Kerk rannte über den Vorplatz, als die Treibstoffpumpen zu arbeiten begannen. Der Start mußte innerhalb weniger Minuten erfolgen. Jason setzte sich in Bewegung und erreichte Kerk, als dieser an Bord gehen wollte.
„Ich möchte mitfliegen, Kerk. Das können Sie mir nicht abschlagen, nachdem ich Ihnen geholfen habe.“
Kerk zögerte, weil er nach einer Ausrede suchte. „Wir haben einen Kampfauftrag“, meinte er ausweichend. „Für Beobachter ist kein Platz. Außerdem würde das Schiff zu schwer werden… Und wir lassen uns nicht mehr von unserem Vorhaben abbringen, Jason, das wissen Sie doch.“
„Die Pyrraner sind die größten Lügner der Galaxis“, stellte Jason fest. „Wir wissen schließlich beide ganz genau, daß das Schiff heute bestenfalls zu einem Zehntel ausgelastet ist. Darf ich also mit — oder wollen Sie mich einfach nicht an Bord haben?“
„Steigen Sie ein“, sagte Kerk. „Aber kommen Sie uns nicht in die Quere, sonst werden Sie niedergetrampelt.“
Nachdem das Ziel bereits bekannt war, dauerte der Flug längst nicht so lange. Das Schiff raste auf einer ballistischen Kurve durch die Stratosphäre und erreichte schon nach kurzer Zeit die Inselgruppe. Kerk saß neben Meta auf dem Kopilotensitz, Jason hockte hinter ihnen, wo er die Bildschirme beobachten konnte. Die Landungsexpedition — fünfundzwanzig Freiwillige — hielt sich im Laderaum bei den Waffen bereit. Jason sah die grünen Inseln rasch näherkommen, aber dann verschwanden sie in dem Feuerstrahl der Bremsraketen. Meta setzte das Schiff vorsichtig an einer ebenen Stelle auf, die nicht weit von der Höhle entfernt lag.
Diesmal war Jason auf einen Haßausbruch gefaßt — aber trotzdem schrak er unwillkürlich zurück. Die Geschützbedienungen lachten und schossen die Rohre heiß, als ganze Horden von Tieren das Schiff angriffen. Sie wurden zu Tausenden abgeschlachtet, aber trotzdem folgte eine Angriffswelle der anderen.
„Muß das sein?“ fragte Jason. „Ist dieses gedankenlose Abschlachten wirklich notwendig?“
„Alles nur Selbstverteidigung“, erklärte Kerk ihm. „Sie greifen uns an und werden umgebracht. Nichts könnte einfacher sein. Halten Sie lieber den Mund, sonst setze ich Sie dort draußen aus.“
Die wilde Schießerei ließ erst eine halbe Stunde später nach. Zwar erschienen noch immer vereinzelte Angreifer, aber die massierten Angriffe schienen vorüber zu sein. Kerk erteilte seine Befehle über die Bordsprechanlage.
„Landungsexpedition fertigmachen — und seht euch vor. Sie wissen, daß wir hier sind, und werden es euch so schwer wie möglich machen. Nehmt die Bombe mit in die Höhle und stellt fest, wie weit sie in die Felsen hineinreicht. Wir können sie auch von hier aus unter Feuer nehmen, aber das hat keinen Sinn, wenn sie tief in den Felsen stecken. Laßt die Fernsehkamera ständig laufen und kommt sofort zurück, wenn ich den Befehl dazu gebe. Fertig? Abmarsch!“
Die Männer kletterten nacheinander aus der Luke und bildeten eine Schützenreihe. Sie wurden sofort angegriffen, aber die wenigen Tiere fanden den Tod, bevor sie gefährlich werden konnten. Der vorderste Mann brauchte nicht lange, um den Eingang der Höhle zu erreichen. Die Zurückgebliebenen beobachteten den Vormarsch auf den Bildschirmen, auf denen alles erschien, was die tragbare Fernsehkamera aufnahm.
„Eine große Höhle“, meinte Kerk nachdenklich. „Sie fällt nach innen ab. Das habe ich befürchtet. Eine Bombe von hier aus würde nur die Öffnung verschließen. Aber ohne jede Garantie, daß alles Leben innerhalb der Höhle vernichtet ist. Wir müssen sehen, wie tief sie in die Felsen hineinreicht.“
Die Temperatur im Innern der Höhle stieg rasch an, so daß jetzt ein Infrarotfilter vor die Kamera gesteckt werden mußte. Die felsigen Wände erschienen als schwarze und weiße Schatten auf den Bildschirmen, während die Männer weitermarschierten.
