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Sulla trank seinen Becher aus, ohne den Saft zu schmecken. Er schaute ohne Vergnügen zu und gratulierte sich zu seiner Gefühllosigkeit. Er wusste, dass er kein Ungeheuer war, aber die Menschen wollten einen starken Anführer, und genau den würden sie bekommen. Sobald der Senat wieder einberufen werden konnte, würde er sich zum Diktator erklären und die Macht der alten Könige für sich beanspruchen. Dann würde Rom einer neuen Ära entgegensehen.

Der bewusstlose Ferito wurde zu seiner Hinrichtung weggeschleppt, und Sulla hatte nur wenige Minuten für sich, bevor wieder dröhnend an die Tür geschlagen wurde und neue Soldaten eintraten, gefolgt von dem kleinen Schreiberling. Diesmal kannte er den jungen Mann, der zwischen ihnen hereingestolpert kam.

»Julius Cäsar«, sagte er. »Vermutlich mitten im Getümmel festgenommen, habe ich Recht? -Lasst ihn los, meine Herren. Das ist kein gewöhnlicher Mann. Und nehmt ihm den Knebel ab. Aber vorsichtig.«

Er betrachtete den jungen Burschen und war zufrieden, als er sah, wie sich dessen Körper straffte. Sein Gesicht wies ein paar Blutergüsse auf, aber Sulla wusste, dass seine Männer darauf achteten, sich nicht das Missfallen ihres Legaten zuzuziehen, indem sie schon vor der Verurteilung allzu viel Schaden anrichteten. Julius war groß, ungefähr einsachtzig; sein Körper war muskulös und von der Sonne gebräunt. Blaue Augen starrten aus seinem Gesicht, und Sulla spürte die Kraft, die von ihm ausging und den ganzen Raum auszufüllen schien, bis es nur noch sie beide gab, und die Soldaten, der Folterknecht, der Schreiber und die Sklavin vergessen waren.

Sulla legte den Kopf ein wenig zurück, und sein Mund verzog sich zu einem äußerst zufriedenen Ausdruck.

»Metella ist tot, so Leid es mir tut. Sie hat sich das Leben genommen, bevor meine Männer das Tor aufbrechen und sie retten konnten. Sie hätte ich laufen lassen, aber dich ... du bist ein ganz anderes Problem. Weißt du, dass der alte Mann, der mit dir gefangen genommen wurde, entkommen ist? Er scheint seine Fesseln gelöst und auch den anderen befreit zu haben. Ein höchst ungewöhnlicher Gefährte für einen jungen Herren.« Das Aufblitzen im Gesicht seines Gefangenen entging ihm nicht.

»Natürlich lasse ich nach den beiden Ausschau halten, aber bisher ohne Erfolg. Hätten dich meine Männer bei den beiden festgebunden, wärst du jetzt wohl ebenfalls frei. Das Schicksal ist manchmal eine launische Gebieterin. Nur weil du der Nobilitas angehörst, stehst du jetzt vor mir, während dieser Abschaum aus der Gosse frei herumläuft.«

Julius erwiderte nichts. Er rechnete nicht damit, auch nur noch eine Stunde länger am Leben zu bleiben und erkannte plötzlich, dass nichts, was er sagte, irgendeine Bedeutung oder einen Nutzen haben würde. Sulla zu beschimpfen, würde ihn lediglich amüsieren, ihn anzuflehen, nur seine Grausamkeit anstacheln. Also starrte er ihn stumm an.

»Was wissen wir über ihn, Schreiber?«, fragte Sulla den Mann mit dem Pergament.

»Neffe des Marius, Sohn des Julius. Beide tot. Mutter Aurelia, lebt noch, aber geistesgestört. Besitzt ein kleines Gut ein paar Meilen vor der Stadt. Beträchtliche Schulden bei Privatleuten, genaue Summen nicht bekannt. Ehemann von Cornelia, Tochter des Cinna, die Hochzeit fand am Morgen vor der Schlacht statt.«

»Aah«, unterbrach ihn Sulla. »Der Kern der Sache. Cinna ist kein Freund von mir, obwohl er zu schlau war, um Marius offen zu unterstützen. Er ist reich. Ich verstehe sehr gut, weshalb du die Unterstützung des alten Mannes gesucht hast, aber dein Leben ist bestimmt viel mehr wert.

Ich biete dir eine einfache Entscheidung an. Verstoße diese Cornelia, schwöre mir die Treue, und ich lasse dich am Leben. Wenn nicht, macht mein Folterer seine Instrumente noch einmal heiß. Marius hätte gewollt, dass du lebst, junger Mann, also triff die richtige Entscheidung.«

Julius funkelte ihn wütend an. Nichts, was er über Sulla wusste, half ihm jetzt. Es könnte ebenso gut ein grausamer Trick sein, damit er diejenigen, die er liebte, verriet, bevor er ohnehin hingerichtet wurde.

