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Ist hier einer unter euch, der glaubt, er kann ewig leben? Lasst andere Männer Kohlköpfe pflanzen und in der Sonne vertrocknen. Ich werde sterben wie ein Soldat, in den Straßen der Stadt, die ich liebe, bei ihrer Verteidigung.«

Seine Stimme wurde ein wenig leiser, als verrate er ihnen ein Geheimnis. Die Männer beugten sich vor, und von hinten schloss eine stetig anwachsende Menge auf.

»Ich habe diese Wahrheit begriffen. Nur wenige Dinge sind mehr wert als Träume oder Ehefrauen, die Freuden des Fleisches oder sogar Kinder. Aber manche sind es, und dieses Wissen macht uns erst zu Menschen. Das Leben ist nur ein warmer, kurzer Tag zwischen zwei langen Nächten. Für jeden wird es einmal dunkel, sogar für diejenigen, die sich dagegen wehren und so tun, als blieben sie immer jung und stark.«

Er zeigte auf einen älteren Soldaten, der beim Zuhören langsam ein Bein beugte und streckte. »Tinasta! Ich sehe, dass du dein altes Knie prüfst. Hast du gedacht, das Alter versüßt dir den Schmerz darin? Warum warten, bis es sich vor Schwäche krümmt, bis dich jüngere Männer beiseite drängen? Nein, meine Freunde. Meine Brüder. Lasst uns abtreten, solange das Licht noch strahlend leuchtet und der Tag noch hell ist.«

Ein junger Soldat hob den Kopf und rief: »Wird man sich unser erinnern?«

Orso seufzte, aber er lächelte »Eine Zeit lang schon, mein Sohn, aber wer erinnert sich heute noch an die Helden von Karthago oder Sparta? Sie wissen, wie sie ihren Tag beendet haben. Und das ist genug. Mehr gibt es für niemanden.«

»Besteht denn überhaupt keine Möglichkeit, dass wir gewinnen?«, fragte der junge Mann leise. Orso humpelte auf ihn zu, wobei er sich auf die Krücke stützte. »Mein Sohn. Warum verlässt du die Stadt nicht? Ein paar von euch könnten sich an den Patrouillen vorbeischleichen. Du musst nicht hier bleiben.«

»Das weiß ich, Herr.« Der junge Mann machte eine kurze Pause. »Aber ich bleibe trotzdem.« »Dann besteht kein Anlass, das Unvermeidliche aufzuschieben. Sammelt die Männer. Alle machen sich bereit, Sullas Barrikaden anzugreifen. Lasst jeden ziehen, der es will, er soll mit meinem Segen gehen. Lasst sie an anderen Orten ein anderes Leben finden und niemandem jemals sagen, dass sie für Rom gekämpft haben, als Marius starb. Eine Stunde, meine Herren. Greift noch einmal zu den Waffen.«

Orso sah sich um, während die Männer ihre Klingen und Rüstungen kontrollierten, so wie sie es gelernt hatten. Mehr als einer klopfte ihm auf die Schulter, als sie zu ihren Stellungen gingen, und er hatte das Gefühl, sein Herz müsse vor Stolz zerspringen.

»Gute Männer, Marius«, murmelte er leise. »Das sind gute Männer.«

33

Cornelius Sulla saß müßig auf einem goldenen Thron, der auf einem Mosaik aus einer Million schwarzer und weißer Kacheln stand. Sein Anwesen unweit der Stadtmitte war unversehrt geblieben, und er genoss es, wieder daheim zu sein und die Macht in Händen zu halten.

Die Legion des Marius hatte fast bis zum letzten Mann gekämpft, so wie er es vorausgesagt hatte. Nur wenige hatten am Ende versucht zu fliehen; Sulla hatte sie verfolgen und gnadenlos niedermachen lassen. Vor den Stadtmauern brannten gewaltige Feuergräben. Man hatte ihm gesagt, dass die abertausend Leichen tage-, wenn nicht gar wochenlang brennen würden, bis die Asche endlich kalt war. Er zweifelte nicht daran, dass die Götter ein solches Opfer zur Rettung ihrer auserwählten Stadt anerkannten.

Sobald die Brände in der Stadt gelöscht waren, musste Rom gesäubert werden. Kaum eine Hauswand, die nicht mit der öligen Asche befleckt war, die über die Mauern hereintrieb und den Menschen in den Augen brannte.

Er hatte die Primigenia zu Verrätern erklärt, deren Ländereien und sämtlicher anderer Besitz an den Senat fielen. Ganze Familien waren von ihren Nachbarn, die neidisch auf deren Hab und Gut waren, auf die Straße gezerrt, Hunderte weitere hingerichtet worden, und noch immer war die Arbeit nicht beendet. Es würde ein bitteres Kapitel in der glorreichen Geschichte der sieben Hügel sein, doch was blieb ihm anderes übrig?

