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Poli reparierte eine der zahlreichen Katalogisierungsmaschinen. Er arbeitete weiter, ohne sich stören zu lassen, bis Jason ihm auf die Schulter klopfte. Erst dann richtete der Pyrraner sich auf, schaltete sein Hörgerät ein und wartete darauf, daß Jason das Gespräch begann.

„Besitzen Sie irgendwelche alten Dokumente oder Briefe, die Sie für Ihren persönlichen Gebrauch aufbewahrt haben?“ fragte Jason gespannt.

Ein Kopfschütteln. Nein.

„Und wie steht es mit Überlieferungen — Sie wissen schon, Geschichten über große Ereignisse der Vergangenheit, die Ihnen jemand in Ihrer Jugend erzählt haben könnte?“ Wieder eine Verneinung. Kein Ergebnis. Jede Frage wurde mit einem Kopfschütteln beantwortet, bis der Alte schließlich ungeduldig auf die Maschine wies, die er noch reparieren mußte.

„Ja, ich weiß, daß Sie eine Menge Arbeit haben“, sagte Jason rasch. „Aber meine Fragen sind auch wichtig.“ Poli schüttelte energisch den Kopf und griff nach seinem Hörgerät, um es auszuschalten. Jason suchte eine Frage, die eine eindeutige Auskunft bringen würde. Er versuchte sich an ein Wort zu erinnern, das er früher einmal gehört hatte, mit dem er sich nur damals nicht hatte beschäftigen können. Kerk hatte den Ausdruck gebraucht, als…

„Halt, nur noch einen Augenblick, Poli“, sagte Jason plötzlich, als ihm das richtige Wort eingefallen war. „Ich möchte eine letzte Frage beantwortet haben. Was ist ein Grubber? Haben Sie schon einen gesehen? Was tun sie und wo sind sie zu finden?“

Im gleichen Augenblick wich er entsetzt zurück, als Poli sich mit überraschender Behendigkeit umdrehte und ihm ins Gesicht schlug. Obwohl der Pyrraner alt und körperlich behindert war, reichte der Schlag aus, um Jason zu Boden gehen zu lassen. Er rutschte einige Meter weit und erkannte undeutlich durch den roten Schleier vor seinen Augen, daß der Alte wütend auf ihn zuhumpelte.

Jetzt waren Worte sinnlos. Jason richtete sich mühsam auf und stolperte so rasch wie möglich auf den Ausgang zu. Er wußte nur zu gut, daß er jedem Pyrraner — und mochte er noch so alt und verkrüppelt sein — körperlich weit unterlegen war. Zum Glück erreichte er die Tür rechtzeitig und warf sie vor Poli ins Schloß.

Die heftigen Regenfälle hatten sich unterdessen in einen Schneesturm verwandelt. Jason stapfte müde durch den Matsch, hielt sich ab und zu den schmerzenden Kopf und beschäftigte sich mit der verblüffenden Wirkung seiner Frage. Das Wort Grubber war offensichtlich ein Schlüssel — aber wozu? Und wen konnte er danach fragen, ohne seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen? Kerk hatte sich bisher als zuverlässige Informationsquelle erwiesen, aber jetzt schied er mit Sicherheit aus. Somit blieb nur noch Meta. Jason wollte sie sofort aufsuchen, aber nach einem plötzlichen Schwächeanfall war er froh, daß er überhaupt noch zu dem Schulgebäude zurückfand.

Am nächsten Morgen stand er früh auf. Schließlich blieb ihm nur noch eine Woche. Er ärgerte sich wieder einmal über die Tatsache, daß er nicht so rasch gehen konnte, wie er es sich gewünscht hätte. Auf dem Weg zum Auftragszentrum fluchte er leise aber ausgiebig vor sich hin, während er die verdoppelte Schwerkraft auf sich lasten spürte. Meta hatte Nachtdienst an dem Schutzwall und mußte bald zurückkommen. Er schlurfte in das Gebäude hinüber, das man ihm gezeigt hatte, und legte sich dort auf die nächste Bank, um sich auszuruhen. Dann überlegte er es sich anders und ging lieber in Metas Zimmer, um dort auf sie zu warten.

Kurze Zeit später betrat Meta das Zimmer und sah Jason auf einem Stuhl am Fenster sitzen.

„Verschwinde“, sagte sie drohend. „Oder soll ich dich hinauswerfen?“

„Nur einen Augenblick“, bat Jason und stand auf. „Wenn du mir eine einzige Frage beantwortest, gehe ich sofort und belästige dich nie wieder.“

„Worum handelt es sich?“ fragte Meta und machte eine ungeduldige Handbewegung. Aber ihre Stimme klang trotzdem neugierig. Jason überlegte sorgfältig, bevor er sprach.