Als könnte er seine Gedanken erraten, ergriff Sulla noch einmal das Wort.

»Lass dich von Cornelia scheiden, und du bleibst am Leben. Eine so einfache Handlung wird Cinna beschämen, ihn schwächen. Und du kommst frei. Diese Männer hier sind alle meine Zeugen, mein Wort ist das des Regenten von Rom. Wie lautet deine Antwort?«

Julius zeigte keine Regung. Er hasste diesen Mann. Er hatte Marius getötet und die Republik, die sein Vater so geliebt hatte, gelähmt. Ganz egal, was er verlieren würde, seine Antwort war klar, und die Worte mussten ausgesprochen werden.

»Mein Antwort lautet Nein. Bring es zu Ende.«

Sulla blinzelte erstaunt und lachte dann laut.

»Was für eine seltsame Familie! Weißt du, wie viele Männer in den letzten paar Tagen in diesem Raum gestorben sind? Weißt du, wie viele geblendet, kastriert und verunstaltet wurden? Trotzdem verhöhnst du meine Gnade?« Er lachte wieder, ein Geräusch, das sich unter der hallenden Kuppel rau anhörte.

»Wenn ich dich freilasse, wirst du dann versuchen, mich zu töten?«

Julius nickte. »Ich werde die Jahre, die mir noch bleiben, diesem Ziel widmen.«

Sulla grinste ihn mit aufrichtiger Freude an. »Das dachte ich mir. Du kennst keine Angst, der Einzige aus der Nobilitas, der mein Tauschgeschäft ablehnt.« Sulla hielt einen Moment inne und hob die Hand, um dem Folterer, der im Hintergrund bereit stand, ein Zeichen zu geben. Doch dann fiel seine Hand lustlos herab.

»Du kannst gehen. Verlasse meine Stadt vor Sonnenuntergang. Wenn du jemals zurückkommst, solange ich lebe, lasse ich dich ohne Verhandlung und ohne Publikum umbringen. Zerschneidet seine Stricke, meine Herren. Ihr habt einen freien Mann gefesselt.« Er musste kurz schmunzeln, fasste sich jedoch wieder, als die Fesseln in unregelmäßigen Kreisen um Julius’ Füße fielen. Der junge Mann rieb sich die Handgelenke, aber sein Gesichtsausdruck war immer noch starr, wie aus Stein gemeißelt.

Sulla erhob sich von seinem Thron.

»Bringt ihn zum Tor und lasst ihn gehen.« Dann wandte er sich an Julius und sah ihm ins Gesicht. »Wenn dich jemals jemand fragt, warum, sag ihm, es ist geschehen, weil du mich an mich selbst erinnerst, und vielleicht auch, weil ich heute schon genug Männer getötet habe. Das ist alles.«

»Was ist mit meiner Gemahlin?«, rief Julius, als er wieder an den Armen gepackt wurde.

Sulla zuckte die Achseln. »Vielleicht mache ich sie zu meiner Geliebten, wenn sie lernt, mir Freude zu bereiten.«

Julius wehrte sich heftig, kam jedoch nicht aus dem Griff der beiden Wachen frei, die ihn hinauszogen.

Der Schreiber blieb in der Tür stehen.

»Legat? Ist das klug? Schließlich ist er Marius’ Neffe .«

Sulla seufzte und ließ sich von dem Sklavenmädchen noch einen Becher mit kaltem Saft reichen. »Mögen uns die Götter vor kleinen Männern schützen. Ich habe dir meine Gründe genannt. Ich habe alles erreicht, was ich jemals wollte, und jetzt droht mir die Langeweile. Es ist gut, ein paar Gefahren übrig zu lassen, sonst gibt es überhaupt keine Herausforderungen mehr.«

Sein Blick richtete sich in die Ferne.

»Er ist ein eindrucksvoller junger Mann. Ich glaube, in ihm stecken zwei von Marius’ Sorte.«

Die Miene des Schreibers zeigte, dass er nichts davon begriffen hatte.

»Soll ich den Nächsten hereinbringen lassen, Konsul?«

»Nein, heute keinen mehr. Sind die Bäder geheizt? Gut. Heute Abend wollen die Senatsführer mit mir essen, da möchte ich frisch sein.«

Sulla wollte sein Bad immer so heiß, dass er es gerade noch aushielt. Das entspannte ihn wunderbar. Die Einzigen, die ihm dabei Gesellschaft leisteten, waren zwei seiner Haussklavinnen, und er stieg völlig unbefangen vor ihnen aus dem Wasser. Sie waren ebenfalls nackt, bis auf goldene Ringe um Handgelenke und Hals.