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»Seit dem Tag, an dem Sulla nach Griechenland aufgebrochen ist, sind ein Jahr und vier Monate vergangen. Ich hatte mehr als genug Zeit, ihm einen angemessenen Empfang zu bereiten.«

Einige der Männer lachten leise auf, und Marius lächelte grimmig.

»Das ist kein leichtes Unterfangen. Ihr seid alle Männer, denen ich vertraue, und nichts von dem, was ich hier sage, darf diesen Raum verlassen. Redet nicht mit euren Frauen oder Geliebten darüber, und auch nicht mit euren besten Freunden. Ich zweifle nicht daran, dass Sulla seine Spione in der Stadt hat, die jede meiner Bewegungen beobachten. Meine Vorbereitungen bleiben ihm nicht verborgen, und er dürfte sich völlig darüber im Klaren sein, dass Rom zum Bürgerkrieg bereit ist.«

Diese Worte, endlich offen ausgesprochen, erfüllten die Herzen aller, die sie vernahmen, mit Kälte.

»Ich kann nicht alle meine Pläne offen legen, nicht einmal jetzt, mit Ausnahme dessen, was ich jetzt sage. Falls Sulla die Stadt lebend erreicht, was nicht unbedingt sein muss, so behandeln wir seine Legion wie eine feindliche Armee und vernichten sie im Kampf. Wir haben Vorräte an Getreide, Fleisch und Salz für viele Monate. Wir lassen ihn nicht in die Stadt und schlagen ihn an den Mauern. Schon jetzt ist der Verkehr nach Rom hinein und aus Rom heraus zum Stillstand gekommen. Die Stadt ist auf sich allein gestellt.«

»Was ist, wenn er seine Legion im Lager lässt und herkommt, um seinen rechtmäßigen Zugang zu fordern?«, fragte ein Mann, den Gaius nicht kannte. »Willst du den Zorn des Senats riskieren? Willst du dich zum Diktator ernennen?«

Marius schwieg lange, dann hob er den Kopf und sprach leise, fast flüsternd.

»Wenn Sulla allein kommt, lasse ich ihn niedermachen. Der Senat wird mich nicht als Staatsverräter brandmarken. Ich habe in allem, was ich tue, seine Unterstützung.«

Er sagte die Wahrheit: Es gab keinen Mann von Einfluss, der es wagen würde, dem Senat eine Eingabe vorzulegen, um den Legaten zu verurteilen. Die Position war eindeutig.

»Und jetzt, meine Herren, die Tagesbefehle für morgen.«

Cornelia wartete geduldig, bis ihr Vater fertig war. Sie ließ seinen Zorn über sich hinwegtoben, ohne dass er sie berührte.

»Nein, Vater. Du wirst ihn nicht zur Strecke bringen lassen. Er wird mein Ehemann, und du wirst ihn in unserem Haus willkommen heißen, wenn die Zeit gekommen ist.«

Cinnas neuerlicher Wutsausbruch ließ ihn abermals rot anlaufen. »Vorher sehe ich seinen Kadaver verfaulen! Er kommt wie ein Dieb in mein Haus, und du sitzt da wie ein Marmorblock und erzählst mir, dass ich zu all dem gute Miene machen soll? Das werde ich nicht tun, nicht, bevor sein Leichnam zerschlagen zu meinen Füßen liegt!«

Cornelia seufzte leise und wartete geduldig darauf, dass die Tiraden sich erschöpften. Sie verschloss die Ohren vor dem Gebrüll und zählte die Blumen, die sie vom Fenster aus sehen konnte. Schließlich änderte sich der Ton, und ihre Aufmerksamkeit wandte sich wieder ihrem Vater zu, der sie zweifelnd musterte.

»Ich liebe ihn, Vater, und er liebt mich. Es tut mir Leid, dass wir Schande über das Haus gebracht haben, aber die Hochzeit wird das alles auslöschen, egal, was auf dem Markt getratscht wird. Du hast mir doch gesagt, ich darf mir einen Mann aussuchen, weißt du nicht mehr?«

»Bist du schwanger?«

»Soweit ich weiß, nicht. Es wird nichts zu sehen sein, wenn wir heiraten, niemand wird sich das Maul zerreißen können.«

Ihr Vater nickte. Mit einem Mal sah er älter aus, alt und ernüchtert.

