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Gaius grinste, von der Begeisterung des Mannes mitgerissen. Mit den Wechseln würde er seine drückendsten Schulden bezahlen. Natürlich wurde in der kommenden Woche der Pferdemarkt abgehalten, und wie es hieß, brachten arabische Fürsten ganz neu gezüchtete Schlachtrösser mit, gewaltige Hengste, die sich mit der sanftesten Berührung führen ließen. Die kosteten garantiert eine ordentliche Stange Geld, vielleicht so viel wie das, was er gerade in den Händen hielt. Er schob die Papiere beim Hinausgehen in seine Toga. Die Geldverleiher würden bestimmt noch ein bisschen länger warten.

Draußen, in der kühlen Abendluft vor Marius’ Stadthaus, wog Gaius seine Optionen für die Stunden vor Sonnenaufgang ab. Wie immer war die dunkle Stadt alles andere als still, und ihm war überhaupt noch nicht nach Schlafen zumute. Händler und Karrenkutscher beschimpften einander, Schmiede hämmerten, in einem Nachbarhaus lachte jemand laut, und er konnte hören, dass Geschirr zerschlagen wurde. Die Stadt war so voller Leben, ein Ort, mit dem sich das Landgut niemals messen konnte. Gaius liebte sie.

Wenn er wollte, konnte er zum Forum gehen und bei Fackellicht den Rednern lauschen, an einer der endlosen Debatten zwischen den jungen Adligen teilnehmen, bis der anbrechende Morgen sie alle nach Hause trieb. Oder er konnte bei Diracius vorbeischauen und andere Gelüste stillen. Es war klüger, nicht allein durch die dunklen Straßen zu spazieren, dachte er und erinnerte sich an Marius’ Warnungen bezüglich der verschiedenartigen Raptores, die in den schlecht beleuchteten Gassen lauerten, jederzeit zu Raub oder Mord bereit. Die Stadt war nachts nicht sicher, und man konnte sich in dem Labyrinth gewundener, namenloser Straßen leicht verlaufen. Einmal falsch abgebogen und man stand in einer Gasse voller Haufen menschlichen Unrats und großer Urintümpel, obwohl der Geruch normalerweise ausreichte, um einen zu warnen.

Vor einem Monat hätte er sich vielleicht nach Gefährten für eine wilde Nacht umgesehen, jetzt jedoch erschien immer öfter das Gesicht eines bestimmten Mädchens vor seinem geistigen Auge. Sein Verlangen nach ihr schien überhaupt nicht nachzulassen, sondern im Gegenteil durch ihr Beisammensein sogar noch angefacht zu werden. Auch Cornelia dachte in den fürstlichen Wohnräumen ihres Vaters bestimmt an ihn. Er würde zu ihr gehen, die Außenmauer erklimmen und sich wie immer an den Wachen ihres Vaters vorbeischleichen.

Er grinste vor sich hin, als er an die plötzliche Angst dachte, die ihn erfasst hatte, als er beim letzten Mal weggerutscht war und über den harten Pflastersteinen der Straße gebaumelt hatte. Allmählich kannte er jeden Fußbreit dieser Mauer, aber ein einziger Fehler würde ihn ein Paar gebrochene Beine oder Schlimmeres kosten.

»Du bist das Risiko wert, mein Mädchen«, flüsterte er und sah zu, wie die kalte Nachtluft seinen Atem sichtbar machte, während er durch die unbeleuchteten Straßen der Stadt seinem Ziel entgegenging.

25

In Cinnas Anwesen setzte die Geschäftigkeit des Arbeitstages so früh ein wie überall sonst in Rom: Wasser wurde heiß gemacht, Öfen wurden angefeuert, es wurde gefegt, geputzt und die Kleider der Familie zurechtgelegt, bevor die Herrschaft erwachte. Noch bevor die Sonne am Himmel stand, war eine Sklavin in Cornelias Zimmer gekommen, um abgelegte Kleider für die Wäsche einzusammeln. Ihre Gedanken waren bei tausend anderen Aufgaben, die sie vor dem leichten vormittäglichen Mahl noch zu erledigen hatte, sodass sie zunächst überhaupt nichts bemerkte. Plötzlich fiel ihr Blick auf ein muskulöses Bein, das auf einer Seite aus dem Bett herausragte. Erst dann sah sie das schlafende, noch ineinander verschlungene Paar und erstarrte. Nach einem Augenblick der Unentschlossenheit leuchtete Bosheit in ihren Augen auf. Sie holte tief Luft und zerriss die friedliche Szene mit einem schrillen Schrei.

