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Er geleitete Adelia an Bord. Der Bischof von St. Albans würde, wie er erklärte, zurückbleiben und sich um die Beerdigungen kümmern.

Der Nebel war zu dicht, um einen letzten Blick auf den Wormhold Tower zu werfen, selbst wenn Adelia zurückgeschaut hätte, was sie nicht tat.

Der Plantagenet ging nicht in die Kajüte, weil er alle Hände voll damit zu tun hatte, die Ruderer von Flussbänken wegzudirigieren, Notizen in sein Schiefertafelbuch zu kritzeln und das Wetter zu studieren. »Bald kommt Wind auf.«

Er ließ auch Adelia nicht hineingehen. Er sagte, frische Luft täte ihr gut, und bugsierte sie auf eine Ruderbank im Heck.

»Ich geh zurück nach Salerno«, eröffnete sie ihm.

Er seufzte. »Das Gespräch hatten wir doch schon.«

Ja, und zwar nach dem letzten Mal, als er Todesfälle von ihr hatte aufklären lassen. »Ich bin nicht Eure Untertanin, Henry. Ich bin Sizilianerin.«

»Ja, aber wir sind in England, und hier bestimme ich, wer kommt und wer geht.«

Sie schwieg, und er schlug einen schmeichlerischen Ton an. »Ich brauche Euch. Und nach England würde Euch Salerno auch gar nicht mehr gefallen. Viel zu heiß da, Ihr würdet vertrocknen wie eine Dörrpflaume.«

Sie presste die Lippen zusammen und wandte den Kopf ab. Verdammt, bloß nicht lachen.

»Hä?«, sagte er. »Stimmt doch, oder?«

Sie musste die Frage stellen. »Wusstet Ihr, dass Dakers die Falle für Eynsham aufstellen wollte?«

Er war erst erstaunt, dann gekränkt. Wenn er nicht gerade dabei gewesen wäre, sie umzustimmen, wäre er wütend geworden. »Wie zum Teufel hätte ich denn sehen sollen, was die Frau da mitgeschleift hat? Bei dem Nebel.«

Sie würde es nie erfahren. Für den Rest ihres Lebens würde sie das Bild vor sich sehen, wie er und Dakers gemeinsam in dem Abort hockten und Rachepläne schmiedeten. »Er wird sterben, aber nicht durch meine Hand«, hatte er gesagt. Er war seiner Sache so sicher gewesen.

»Üble Dinger, diese Menschenfallen«, sagte er. »Ich setz die nie ein.« Und stockte. »Außer für Wilderer.« Und stockte. »Die sie verdient haben.« Wieder stockte er. »Und dann nur solche, die ins Bein gehen.«

Sie würde es nie erfahren.

»Ich kehre nach Salerno zurück«, sagte sie mit Nachdruck.

»Das würde Rowley das Herz brechen, Eid hin oder her.«

Es würde wahrscheinlich auch das ihre brechen, aber sie würde trotzdem gehen.

»Ihr bleibt.« Der Ruderer, der ihnen am nächsten war, drehte sich bei dem Schrei um. »Ich hab genug von irgendwelchen Rebellionen.«

Er war der König. Der Weg nach Salerno verlief durch weite Teile des Landes, die niemand ohne seine Erlaubnis durchqueren durfte.

»Es ist der Eid, nicht?«, sagte er wieder mit Schmeichelstimme. »Ich selbst hätte ihn ja nicht geschworen, aber ich bin auch nicht zur Keuschheit verpflichtet, den Heiligen sei Dank. Mal sehen, was wir da machen können – meine Hingabe an Gott sucht ihresgleichen, aber er ist nicht gut im Bett.«

Die Fahrt dauerte nicht lang. Durch das Tauwetter führte die Themse Hochwasser und trug die Barkasse rasch flussabwärts. Henry verbrachte den Rest der Zeit damit, Notizen in sein Schiefertafelbuch zu machen. Adelia saß da und starrte ins Nichts, das Einzige, was zu sehen war.

Aber der König behielt recht. Als sie sich Godstow näherten, war eine leichte Brise aufgekommen, und ein Stück weiter vor ihnen war die Brücke so eben sichtbar. Irgendwas spielte sich dort ab. Der Mittelbogen war leer, doch an beiden Enden drängten sich Menschen jeweils um eine einzige Gestalt.

Als die Barkasse das Dorf passierte, war zu erkennen, was die Leute auf dieser Seite der Brücke machten.

Jemand wurde aufgehängt. Wolvercote stand in der Mitte der Menge und überragte alle. Er hatte eine Schlinge um den Hals, während ein Mann dabei war, das andere Ende des Stricks an einem Pfosten zu befestigen. Neben ihm bewegte der viel kleinere Pater Egbert die Lippen im leisen Gebet.

