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„Ich wußte es auch nicht — bis vor einer Minute“, antwortete Jason. Er starrte den Hund an, der sich ruhig von ihm streicheln ließ, und begann zu verstehen, was er eben erlebt hatte.

Das Geheimnis der Redner bestand offenbar aus ihren gutentwickelten Psi-Fähigkeiten. Deshalb konnten sie sich mit den pyrranischen Lebewesen verständigen, denn die Empathie kannte keine rassenbedingten Schranken. Jason nahm jetzt plötzlich wahr, daß er die Gefühlsregungen aller Tiere im Stall und auf der angrenzenden Weide deuten konnte, wenn er sich darauf konzentrierte.

„Das ist noch völlig neu für mich“, sagte er. „Hast du schon einmal darüber nachgedacht, Naxa? Wie fühlt man sich eigentlich als Redner? Ich meine, woher weißt du, daß dir die Tiere gehorchen, während andere Menschen kein Glück damit haben?“

Naxa runzelte angestrengt die Stirn und fuhr sich durch die Haare. „Damit habe ich mich noch nie befaßt. Ich kann es einfach. Man muß das Tier nur gut kennenlernen, dann weiß man, was es vorhat. Das ist eigentlich alles.“

Offenbar hatte Naxa sich noch nie Gedanken darüber gemacht, woher seine besondere Fähigkeit kam. Wenn er es nicht getan hatte, bestand für die anderen bestimmt noch weniger Anlaß dazu. Für die übrigen war es einfach eine feststehende Tatsache, daß es Redner gab, die mit Tieren umgehen konnten.

Jason spürte, daß seine Überlegungen sich allmählich wie ein Puzzlespiel zusammenfügten. Er hatte Kerk gegenüber behauptet, die pyrranischen Lebewesen hätten sich zum Kampf gegen die Menschen vereint, obwohl er den Grund dafür nicht angeben konnte. Das vermochte er noch immer nicht, aber jetzt wußte er wenigstens, wie diese Vereinigung herbeigeführt werden konnte. Jedenfalls glaubte er es zu wissen.

„Wie weit sind wir ungefähr von der Stadt entfernt?“ erkundigte Jason sich. „Hast du eine Ahnung, wie lange wir reiten müßten?“

„Einen halben Tag hin — einen halben zurück. Warum? Willst du hin?“

„Ich will nicht in die Stadt, noch nicht. Aber ich möchte in die Nähe“, erklärte Jason ihm.

„Dann mußt du erst Rhes fragen“, lautete Naxas Antwort.

Rhes erteilte sofort seine Erlaubnis, ohne weitere Fragen zu stellen. Naxa und Jason sattelten zwei Doryms und brachen kurze Zeit später auf, damit sie vor Anbruch der Dunkelheit wieder zurück waren.

Als sie weniger als eine Stunde unterwegs waren, erkannte Jason deutlich, daß sie sich der Stadt näherten. Dieses Gefühl wurde von Minute zu Minute stärker. Naxa empfand es ebenfalls und schien sich unbehaglich zu fühlen. Sie mußten ihre Reittiere jetzt immer häufiger beruhigen.

„Weiter brauchen wir nicht zu reiten“, sagte Jason schließlich.

Naxa hielt an und klopfte seinem Dorym auf den Hals.

Eine stumme Bedrohung drang auf Jason ein und ließ ihn zurückschrecken. Er spürte sie von allen Seiten — aber viel stärker aus der Richtung, in der die Stadt liegen mußte. Naxa und die Doryms reagierten ähnlich, obwohl sie den Grund für ihr Unbehagen nicht so deutlich wie Jason erkannten.

Diese Erscheinung konnte nur eine Ursache haben. Die pyrranischen Tiere — und vermutlich sogar die höherstehenden Pflanzen ebenfalls — waren für Psi-Ausstrahlungen empfänglich. Vielleicht verständigten sie sich sogar untereinander auf diese Weise, denn sie gehorchten Menschen, die über diese Fähigkeiten verfügten.

Jason spürte deutlich, daß alle Gedanken um ihn herum den gleichen Inhalt hatten, der sich allerdings nur schlecht in Worte umsetzen ließ. Er bestand teils aus Haß, teils aus Furcht — und wurde von einem unnatürlichen Vernichtungswillen geprägt, der sich gegen alle menschlichen Lebewesen richtete. „Komm, reiten wir wieder zurück“, sagte Jason plötzlich zu Naxa, als er diesen Ansturm feindseliger Gefühle nicht länger ertragen konnte. Aber nun war ihm wenigstens klar, worüber er sich schon lange vergeblich den Kopf zerbrochen hatte.

Zum Beispiel seine unerklärliche Angst, als er kurz nach der Landung auf Pyrrus von einem Tier angegriffen wurde. Und seine häufig wiederkehrenden Alpträume, die trotz der Schlafmittel nie ganz verschwanden. Sowohl die Angst als auch die Alpträume waren nichts anderes als seine Reaktion auf diesen Haß, der sich gegen die Stadt und ihre Bewohner richtete.

