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Es schienen nur die drei zu sein, junge Männer, die es auf Ruhm oder ihre ersten toten Feinde abgesehen hatten. Sie hielten Schwerter in den Händen, und Marcus’ erster Rückhandschlag wurde mit einem lauten metallischen Klirren abgewehrt, bei dem der Legionär zusammenzuckte. Er musste hier weg, bevor die gesamte Armee der Blauhäute auftauchte.

Marcus’ Gladius glitt an der Klinge des staubbedeckten Kriegers ab, rutschte nach unten und wurde von einem primitiven Heft aus Bronze jäh aufgehalten. Der Mann grinste höhnisch, Marcus schlug ihm die andere Faust in den Magen, riss die Klinge zurück und trieb sie in ihn hinein, als er überrascht und mit schmerzverzerrtem Gesicht nach vorne zusammenklappte. Als seine Halsadern durchtrennt wurden, brach er zusammen und fiel zuckend auf den Boden.

Der Dritte war nicht so geschickt wie sein Gefährte, doch Marcus hörte Stimmen und wusste, dass ihm die Zeit davonlief. Seine Eile machte ihn unvorsichtig, und er duckte sich erst spät unter einem wütenden Hieb, der ihm das Ohr ritzte und ihm einen Strich über die Kopfhaut zog.

Er wich nach links aus und stieß dem Mann das Schwert von der Seite her durch die blau bemalten Rippen ins Herz. Als der Krieger mit einem gurgelnden Schrei fiel, hörte Marcus bereits das Patschen rennender Füße, an das er sich von der nachmittäglichen Flucht ins Lager noch lebhaft erinnerte. Es war zu spät, um zum Seil zurückzulaufen, also drehte er sich um, löste den Weinschlauch von dem ersten Toten, zog den Pfropfen heraus und nahm einen großen Schluck, während sich die Nacht rings um ihn mit Schwertern und blauen Schatten füllte.

Sie bildeten mit gezückten Schwertern und sogar in der Dunkelheit hell funkelnden Augen einen Kreis um ihn. Marcus ließ den Weinschlauch neben seinen Füßen zu Boden gleiten und hielt seinen Gladius bereit. Sie rührten sich nicht. Er sah, wie ihre Blicke zu den Toten wanderten. Lange Sekunden vergingen in Schweigen, dann trat einer von ihnen vor, ein großer, glatzköpfiger, blauer Kerl mit einer langen, gebogenen Klinge.

Der Krieger zeigte in die Ferne und deutete dann auf Marcus. Marcus schüttelte den Kopf und zeigte auf die Festung. Spott wurde laut, doch ein knappes Handzeichen des Mannes ließ ihn sofort wieder verstummen. Der Krieger trat furchtlos vor, sein Schwert auf Marcus’ Kehle gerichtet. Mit dem anderen Arm zeigte er wieder auf die Lagerfeuer und dann auf den jungen Römer. Der Kreis wurde enger, und Marcus spürte die Nähe der Männer hinter sich.

»Das soll wohl heißen, ihr wollt mich über dem Feuer zu Tode foltern«, sagte er und zeigte ebenfalls auf die Lagerfeuer.

Der große blaue Krieger nickte, ohne Marcus auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Er gab ein paar Befehle, ein anderer Krieger legte die Hand auf Marcus’ Schwert und entwand es vorsichtig seinem Griff.

»Aha, unbewaffnet und zu Tode gefoltert, das habe ich nicht gleich verstanden«, fuhr Marcus fort, bemüht, seine Stimme freundlich klingen zu lassen, da er wusste, dass sie ihn ohnehin nicht verstehen konnten. Er lächelte, und sie lächelten zurück.

Dann ließen sie das Lager in der Dunkelheit zurück. Wahrscheinlich bildete er es sich nur ein, doch als er sich umdrehte, glaubte er, einen Augenblick lang Peppis’ Gesicht vor dem Nachthimmel zu erblicken.

Die Blauhäute brachten ihren Gefangenen mit demonstrativem Selbstbewusstsein in ihr Lager. Marcus sah, dass dort alles zur Schlacht bereit war. Die Waffen waren ordentlich aufgeschichtet, und die Krieger tanzten und heulten im Feuerschein und spuckten, den blau aufschießenden Flammen nach zu urteilen, wenn die Strahlen ins Feuer trafen, reinen Alkohol hinein. Sie johlten und rangen miteinander, und der eine oder andere saß da und schmierte sich hellen Matsch auf die Arme und ins Gesicht. Marcus vermutete darin den Ursprung der blauen Färbung.

