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»Vielleisst hahben ssie auf unsss ghewartet?« schlug Hrhon vor.

Tally nickte zustimmend. »Hast du vergessen, wie leicht sie uns im Wald gefunden haben? Ich traue dieser Jandhi alles zu.«

»Sie müßte zaubern können, um unsere Spur jetzt noch aufzunehmen«, sagte Angella.

»Vielleicht auch das.« Tally machte eine hastige Bewegung, zu schweigen, deutete in die Richtung zurück, in der ihr improvisiertes Nachtlager lag, und huschte los, Hrhons breiten Rücken als lebende Deckung vor sich.

Ihre Hand schloß sich so fest um den Laser, wie sie nur konnte.

Hrhon, Angella und sie waren jetzt alle drei mit den schrecklichen Drachenwaffen ausgerüstet; denn Tally hatte sich schweren Herzens entschlossen, Angella die Waffe der getöteten Insektenreiterin zu überlassen. Jetzt fragte sie sich, ob es vielleicht ein Fehler gewesen war.

Nach einer Weile blieb Hrhon wieder stehen, hob die linke Hand und legte die andere auf die Lippen. Und diesmal hörte auch Tally die Geräusche - Laute, die nicht in den Gesang der Nacht paßten: das Schleifen von Metall, Schritte, schließlich sogar Stimmen, ohne daß sie die Worte verstehen konnte.

Dann sah sie das Licht.

Es war ein sehr sonderbares, ungewohnt weißes Licht - ein dünner, sehr weißer Strahl, der hinter den Felsen auftauchte und einen Moment lang wie ein leuchtender Finger über den Himmel glitt, ehe er sich wieder senkte und unsichtbar wurde. Eine Stimme bellte einen scharfen Befehl.

»Vorsichtig jetzt!« befahl Tally im Flüsterton. »Keinen Laut. Und - Angella?« Angella antwortete nicht, aber sie war stehengeblieben und sah Tally fragend an. »Keine Dummheiten diesmal«, sagte Tally. »Ich will kein Gemetzel.«

Sie schlichen weiter. Der Weg zurück zu ihrem Lagerplatz kam Tally weiter vor als der zum See hinab, aber das mochte an ihrer Aufregung liegen; möglicherweise machte Hrhon auch einen Umweg, um sich den Drachenreiterinnen von der entgegengesetzten Seite zu nähern.

Sie sahen das Licht kein zweites Mal, aber die Stimmen und das Geräusch von Schritten leiteten sie: es waren die Schritte von mindestens zwei, wahrscheinlich aber mehr Frauen, dazwischen das hohe, mißtönende Pfeifen eines Hornkopfes.

Dann lag das natürlich gewachsene Felsenfort wieder vor ihnen, und Tally sah zum zweiten Male dieses sonderbare Licht. Sie konnte jetzt auch seine Quelle ausmachen - es war eine Lampe, die die Drachenreiterinnen mitgebracht hatten, eines von ihren technischen Zauberdingen, nicht größer als eine Sturmlaterne, wie sie Tally kannte, aber hundertmal stärker. In ihrem kalkweißen, beinahe schattenlosen Licht waren deutlich die Gestalten zweier hochgewachsener, dunkel gekleideter Frauen auszumachen, die dabei waren, den Lagerplatz gründlich zu untersuchen.

Dabei gab es nicht viel, was der Untersuchung wert gewesen wäre - Tally hatte ihren Mantel zurückgelassen, und den Gürtel mit dem Schwert, Angella ihren Umhang, sonst nichts.

»Ghreifen whir sssie an?« flüsterte Hrhon.

Tally schüttelte hastig den Kopf, dann fiel ihr ein, Hrhon die Bewegung schwerlich sehen konnte. »Nein«, flüsterte sie. »Nicht, bevor wir wissen, wie viele es wirklich sind.«

»Zwei«, sagte Angella. »Sieh nach rechts - es sind zwei Hornköpfe.«

Tally blickte konzentriert in die angegebene Richtung.

Am Rand des scharf abgegrenzten hellen Kreises, den die Lampe in die Nacht brannte, hockten zwei der gewaltigen fliegenden Hornköpfe, gesattelt und mit dünnen Ketten aneinandergebunden, damit sie ihren Besitzerinnen nicht davonfliegen und sie in der Wüste zurücklassen konnten. Und so groß die Bestien auch waren, Tally bezweifelte, daß sie mehr als einen Reiter tragen konnten. Trotzdem schüttelte sie den Kopf. Die Dunkelheit dahinter konnte hundert weitere Ungeheuer verbergen, ohne daß sie sie auch nur sahen - und es gab auch gar keinen Grund, die beiden Frauen anzugreifen. Daß sie hier waren, konnte Zufall sein, wenn auch ein verdammt großer. Und auch ein Kundschafter, der nicht zurückehrte, konnte eine Nachricht bringen, Als sie sich herumdrehte, um Angella ihre Überlegungen mitzuteilen, war der Felsen neben ihr leer.

