, und wenn sie zwischen den Bäumen verschwand, um einem menschlichen Bedürfnis nachzugehen, verfolgten sie stets leise, beleidigende Pfiffe. Ein paarmal hörte sie Wächter aufheulen, als wäre er getreten worden.

Außerdem hatten sie und Gyltha keine Damensättel bekommen. Rowley hatte zwar welche angeordnet, doch in der Hast waren sie vergessen worden, so dass die beiden Frauen gezwungen waren, rittlings zu sitzen, eine unschickliche Haltung, die Adelia jedoch im Grunde vorzog, weil sie vermutete, dass Damensättel der Wirbelsäule schadeten.

Dennoch, die Unterlassung war unhöflich und, wie sie glaubte, beabsichtigt gewesen.

Diener der Kirche, wie diese Männer es waren, hielten sie natürlich für ein loses Frauenzimmer. Entweder sie war die Metze des Bischofs oder die des Sarazenen, vielleicht von beiden. Sie fanden es schon schlimm genug, bei dem lausigen Wetter quer durchs Land zu hasten, um eine Geliebte des Königs zu beerdigen, da wollten sie nicht noch eine Hure mitschleppen.