Von der Seite der Abtei aus beobachtete eine junge Frau die Szene. Die Menschen, die sich hinter ihr drängten, hielten Abstand, nur eine Gestalt – Adelia erkannte die matronenhafte Figur von Mistress Bloat – zog an der Hand ihrer Tochter, als flehte sie sie an. Emma achtete nicht auf sie. Ihre Augen beobachteten unbeirrt das Geschehen am anderen Ende der Brücke.

Ein junger Mann, der die Barkasse bemerkte, beugte sich übers Geländer. Seine Stimme ertönte klar und heiter. »Seid gegrüßt, Mylord! Ich danke Gott, dass er Euch beschützt hat.« Er grinste. »Ich hab nichts anderes erwartet.«

Die Ruderer begannen, gegen die Strömung zu rudern, um das Boot an Ort und Stelle zu halten und das Gespräch zwischen dem König und seinem Sohn zu ermöglichen. Über ihnen hielt Wolvercote den Blick himmelwärts gerichtet. Die Sonne zeigte sich allmählich. Ein Reiher erhob sich aus dem Schilf und flog schwerfällig flussabwärts.

Henry legte sein Schiefertafelbuch beiseite. »Gut gemacht, Geoffrey. Ist alles gesichert?«

»Alles sicher, Mylord. Und, Mylord, die Männer, die ich losgeschickt habe, die Königin zu verfolgen, haben Nachricht gesandt. Sie ist gefasst und wird zurückgebracht.«

Henry nickte. Er zeigte auf Wolvercote und sagte: »Hat er seine Sünden gebeichtet?«

»Alle außer den Verrat an Euch, Mylord. Er will keine Absolution für seine Rebellion.«

»Ich hätte dem Schwein sowieso keine Absolution erteilt«, sagte Henry zu Adelia. »Selbst der Herr wird sich das zweimal überlegen.« Er rief: »Dann runter mit ihm, Geoffrey, und möge Gott seiner Seele gnädig sein.« Er winkte den Ruderern, die Fahrt fortzusetzen.

Als das Boot vorbeiglitt, hoben zwei Männer Wolvercote hoch und stellten ihn auf das Geländer.

Pater Egbert hob die Stimme, um die Absolution zu sprechen: »Dominus noster Jesus Christus …«

Adelia wandte sich ab. Sie war jetzt nah genug, um Emmas Gesicht sehen zu können. Es war völlig ausdruckslos.

»… Deinde ego te absolvo a peccatis tuis, in nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti. Amen.«

Das Schnarren eines ruckartig gespannten Stricks war zu hören. Gejohle und Jubel auf beiden Seiten der Brücke.

Adelia konnte nicht hinsehen, aber sie wusste, wann Wolvercotes Todeskampf zu Ende war, denn erst dann drehte Emma sich um und ging.

Eine Menschenmenge, bestehend aus Soldaten, Nonnen und Gesinde, also fast jedermann aus Godstow, hatte sich auf der Wiese unterhalb der Abtei versammelt, um König Henry zuzujubeln.

Adelia sah nur drei: einen großgewachsenen Araber, eine ältere Frau und ein Kind, dessen kleine Hand zur Begrüßung auf und ab geschwenkt wurde.

Schließlich brauche ich nur sie, sonst niemanden.

Allie hatte anscheinend ein neues Wort gelernt, denn Gyltha versuchte, sie dazu zu bringen, es auszusprechen, indem sie erst die Kleine aufmunterte und dann auf Adelia zeigte, die wegen des lauten Jubels nichts hören konnte.

Ein Ruf vom gegenüberliegenden Ufer übertönte den Lärm. »Mylord, Mylord. Wir bringen die Königin, Mylord.«

Auf einen Befehl von Henry hin schwenkte die Barkasse ab und steuerte quer über den Fluss auf eine Reitergruppe zu, die zwischen den Bäumen hervorkam. Ein Mann mit den Zeichen eines Hauptmanns der Plantagenet-Wache stieg ab, während einer seiner Soldaten der Königin von seinem Pferd half, auf dem sie im Damensitz geritten war.

Ein Türchen in der Heckreling der Barkasse wurde geöffnet und eine Planke hinausgeschoben, die bis zum Ufer reichte. Der Hauptmann, ein besorgt dreinblickender Mann, kam an Bord.

»Wie ist sie über den Fluss gekommen?«, fragte Henry.

»Weiter unten lag ein alter Lastkahn, Mylord. Wir glauben, Lord Montignard hat ihn rübergestakt … Mylord, er hat versucht, ihre Gefangennahme zu verhindern, er hat wie ein Wolf gekämpft, Mylord … er …«