Tally fluchte, sprang in die Höhe und war mit einem Schritt neben Hrhon. »Wo ist Angella?«

»Isss weisss nisst«, zischelte Hrhon. »Isss dachte, sssie whäre bei Eusss!«

»Oh verdammt!« murmelte Tally. »Diese Närrin wird uns noch alle umbringen.« Sie machte eine befehlende Geste. »Such sie! Schlag sie nieder, wenn es sein muß, aber bring sie zurück, ehe sie noch mehr Unheil anrichtet!«

Der Waga verschwand lautlos in der Dunkelheit, während Tally wieder zu den Felsen zurückhuschte, aus deren Deckung heraus sie die beiden Drachenreiterinnen beobachtet hatte. Im stillen verfluchte sie sich dafür, nicht besser auf Angella achtgegeben zu haben.

Trotz allem war sie nichts als ein dummes Kind, das sich selbst und auch sie und Hrhon mit seiner Dickköpfigkeit in Gefahr bringen würde.

Mit klopfendem Herzen blickte sie zu den beiden Frauen hinüber. Sie waren auf die Tally schon sattsam bekannte Art gekleidet - in schwarzes, hauteng anliegendes Leder, dazu mit Helmen, die bei heruntergeklapptem Visier auch ihre Gesichter bis auf den letzten Quadratmillimeter bedeckten. Selbst die Augen waren geschützt hinter zwei kleinen, oval geformten dunklen Gläsern, was ihnen selbst etwas Insektenhaftes gab.

Wahrscheinlich war diese Art von Kleidung nötig, damit sie die enorme Kälte ertrugen, die meilenhoch in der Luft auf den Rücken ihrer Flugtiere herrschte.

Die beiden bewegten sich unruhig. Tally sah, wie eine von ihnen in einen jener kleinen Kästen sprach, die sie bereits kannte, während die andere nervös im Kreis ging und dabei mit etwas spielte, was wie eine vergrößerte Ausgabe der kleinen Laser aussah. Von Angella war keine Spur zu entdecken.

Irgendwo links von Tally bewegte sich etwas. Ein heller Schemen huschte durch die Nacht und verschwand wieder. Ein Stein kollerte.

Tallys Herz schien mit einem gewaltigen Satz direkt bis in ihre Kehle hinaufzuhüpfen und dort schneller und ungleichmäßig weiterzuhämmern. Konzentriert starrte sie in die Richtung, in der sie die Bewegung wahrgenommen hatte. Sie sah nichts mehr, aber sie war vollkommen sicher, sich nicht getäuscht zu haben.

Natürlich konnte es ein Tier gewesen sein, aber andererseits...

Sie blickte noch einmal sichernd zu den beiden Frauen hinüber, sah, daß sie sich nicht von der Stelle gerührt hatten, und huschte davon. Ihre Knie schrammten im Dunkeln schmerzhaft über rauhen Fels, und plötzlich war unter ihren Füßen nichts mehr. Tally fiel, unterdrückte im letzten Moment einen erschrockenen Aufschrei und landete ungeschickt auf Händen und Füßen.

Weicher, staubfeiner Sand dämpfte ihren Aufprall. Sie rollte herum, sprang gedankenschnell wieder in die Höhe und hob ganz instinktiv die Waffe, als sie eine Bewegung aus den Augenwinkeln wahrnahm.

Was immer es war - es war verschwunden, ehe sie es genau erkennen konnte. Wieder sah sie nur einen hellen Schemen, etwas von der Größe und den ungefähren Proportionen eines Menschen. Und wieder war es verschwunden, ehe ihr Blick es erfassen und festhalten konnte.

Aber etwas blieb. Ein leichtes Glitzern wie von Sternenlicht, das sich auf etwas Glänzendem brach, auf etwas, das...

Etwas, das flüssig war und unbeschreiblich süß roch...

Diesmal gelang es Tally nicht mehr ganz, einen erleicherten Aufschrei zu unterdrücken. Mit einem Satz war sie neben dem Tümpel, tauchte die Hände hinein und kostete hastig von dem eiskalten Wasser.

Es war nicht salzig. Es war süß und kalt und klar wie frisches Quellwasser. Es war Quellwasser!

Tally ließ ihre Waffe fallen, beugte sich vor und tauchte das Gesicht in den Tümpel. Sie trank, bis ihre Lungen zu platzen drohten und sie sich aufrichten mußte, um zu atmen, aber auch dann schöpfte sie mit beiden Händen weiter Wasser, schüttete es sich über Gesicht und Hals und hörte erst auf, bis sie bis auf die Haut durchnäßt war und am ganzen Leib vor Kälte zitterte.