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»Ich lasse dir etwas Suppe bringen. Möchtest du frisches Brot dazu?«

Gaius’ Magen stimmte aus vollem Herzen zu, und Tubruk ging, nun wieder mit einem Lächeln.

Nur mit Mühe erklomm Renius den Sattel seines Wallachs. Sein linker Arm fühlte sich nutzlos an, und der Schmerz war stärker als das Ziehen bereits verheilender Verwundungen, das er schon so oft gespürt hatte.

Er war froh, dass keine Diener oder Sklaven Zeuge seiner Unbeholfenheit wurden. Das große Landhaus schien verlassen.

Endlich gelang es ihm, den Rumpf des Pferdes mit beiden Beinen zu umschlingen; die Muskeln trugen sein Gewicht. Obwohl der Abend bereits hereinbrach, würde er es vor der völligen Dunkelheit bis zur Stadt schaffen. Als er daran dachte, entfuhr ihm ein Seufzer. Was blieb ihm jetzt noch? Er würde sein Stadthaus verkaufen, obwohl die Preise während der Aufstände gefallen waren. Vielleicht sollte er warten, bis auf den Straßen wieder Ruhe eingekehrt war. Sulla führte seine Legion in die Stadt, es würde Hinrichtungen und öffentliche Auspeitschungen geben, aber früher oder später würde die Ordnung wiederhergestellt sein. Die Römer schätzten den Krieg vor der eigenen Haustür nicht. Sie hörten gerne von den vernichteten Armeen der Barbaren, aber niemandem gefielen die brutalen Einschränkungen des Kriegsrechts, mit Ausgangssperren und Lebensmittelverknappung, die unweigerlich .

Er hörte ein Geräusch hinter sich, das seine Gedanken unterbrach.

Dort stand Marcus und betrachtete ihn gelassen. »Ich bin gekommen, um dir Lebewohl zu sagen.«

Fast unbewusst nahm Renius die festen Muskeln des Jungen zur Kenntnis, seine gelöste Haltung. Er würde sich einen Namen machen, in einer Zukunft, die der alte Krieger nicht mehr miterleben würde.

Ein Schauer durchfuhr ihn bei dem Gedanken. Niemand lebte ewig, kein Alexander, kein Scipio oder Hannibal, nicht einmal ein Renius.

»Ich bin froh, dass es Gaius besser geht«, sagte er mit klarer Stimme.

»Ich weiß. Ich bin nicht hier, weil ich wütend auf dich bin, sondern um mich zu entschuldigen«, antwortete Marcus und senkte den Blick auf den Sand vor seinen Füßen.

Renius hob die Augenbrauen.

Marcus atmete tief durch. »Es tut mir Leid, dass ich dich nicht getötet habe, du krankes, böses Stück Dreck. Wenn wir uns in Zukunft noch einmal über den Weg laufen sollten, reiße ich dir die Kehle heraus.«

Renius schwankte im Sattel, als wären die Worte Schläge. Er spürte den Hass, und das heiterte ihn unglaublich auf. Fast hätte er laut aufgelacht, als der kleine Gockel seine Drohungen ausstieß, doch ihm wurde klar, dass er seinem Schüler ein letztes Geschenk machen konnte, wenn er seine Worte mit Bedacht wählte.

»Ein solcher Hass wird dich umbringen, Junge. Und dann wirst du Gaius nicht mehr beschützen können.«

»Ich werde immer für ihn da sein.«

»Nein. Nur wenn es dir gelingt, dein Temperament zu zügeln. Wenn du nicht die Ruhe in dir selbst finden kannst, verreckst du irgendwann bei einer Wirtshausrauferei. Du hättest mich getötet, ja; in meinem Alter schwindet die Ausdauer schneller, als ich zugeben mag. Wären wir uns begegnet, als ich noch jünger war, hätte ich dich schneller erledigt als eine Sichel Getreide mäht. Denk daran, wenn du das nächste Mal einem jungen Mann gegenüberstehst, der sich noch einen Namen machen muss.« Nun grinste Renius, und als die Lippen sich zu einer grausamen Fratze verzogen, sah es aus, als erblickte man die Zähne eines Hais.

»Vielleicht kommt diese Gelegenheit früher als du glaubst«, sagte Cabera und trat aus dem Schatten.

»Was? Hast du etwa zugehört, du alter Teufel?«, fragte Renius, immer noch lächelnd, obwohl seine Miene beim Anblick des Heilers, den er zu schätzen gelernt hatte, sanfter wurde.

»Sieh hinüber zur Stadt. Ich glaube, heute Abend reitest du nirgendwo mehr hin«, fuhr Cabera mit ernstem Gesicht fort.

Marcus und Renius drehten sich um und blickten zu den Hügeln hinüber. Obwohl Rom hinter den Erhebungen des Landes verborgen war, sah man ein orangefarbenes Leuchten, das immer heller wurde, während sie entsetzt zusahen.

»Bei Jupiters Eiern! Sie haben die Stadt in Brand gesteckt!«, entfuhr es Renius. Seine geliebte Stadt!