Ihm blieb kaum Zeit, sämtliche Eindrücke in sich aufzunehmen, bevor sie ihn vor dem Freudenfeuer auf die Knie zwangen und ihm jemand eine grob gefertigte Lehmtasse mit einer klaren Flüssigkeit in die Hände drückte. Schon von den daraus aufsteigenden Dämpfen fingen seine Augen an zu tränen, aber er schluckte den gesamten Inhalt hinunter und kämpfte gegen das Würgen an. Es war ein starker Trunk, und er winkte dankend ab, als man ihm eine zweite Tasse anbot. Er wollte einen klaren Kopf behalten. Seine Wächter ließen sich rings um ihn auf dem Boden nieder und schienen sich über seine Kleidung und sein Benehmen auszutauschen. Jedenfalls wurde dabei viel mit Fingern gezeigt und gelacht. Marcus achtete nicht auf sie und überlegte, ob er wohl eine Möglichkeit zur Flucht finden würde. Er musterte die Schwerter der Krieger direkt neben ihm und sah, dass sie aus den Gürteln gezogen waren und griffbereit im trockenen Gras lagen. Wenn es ihm gelang, eins davon zu packen ...

Hörner erklangen und unterbrachen seine Gedanken. Während alle in Richtung dieses Geräuschs blickten, warf Marcus noch einen verstohlenen Blick auf die ihm am nächsten liegende Klinge und sah, dass die Hand des Kriegers darauf lag. Als sein Blick weiter nach oben wanderte, sah er in die Augen des Mannes und grinste gequält, denn der stämmige Krieger schüttelte den Kopf und lächelte ihn mit braunen, fauligen Zähnen an.

Das Horn wurde von der ersten alten Blauhaut gehalten, die Marcus zu sehen bekam. Er musste ungefähr fünfzig sein und hatte, im Gegensatz zu den harten, muskulösen Körpern der jüngeren Kämpfer, einen dicken Bauch, der sein Gewand ausbeulte und hin und her wackelte, wenn er seine dünnen Arme bewegte. Er musste einer der Anführer sein, denn die Krieger reagierten unverzüglich auf seine laut ausgestoßenen Befehle. Drei gewandte Burschen zückten ihre langen Schwerter und nickten Freunden im Kreis zu. Kleine Trommeln wurden hervorgeholt, und kurz darauf ertönte ein schneller Rhythmus. Die drei Männer standen entspannt da, die Trommeln wurden lauter, und sie bewegten sich mit einer Geschwindigkeit, die Marcus nicht für möglich gehalten hätte. Die Schwerter sahen aus wie Strahlen im Morgenlicht, und die Bewegungen gingen fließend ineinander über, völlig anders als die Schrittfolgen der römischen Tänze, die Marcus gelernt hatte.

Er erkannte, dass da ein Kampf vorgeführt wurde, allerdings eher als Tanz denn als gewaltsamer Wettstreit. Die Männer wirbelten und sprangen umher, und ihre Schwerter zerschnitten summend die heiße Nachtluft.

Fasziniert folgte Marcus der Darbietung, bis die Männer schließlich wieder ihre entspannte Haltung einnahmen und die Trommeln leiser wurden. Die Krieger jauchzten, und Marcus tat es ihnen ohne jede Scham nach. Erst als der alte Mann auf ihn zukam, verkrampfte er sich wieder ein wenig.

»Dir gefällt? Sie sind gut?«, fragte ihn der Mann mit schwerem Akzent.

Marcus verbarg seine Verwirrung und stimmte mit absichtlich nichtssagender Miene zu.

»Diese Männer haben kleine Burg genommen. Sie sind Krajka, die Besten von uns, ja?«

Marcus nickte.

»Eure Leute gut gekämpft, aber die Krajka schon kämpfen üben, wenn sie stehen, noch kleine Kinder, ja? Wir so nehmen alle eure hässliche Burge, ja? Stein von Stein, und Asche verstreut? Das tun wir.«

»Wie viele ... Krajka gibt es?«, fragte Marcus.

Der Alte lächelte und zeigte ihm seine letzten drei Zähne, die in schwarzem Zahnfleisch steckten. »Nicht genug. Wir üben mit Soldaten, die heute gekommen mit dir. Andere Krieger müssen sehen, wie kämpfen deine Leute, ja?«

Marcus sah ihn ungläubig an. Für die Besatzung im Lager sah die Zukunft wirklich nicht rosig aus. Man hatte sie in die Sicherheit der Mauern fliehen lassen, nur damit die jungen Blauhäute an den erschöpften Verteidigern ihre ersten Erfahrungen machen konnten. Es war eine grausige Vorstellung. Die Legion hielt die Blauhäute für Kreaturen, deren Intelligenz die von Tieren kaum überschritt. Jeder von ihnen, der gefangen genommen wurde, verlor schier den Verstand, zerbiss seine Fesseln und brachte sich, wenn er nicht entfliehen konnte, mit irgendeinem spitzen Gegenstand um. Dieser Beweis sorgfältiger Planung und die Tatsache, dass einer von ihnen eine zivilisierte Sprache sprach, zeugte von einer Bedrohung, die sie bislang nicht ernst genug genommen hatten.