„Bisher noch keine Spuren irgendwelcher Lebewesen“, berichtete der Offizier. „Nur einige abgenagte Knochen am Eingang und ein paar Fledermäuse. Sieht wie eine ganz normale Höhle aus wenigstens bisher.“
Der Vormarsch verlangsamte sich allmählich. Die Pyrraner waren zwar für Psi-Ausstrahlungen unempfindlich, aber selbst ihnen fiel der Haß auf, der ihnen entgegenschlug. Jason litt unter heftigen Kopfschmerzen, die allmählich schlimmer wurden.
„Vorsicht!“ rief Kerk in sein Mikrophon und starrte entsetzt auf den Bildschirm.
Plötzlich füllte sich die Höhle mit bleichen, augenlosen Tieren. Sie drängten sich aus Spalten und Ritzen und schienen sogar aus dem Boden zu kommen. Die erste Welle ging in Flammen auf, aber unzählige andere folgten nach. Das Innere der Höhle verschwamm auf den Bildschirmen in dem Schiff, als der Mann mit der Fernsehkamera zu Boden ging. Das Objektiv verschwand unter einer Flut von bleichen Körpern.
„Dicht aufschließen — Flammenwerfer und Gas!“ befahl Kerk erregt. Nur etwa zehn Männer überlebten den ersten Angriff. Sie standen dicht nebeneinander, gebrauchten die Flammenwerfer und warfen Gasgranaten. Ihre Kampfanzüge waren luftdicht verschlossen, so daß sie selbst durch das ausströmende Gas nicht gefährdet waren. Einer der Männer hob die Kamera auf.
„Laßt die Bombe liegen und kommt zurück“, ordnete Kerk an. „Wir haben schon genügend Leute verloren.“
Diesmal erschien ein anderes Gesicht auf dem Bildschirm. Der Offizier lebte nicht mehr. „Tut mir leid, Sir“, sagte er, „aber solange die Gasgranaten noch reichen, können wir ebensogut weiter vordringen. Für einen Rückzug ist es noch zu früh.“
„Das ist ein Befehl!“ rief Kerk wütend, aber der Mann war nicht mehr auf dem Bildschirm zu sehen. Der Vormarsch ging weiter.
Jason umklammerte die Armlehnen seines Sessels mit beiden Händen, bis ihm die Finger weh taten. Die Höhlenwände tanzten auf dem Bildschirm auf und ab. Dann griffen die Tiere wieder an und wurden mit Gas zurückgetrieben.
„Vor uns sieht es anders aus“, sagte eine keuchende Stimme in den Lautsprechern. Die Höhle erweiterte sich zu einem riesigen Raum, dessen Decke und Wände sich in der Ferne verloren.
„Was ist das dort drüben?“ fragte Kerk. „Scheinwerfer mehr nach rechts!“
Das Bild auf den Schirmen war unklar und verschwommen, weil die massive Felsschicht die Übertragung behinderte. Einzelheiten waren nicht deutlich zu erkennen, aber trotzdem stand fest, daß es sich dabei um etwas Ungewöhnliches handelte.
„Noch nie etwas Ähnliches gesehen“, meinte der Sprecher erstaunt. „Die Dinger scheinen große Pflanzen zu sein, mindestens zehn Meter hoch — aber trotzdem bewegen sie sich. Ihre Zweige, Fangarme oder wie man sonst dazu sagen soll, bewegen sich in unsere Richtung, und ich habe ein komisches Gefühl im Kopf…“
„Versuchsweise darauf schießen“, befahl Kerk.
Als der erste Schuß fiel, flutete eine Welle des Hasses über die Männer hinweg und warf sie zu Boden. Sie lagen bewegungslos und brachten nicht mehr die Kraft auf, sich gegen die Tiere zur Wehr zu setzen, die jetzt ihren Angriff erneuerten.
Jason spürte den geistigen Schock und fragte sich, ob überhaupt noch einer der Männer am Leben sein konnte. Auch die anderen Zurückgebliebenen hatten ihn wahrgenommen. Kerk schlug mit den Fäusten auf den Bildschirm und beschwor vergebens die Männer in der Höhle, die ihn nicht mehr hören konnten.
„Zieht euch zurück, kommt zurück…“
Es war zu spät. Die Männer bewegten sich kaum noch, als die pyrranischen Tiere über sie hinwegschwärmten und die Nähte ihrer Schutzanzüge aufrissen. Nur einer von ihnen richtete sich mühsam auf und wehrte die Angreifer mit bloßen Händen ab. Er stolperte einige Meter weiter und faßte einen anderen Mann an den Schultern. Der Mann war tot, trug aber noch immer seine Last auf den Rücken geschnallt. Blutende Finger griffen nach der Packlast, dann gingen beide Männer wieder in der todbringenden Flut unter.