Sulla war tief in Gedanken versunken, als sich ein Sklavenmädchen mit einem Becher eiskalten Fruchtsaftes näherte. Es war noch zu früh am Tag für Wein, noch so viele Leute zu empfangen und zu verurteilen. Er wusste, dass Rom in all seiner Herrlichkeit wieder auferstehen würde, aber damit das geschehen konnte, mussten auch die letzten Parteigänger des Marius - die letzten Feinde Sullas - mit Stumpf und Stiel ausgemerzt werden.

Er zuckte zusammen, als er an dem Goldbecher nippte und fuhr sich mit dem Finger über die geschwollenen Augen und die Wülste einer violetten Schnittwunde quer über der rechten Wange. Es war der schwerste Kampf seines Lebens gewesen; der Feldzug gegen Mithridates verblasste nachgerade dagegen.

Wieder musste er, wie so oft in den letzten Tagen, an Marius’ Tod denken. Eindrucksvoll. Seine Leiche war dem Feuer vorenthalten worden. Sulla überlegte, ob er dem Mann nicht eine Statue auf den Hügeln errichten sollte. Die Fähigkeit, die Toten zu ehren, würde seine eigene Größe umso mehr herausstellen. Ebenso gut hätte er den Leichnam zu den anderen in die Grube werfen können. Es spielte keine Rolle.

Das Zimmer, in dem er saß, war fast leer. Die Kuppeldecke zierte ein Bild der Aphrodite im griechischen Stil. Sie blickte liebevoll auf ihn herab, eine schöne, nackte Frau, die sich in ihr langes Haar hüllte. Er wollte, dass diejenigen, die bei ihm vorsprachen, wussten, dass die Götter ihn liebten. Das Sklavenmädchen stand mit seinem Krug nur ein paar Schritte entfernt, bereit, den Becher auf einen Wink hin nachzufüllen. Der einzige andere Anwesende war sein Folterer, der in einigem Abstand neben einem kleinen Kohlebecken stand und die Instrumente seines grausigen Gewerbes vor sich auf einem Tisch ausgebreitet hatte. Seine Lederschürze war von der vormittäglichen Arbeit bereits bespritzt, und es gab an diesem Tag noch einiges zu tun. Bronzetüren, beinahe so groß wie die im Senat, dröhnten, als von außen mit einem gepanzerten Handschuh dagegen geschlagen wurde. Als sie sich öffneten, wurden zwei seiner Legionäre sichtbar, die einen stämmigen, an Händen und Füßen gefesselten Soldaten hereinschleppten. Sie zerrten ihn über das glänzende Mosaik bis vor Sulla, der sah, dass das Gesicht des Mannes bereits zerschlagen und seine Nase gebrochen war. Nach den Soldaten trat ein Schreiber mit einem Blatt Pergament ein, auf dem die Einzelheiten vermerkt waren.

»Das hier ist Orso Ferito, Herr«, verkündete der Schreiber. »Wir haben ihn unter einem Haufen von Marius’ Männern gefunden. Er wurde von zwei Zeugen identifiziert. Er hat einige der Verräter zum Widerstand aufgestachelt.«

Sulla erhob sich geschmeidig, ging auf den Mann zu und gab den Wachen ein Zeichen, ihn fallen zu lassen. Er war bei Bewusstsein, aber ein Knebel aus einem verdreckten Stück Tuch hinderte ihn daran, etwas anderes als dumpfe Grunzlaute von sich zu geben.

»Schneidet den Knebel weg. Ich will ihn verhören«, befahl Sulla, und sein Befehl wurde rasch und rücksichtslos ausgeführt. Der Schnitt einer scharfen Klinge entlockte dem kraftlos daliegenden Mann frisches Blut und ein Stöhnen.

»Du hast einen der Angriffe geführt, richtig? Warst du das? Meine Männer sagen, du hast nach Marius den Befehl übernommen. Bist du dieser Mann?«

Orso Ferito sah mit hasserfülltem Funkeln in den Augen auf. Sein Blick fiel auf den Schnitt und die Schwellung auf Sullas Gesicht, und er lächelte, wobei blutige, abgebrochene Zähne sichtbar wurden. Die krächzende Stimme hörte sich an, als spräche sie aus einem tiefen Brunnen zu Sulla. »Ich würde es jederzeit wieder tun«, sagte er.

»Ja. Ich auch«, erwiderte Sulla. »Brennt ihm die Augen aus, und hängt ihn dann auf.« Er nickte dem Folterknecht zu, der ein schmales, spitzes, glühend heißes Eisen aus dem Kohlebecken zog, wobei er das dunklere Ende mit einer dicken Zange anfasste. Orso wand sich, als seine Arme mit Lederriemen gefesselt wurden. Der Folterknecht führte das Metall ungerührt so nahe an die Augen, bis die Wimpern verschmorten, dann drückte er es hinein und wurde mit einem dumpf grunzenden, tierischen Laut belohnt.