Rhes schlief bereits, als sie wieder zurückkamen, so daß Jason erst am folgenden Morgen mit ihm sprechen konnte. Obwohl der lange Ritt ihn sehr ermüdet hatte, blieb Jason bis lange in die Nacht hinein wach und beschäftigte sich mit den Entdeckungen des vergangenen Tages. Durfte er Rhes mitteilen, was er festgestellt hatte? Wohl kaum, denn dann hätte er erklären müssen, wie er die gewonnenen Informationen anwenden wollte. Und Rhes würde alles ablehnen, was den Stadtbewohnern nützen konnte. Jason hielt besser den Mund, bis alles vorüber war.

18

Nach dem Frühstück teilte er Rhes mit, daß er in die Stadt zurückkehren wollte.

„Dann hast du also genug von unserer Barbarenwelt gesehen und willst zu deinen Freunden zurück. Weil du ihnen helfen willst, uns endgültig zu vernichten?“ Rhes lächelte leicht, aber seine Stimme klang trotzdem eisig drohend.

„Ich hoffe sehr, daß du das nicht wirklich glaubst“, antwortete Jason. „Nein, ich habe ganz andere Absichten. Ich möchte erleben, daß dieser unselige Krieg ein Ende findet, und daß ihr an dem Fortschritt teilhabt, den man euch bisher vorenthalten hat. Ich werde alles tun, was in meinen Kräften steht, um dieses Ziel zu erreichen.“

„Sie werden sich nie ändern“, meinte Rhes nachdenklich, „deshalb vergeudest du nur deine Zeit. Aber ich wollte dich noch warnen, damit du dich und uns nicht gefährdest. Du darfst auf keinen Fall zugeben oder überhaupt andeuten, daß du mit einem Grubber gesprochen hast!“

„Warum denn nicht?“

„Wie kann man nur so dumm fragen? Weil sie dich umbringen würden, du Einfaltspinsel! Die Junkmen wollen vor allem verhindern, daß wir aus unserer Isolation herauskommen, wenn sie uns schon nicht ausrotten können. Glaubst du, daß sie dich nicht auf der Stelle erschießen würden, wenn sie den Verdacht hätten, du seist mit uns in Verbindung getreten? Sie sind sich darüber im klaren — selbst wenn du anderer Meinung bist —, daß man die Machtverhältnisse eines ganzen Planeten nicht ohne Hilfe von außen verändern kann. Der durchschnittliche Junkman hält uns vielleicht für bessere Tiere, aber die Führer sind anderer Auffassung. Sie wissen, was wir brauchen und was wir wollen. Wahrscheinlich ahnen sie sogar, worum ich dich jetzt bitten will.

Hilf uns, Jason. Gehe zu diesen menschlichen Bestien zurück und lüge ihnen ins Gesicht. Erzähle ihnen, daß du uns nie gesehen hast, daß du dich im Wald versteckt gehalten hast, und daß du dich gegen uns verteidigen mußtest. Wir legen einige Leichen von Männern in die Nähe, die erst vor kurzem gestorben sind, damit deine Geschichte glaubwürdig klingt. Du mußt dich vorsehen weil die Junkmen mißtrauisch sind und dich beobachten werden. Dann sagst du einfach, daß du deine Arbeiten abgeschlossen hast und wieder nach Hause willst. Wenn du Pyrrus verläßt und einen anderen Planeten erreichst, verspreche ich dir alle Schätze des Universums. Du kannst haben, was du willst. Macht, Geld — alles.

Pyrrus ist ein reicher Planet. Die Junkmen bauen Mineralien ab und verkaufen sie, aber wir könnten das auch. Du brauchst nur mit einem Raumschiff zurückzukommen und irgendwo auf diesem Kontinent zu landen. Wir haben keine Städte, aber meine Leute bebauen überall das Land, so daß sie dich finden werden. Dann können wir Handel treiben — aber auch zu unserem Vorteil. Mehr wollen wir gar nicht. Und du sollst alles haben, was du dir wünschst. Ich verspreche es dir, und wir halten unsere Versprechen.“

Im ersten Augenblick war Jason über diesen großzügigen Vorschlag sprachlos. Er wußte, daß Rhes nicht übertrieb, daß die Reichtümer des gesamten Planeten zu seiner Verfügung standen, wenn er den Wunsch danach äußerte. Einige Sekunden lang wollte er schon zusagen, aber dann fiel ihm ein, wie dieser Plan sich auswirken würde. Am Ende konnte nur ein blutiger Bürgerkrieg stehen, der vielleicht beide Gruppen verschlingen würde. Rhes' Lösung taugte nur für einen Teil der Bevölkerung von Pyrrus.