„Meta, du darfst jetzt nicht gleich wütend werden und nach mir schießen. Du weißt doch, daß ich nicht an die hiesigen Tabus gewöhnt bin und deshalb oft unpassende Fragen stelle. Jetzt habe ich schon wieder eine. Ich hoffe, daß du deine Überlegenheit dadurch beweist, daß du dich beherrscht und mich nicht in der Luft zerreißt.“

Ihre Antwort bestand aus einem Schulterzucken, deshalb holte Jason tief Luft und fuhr fort.

„Was ist ein Grubber?

Meta schwieg einige Sekunden lang und blieb unbeweglich stehen. Dann warf sie ihm einen angewiderten Blick zu. „Du scheinst dich wirklich auf scheußliche Dinge spezialisiert zu haben.“

„Vielleicht“, gab Jason zu. „Aber damit ist meine Frage noch nicht beantwortet.“

„Das gehört einfach zu den Dingen, über die man nicht spricht.“

„Ich aber schon“, versicherte er ihr.

„Aber ich nicht! Das Thema ist mir zu widerlich. Wenn du dich unbedingt darüber unterhalten willst, kannst du ja zu Krannon gehen.“ Bei diesen Worten faßte Meta Jason am Arm und zog ihn zur Tür. Nachdem sie ihm noch einen heftigen Stoß versetzt hatte, schlug sie ihm die Tür vor der Nase zu. „Damenringkämpferin“, murmelte er wütend vor sich hin, bevor ihm einfiel, daß er immerhin etwas Wertvolles erfahren hatte. Jetzt mußte er nur noch herausbekommen, wo dieser Krannon zu finden war.

Im Auftragszentrum erfuhr er, daß es einen Mann namens Krannon gab, und ließ sich dessen Schichtnummer und Arbeitsplatz sagen. Wenige Minuten später stand er vor einem riesigen würfelförmigen Gebäude, über dessen zahlreichen Eingängen nur das Wort NAHRUNGSMITTEL stand. Jason benützte den Personaleingang und mußte durch eine Art Waschanlage, bis er endlich das Innere des Gebäudes erreichte. Dort fragte er einen der Arbeiter nach Krannon. Der Mann sah ihn von oben bis unten an und spuckte ihm vor die Füße, bevor er antwortete.

Krannon arbeitete in einem der hinteren Lagerräume. Er war verhältnismäßig klein gewachsen, trug einen schmierigen Kittel und machte ein äußerst trübseliges Gesicht. Als Jason ihm begreiflich machte, weshalb er gekommen war, schien sein Gesichtsausdruck noch düsterer zu werden, soweit das überhaupt möglich war. Die Erwähnung der pyrranischen Geschichte langweilte ihn offensichtlich, denn er gähnte ungeniert. Als Jason zu Ende gesprochen hatte, gähnte er nochmals und zuckte wortlos mit den Schultern.

Jason wartete einen Augenblick, dann wiederholte er seine letzte Frage. „Haben Sie zufällig irgendwo alte Bücher, Papiere, Dokumente oder etwas in dieser Art?“

„Da haben Sie sich genau den richtigen Mann ausgesucht, Mister“, lautete die verdrießlich gegebene Antwort. „Hoffentlich hat Sie niemand gesehen, als Sie hierher gekommen sind, sonst können Sie sich auf Unannehmlichkeiten gefaßt machen.“

„Warum denn?“ erkundigte sich Jason.

„Warum?“ Krannon wirkte plötzlich aufgeregt. „Ich werde Ihnen erzählen, warum ich hier sitze! Ich habe einmal in meinem Leben einen Fehler gemacht — und dafür bekomme ich gleich eine lebenslängliche Strafe aufgebrummt. Lebenslänglich — wie gefällt Ihnen das? Ich bin immer allein und muß sogar von jedem Grubber Befehle annehmen.“

Jason beherrschte sich und sprach mit normaler Stimme weiter. „Grubber? Was ist ein Grubber?“

Krannon starrte ihn verblüfft an; offenbar war ihm unbegreiflich, daß es auf Pyrrus Menschen geben sollte, die noch nie das Wort Grubber gehört hatten. Er grinste fröhlich, als er begriff, daß er endlich jemand gefunden hatte, der ihm aufmerksam zuhören würde.

„Grubber sind gemeine Verräter. Verräter an der menschlichen Rasse, die ausgerottet werden müßten. Sie leben irgendwo im Urwald und…“

„Wollen Sie damit sagen, daß Grubber Menschen sind — Pyrraner wie Sie?“ unterbrach ihn Jason.