Cornelia erhob sich und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du wirst es nicht bereuen.«

Cinna grunzte skeptisch. »Kenne ich ihn, diesen Schänder der Unschuld?«

Erleichtert über seinen Stimmungsumschwung lächelte Cornelia. »Bestimmt. Er ist der Neffe von Marius. Gaius Julius Cäsar.«

Ihr Vater zuckte die Achseln. »Den Namen hab ich schon mal gehört.«

26

Cornelius Sulla saß bei gekühltem Wein im Schatten seines Zeltes und ließ den Blick über das Lager seiner Legion wandern. Es war die letzte Nacht, die er außerhalb seines geliebten Roms würde zubringen müssen. Er fröstelte ein wenig im Wind, und vielleicht auch im Vorgefühl der Auseinandersetzung, die unmittelbar bevorstand. Kannte er jeden Aspekt von Marius’ Plänen oder hielt der alte Fuchs eine Überraschung für ihn bereit? Nachrichten mit offiziellen Willkommensgrüßen lagen vor ihm auf dem Tisch, doch er sah in ihnen nichts anderes als Formalitäten und beachtete sie nicht.

Padacus kam herbeigeritten, parierte sein Pferd schneidig aus vollem Lauf durch, sodass es beim Wenden mit den Hinterläufen einknickte. Sulla lächelte ihn an. Wie jung Padacus noch war, und was für ein ansehnlicher Mann, dachte Sulla bei sich.

»Das Lager ist gesichert, Legat«, rief Padacus noch beim Absteigen. Jeder Riemen seiner Rüstung war poliert und glänzte im Sonnenlicht, das Leder war weich und dunkel vom Öl. Ein junger Herkules, dachte Sulla, als er den Gruß entgegennahm und ihn erwiderte. Dabei treu bis in den Tod, wie ein verhätschelter Jagdhund.

»Morgen Abend ziehen wir in die Stadt ein. Heute ist die letzte Nacht, die wir wie Barbaren auf dem blanken Erdboden verbringen müssen«, sagte Sulla, der dem einfachen Bild den Vorzug vor der Wirklichkeit weicher Betten und erlesenen Leinens zumindest im Legatszelt gab. Sein Herz war bei den Männern, doch die Entbehrungen des Legionärslebens waren dem Konsul noch nie sonderlich verlockend erschienen.

»Weihst du uns in deine Pläne ein, Cornelius? Die anderen sind gespannt, wie du mit Marius verfahren willst.«

Padacus war in seinem Enthusiasmus ein Stück zu weit vorgeprescht, und Sulla hob abwehrend die Hand.

»Morgen, mein Freund. Morgen ist noch Zeit genug für Vorbereitungen. Ich ziehe mich heute Abend früh zurück, nachdem ich noch ein wenig Wein zu mir genommen habe.«

»Hast du Bedarf an ... Gesellschaft?«, erkundigte sich Padacus leise.

»Nein. Warte. Schick mir ein paar der besser aussehenden Huren. Ich kann ebenso gut mal sehen, ob ich noch etwas Neues zu lernen habe.«

Padacus ließ den Kopf sinken, als hätte man ihn geschlagen. Er ging zurück zu seinem Pferd und trabte davon.

Sulla sah zu, wie er sich steif entfernte, seufzte, und goss den verbliebenen Wein aus seinem Becher auf den schwarzen Boden. Der junge Mann hatte sich schon zum dritten Mal angeboten, und Sulla musste sich der Tatsache stellen, dass er allmählich zu einem Problem wurde. Die Grenze zwischen Bewunderung und Verstimmung war bei dem jungen Padacus sehr schmal. Es war wohl besser, ihn zu einer anderen Legion zu schicken, bevor er Schwierigkeiten machte, über die niemand mehr hinwegsehen konnte. Er seufzte erneut, ging ins Zelt und zog die Lederplane des Eingangs hinter sich zu.

Die Lampen waren von Sklaven angezündet worden, der Boden war mit Teppichen und Decken ausgelegt. Süßlich riechendes Öl brannte in einem kleinen Napf, eine seltene Mixtur, die ihm sehr gefiel. Sulla holte tief Luft und nahm aus dem Augenwinkel eine schnelle Bewegung wahr, die von rechts auf ihn zukam. Sofort ließ er sich nach hinten aus der Angriffslinie fallen und spürte, wie etwas über ihm durch die Luft sauste. Sulla trat kräftig aus und riss den Angreifer von den Beinen. Während der Attentäter noch am Boden zappelte, packte Sulla seine Messerhand mit einem unerbittlichen Griff. Dann zog er sich so nach oben, dass sein Gewicht auf dem Brustkorb des anderen Mannes lag, und lächelte, als er sah, wie sich der Ausdruck des Mannes von Wut in Angst und von Überraschung in Verzweiflung verwandelte.

Sulla war kein verweichlichter Mann. Zwar hatte er nicht viel für die extremeren römischen Mutproben übrig, bei denen Verletzungen und Narben für Kühnheit standen, aber er übte sich jeden Tag mit den Waffen und kämpfte bei jeder Schlacht mit. Seine Handgelenke waren wie Metall, sodass er die Klinge ohne Schwierigkeiten nach innen drehen konnte, bis sie auf die Kehle des Mannes zeigte.