Einen Augenblick spielte er mit dem Gedanken, seinem Pferd die Sporen zu geben und seinen Platz in den Straßen einzunehmen. Die Menschen kannten sein Gesicht, er konnte helfen, die Ordnung wiederherzustellen. Eine kühle Hand berührte sein Fußgelenk, und er blickte in das Gesicht des alten Cabera hinab.

»Manchmal kann ich in die Zukunft blicken. Wenn du jetzt in die Stadt reitest, bist du noch vor dem Morgengrauen tot. Das ist die Wahrheit.«

Renius verlagerte sein Gewicht, und der Wallach, der seine Stimmung spürte, stampfte mit den Hufen im Sand.

»Und wenn ich bleibe?«, erwiderte er kurz.

Cabera zuckte die Achseln. »Hier stirbst du vielleicht auch. Die Sklaven werden kommen, um den Hof zu plündern. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.«

Bei diesen Worten stockte Marcus der Atem. Auf dem Gut gab es fast fünfhundert Sklaven.

Wenn sie alle rebellierten, war ein Blutbad unvermeidlich. Ohne ein weiteres Wort rannte er zu den Häusern und rief nach Tubruk, damit er Alarm schlug.

»Darf ich dir beim Absteigen von diesem prächtigen Wallach behilflich sein?«, fragte Cabera mit offenem und unschuldigem Blick.

Renius verzog das Gesicht und konnte nun trotz des fröhlichen alten Mannes wieder wie gewohnt wütend werden.

»Die Götter verraten uns nicht, was geschehen wird«, sagte er.

Cabera lächelte wehmütig. »Das habe ich früher auch geglaubt. Als ich jung und eingebildet war, dachte ich, ich könne irgendwie in den Menschen lesen, ihr wahres Ich sehen und erraten, was sie tun würden. Es hat Jahre gedauert, bis ich demütig genug war, um zu erkennen, dass ich es doch nicht konnte. Es ist nicht so, als würde ich durch ein durchsichtiges Fenster schauen. Ich sehe nur dich und die Stadt an und spüre den Tod. Warum auch nicht? Viele haben Talente, die denjenigen, die sie nicht besitzen, fast wie Magie vorkommen müssen. Betrachte es einfach so, wenn es dir damit besser geht. Komm mit. Du wirst heute Nacht hier gebraucht.«

Renius lachte verächtlich. »Vermutlich hast du mit deinem Talent schon eine Menge Geld verdient?«

»Ein- oder zweimal, ja, aber das Geld bleibt nicht bei mir. Es sucht sich seinen Weg in die Hände von Weinhändlern, leichten Mädchen und Spielern. Mir sind nur meine Erfahrungen geblieben, aber die sind mehr wert als alle Münzen.«

Nach kurzer Überlegung ergriff Renius die ihm angebotene Hand, und ihre Stärke und Festigkeit überraschte ihn nicht, nachdem er gesehen hatte, wie diese schmalen Schultern den schweren Bogen auf dem Übungsplatz gespannt hatten.

»Du wirst meine Scheide für mich halten müssen, alter Mann. Sobald ich mein Schwert gezogen habe, komme ich schon alleine klar.« Dann führte er das Pferd zum Stall zurück, streichelte ihm über die Nüstern und murmelte ihm zu, sie würden später aufbrechen, sobald die ganze Aufregung vorbei sei. Einen Augenblick hielt er inne.

»Du kannst in die Zukunft sehen?«

Cabera grinste und hüpfte vergnügt von einem Fuß auf den anderen.

»Du willst wissen, ob du überleben oder hier sterben wirst, ja?«, schnatterte er. »Das fragen alle.« Renius spürte, wie ihn seine gewohnte schlechte Laune mit aller Macht wieder übermannte. »Nein. Ich glaube, das will ich gar nicht wissen. Behalte es für dich, Zauberer.« Er führte das Pferd davon, ohne sich umzudrehen, aber seinen Schultern konnte man seine Verstimmung ansehen.

Als er verschwunden war, wurde Caberas Gesicht traurig. Er mochte den Mann und freute sich darüber, dass trotz Geld und Ruhm, die er in seinem Leben angehäuft hatte, immer noch so etwas wie Anstand in Renius’ Herzen zu wohnen schien.

»Vielleicht hätte ich dich einfach losreiten und mit den anderen alten Männern sterben lassen sollen. Aber wenn du gegangen wärst, wären auch die Jungen mit Sicherheit umgekommen, also ist das eine Sünde, mit der ich wohl leben kann.« Seine Augen waren ohne Hoffnung, als er zum großen Tor in der Außenmauer des Gutshofes ging und sich daran machte, es zu schließen. Er fragte sich, ob auch er in diesem fremden Land den Tod finden würde, ohne dass man in seiner Heimat etwas davon erfuhr. Er fragte sich, ob der Geist seines Vaters in seiner Nähe war und ihm zusah; höchstwahrscheinlich jedoch nicht. Sein Vater war wenigstens vernünftig genug gewesen, nicht in der Höhle auf die Rückkehr des Bären zu warten.