Gaius rollte nackt vom Bett auf den Boden und ging dort in die Hocke. Er hatte die Situation sofort erfasst, verlor jedoch keine Sekunde mit Selbstvorwürfen. Sofort packte er Toga und Schwert und sprang mit einem Satz zum Fenster. Das Sklavenmädchen rannte, immer noch schreiend und von Cornelias Verwünschungen verfolgt, zur Tür. Donnernde Schritte ertönten, und die Amme Clodia stürmte ins Zimmer, das Gesicht vor Wut verzerrt. Sie holte aus und verpasste dem Sklavenmädchen eine Ohrfeige, die den Schrei mit einem lauten Klatschen zum Verstummen brachte und das Mädchen um die eigene Achse wirbeln ließ.

»Schnell raus, Junge«, fuhr ihn Clodia an, während die Sklavin wimmernd auf dem Fußboden kauerte. »Hoffentlich bist du den ganzen Ärger wert, den es jetzt geben wird!«

Gaius nickte, wandte sich aber vom Fenster ab und kam noch einmal zu Cornelia zurück.

»Wenn ich nicht gehe, töten sie mich als Eindringling. Sag ihnen meinen Namen, und sag ihnen, dass du mir gehörst, dass ich dich heiraten werde. Sag ihnen, ich bringe jeden um, der dir auch nur ein Haar krümmt.«

Cornelia antwortete nichts, sondern zog ihn an sich und küsste ihn.

Er riss sich lachend los. »Bei den Göttern, lass mich los! Es ist ein herrlicher Morgen für eine kleine Verfolgungsjagd.«

Belustigt sah sie zu, wie seine weißen Hinterbacken über dem Fensterbrett aufblitzten und kurz darauf verschwunden waren. Dann wappnete sie sich für das bevorstehende Drama.

Als Erste kamen die Wachen ihres Vaters herein, angeführt von dem mürrischen Hauptmann. Der Hauptmann nickte einen Gruß, ging zum Fenster und blickte hinab.

»Lauft!«, rief er seinen Leuten zu. »Ich verfolge ihn über die Dächer, ihr schneidet ihm unten den Weg ab. Dafür nagele ich seine Haut an meine Wand. Um Vergebung, meine Dame«, fügte er zum Abschied hinzu, ehe sein rotes Gesicht unter dem Fenster verschwand.

Cornelia musste sich zusammenreißen, um nicht vor Anspannung zu kichern.

Gaius rutschte aus und schlitterte über die Dachziegel, schürfte sich die Haut von Ellbogen und Knien, denn jetzt kam es weniger auf Sicherheit denn auf halsbrecherische Geschwindigkeit an. Er hörte den Hauptmann hinter sich rufen, sah sich jedoch nicht um. Die Ziegel boten kaum Halt, letztendlich konnte er nicht viel mehr tun, als die Geschwindigkeit seines Sturzes ein wenig zu bremsen, als er auf den Rand des Daches und die darunter liegende Straße zuglitt. Als er bemerkte, dass seine Sandalen noch oben im Zimmer waren, fand er Zeit für einen ärgerlichen Fluch. Wie konnte er mit bloßen Füßen einen Sprung wagen? Er würde sich auf jeden Fall irgendwelche Knochen brechen, und damit wäre die Jagd beendet. Er ließ die Toga los, um den Gladius zu retten, den bei weitem wertvolleren Gegenstand von beiden. Es gelang ihm, sich am Dachrand festzuklammern. Dann ging er in die Hocke und kroch Stück für Stück weiter, denn er wollte nicht riskieren, eventuellen Bogenschützen ein gutes Ziel zu bieten. Für einen Mann von Cinnas Wohlstand wäre es nicht ungewöhnlich, sich eine kleine Armee zu halten, so wie es Marius auch tat.

Er wusste, dass er in dieser gebückten Haltung für den fluchenden, keuchenden Hauptmann nicht mehr zu sehen war und schaute sich verzweifelt nach einem Ausweg aus seinem Dilemma um. Er musste von diesem Dach herunter. Wenn er oben blieb, suchten sie einfach ein Dach nach dem anderen ab, bis sie ihn gefunden hatten, und dann schleuderten sie ihn entweder aufs Pflaster hinunter oder schleppten ihn vor Cinna. In seinem Zorn würde Cinna allen Bitten gegenüber taub sein, und auf die Anklage der Schändung würde rasch der Tod folgen. Gaius war sich bewusst, dass Cinna nicht einmal Anklage zu erheben brauchte, nein, es genügte, wenn er einen Liktor rief und Gaius an Ort und Stelle hinrichten ließ. Falls es Cinna beliebte, konnte er auch Cornelia erwürgen lassen, um die Ehre seines Hauses zu retten, obwohl der alte Mann, wie Gaius wusste, geradezu vernarrt in seine einzige Tochter war. Hätte er ernsthaft befürchtet, dass ihr ein Leid geschehen würde, wäre er geblieben, um die Sache auszufechten, doch er wusste, dass sie vor der Rache des alten Cinna so gut wie sicher war.