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Eadulf war skeptisch.

»Ein Wachhund? Für mich sieht das eher aus wie eine Kuh.«

»Dedelchu«, sagte Fidelma, fast wie zu sich selbst. »Das Zeichen des Wachhundes von Dedel. Ein heidnischer Priester, der .«

Plötzlich stöhnte Eadulf auf, als habe er Schmerzen.

Fidelma hatte kaum Zeit, sich umzudrehen, da brach der sächsische Mönch auf einmal zusammen und fiel gegen sie, so daß sie an die Höhlenwand taumelte. Einen Augenblick fürchtete sie, die überaus nützliche Laterne könnte ihr entgleiten, doch dann hatte sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden. Sie wußte nicht, was mit Eadulf geschehen war, und beugte sich, einer Eingebung folgend, zu ihm hinunter, um nachzusehen, weshalb er gestürzt war. Ungläubig starrte sie auf das Blut an seinem Kopf, doch irgend etwas veranlaßte sie, nach oben zu schauen.

Wenige Schritte entfernt, gerade noch im fahlen Lichtkreis der Laterne, stand eine Gestalt. Die Lichtstrahlen ließen die polierte, blanke Klinge des Schwer-tes, das sie drohend in der Hand hielt, heimtückisch funkeln.

Fidelma fühlte, wie ihr ein Schauer über den Rük-ken lief.

»Ihr seid es also, Torcan!« sagte sie laut und deutlich und hoffte, das angstvolle Zittern in ihrer Stimme vor ihm verbergen zu können.

Der junge Prinz der Ui Fidgenti sah sie ausdruckslos an.

»Ich bin gekommen, um ...«, begann er und hob sein Schwert.

Was dann geschah, konnte sie nur undeutlich erkennen.

In der niedrigen Höhle stand Torcan, der Sohn des Prinzen der Ui Fidgenti. Er hatte das Schwert etwa in Höhe ihrer Kehle gehoben und es zu sich herangezogen, als wolle er sein ganzes Gewicht in den bevorstehenden Stoß legen, und dann ... Dann hielt er inne und sah sie mit überraschter Miene an. Er taumelte und öffnete den Mund, aus dem jetzt eine dunkle Flüssigkeit sickerte. Schwankend blieb er stehen, einen merkwürdig wehleidigen, fast komischen Ausdruck im Gesicht. Das Schwert fiel ihm aus der Hand und landete mit lautem Klirren auf dem Steinboden der Höhle.

Torcan sank ganz langsam auf die Knie und stürzte dann jählings nach vorne aufs Gesicht.

Erst da sah Fidelma die zweite Gestalt, die hinter ihm im Schatten gestanden hatte.

Sie hielt die Laterne so fest umklammert, daß es in diesem Augenblick unmöglich gewesen wäre, sie ihr zu entwinden.

Die schattenhafte Gestalt trat auf sie zu, ein Schwert in der Hand. Das Licht fiel auf die dunklen Flecken an der Klinge - Torcans Blut.

Es war totenstill. Da begann Eadulf zu stöhnen. Er rappelte sich auf die Knie und schüttelte den Kopf.

»Jemand hat mich niedergeschlagen«, ächzte er.

»Das ist nicht zu übersehen«, murmelte Fidelma mit freundschaftlichem Spott und versuchte, ihre alte Selbstsicherheit wiederzugewinnen. Dabei ließ sie den Neuankömmling nicht aus den Augen.

Adnar von Dun Boi trat noch einen Schritt vor und stand nun mitten im Lichtkreis.

»Seid Ihr schwer verletzt?« fragte er und steckte sein Schwert in die Scheide.

Eadulf kam allmählich wieder zu sich und richtete sich erschrocken auf. Sein Kopf blutete noch immer, doch verfügte er offenbar über ungeahnte Kraftreserven. Er starrte auf Torcans zusammengesunkenen Körper. Seine Augen weiteten sich, als er den Toten erkannte, doch bevor er etwas sagen konnte, packte ihn Fidelma am Arm, um ihn am Reden zu hindern.

»Nicht ich bin verletzt, sondern mein Gefährte hier - ihm muß dringend geholfen werden«, antwortete sie. Dann beugte sie sich zu Torcan hinunter und untersuchte ihn, doch man sah schon auf den ersten Blick, daß Adnars Schwerthieb ihn tödlich getroffen hatte. Fidelma wandte sich an den Häuptling von Dun Boi: »Sieht ganz so aus, als hättet Ihr mir das Leben gerettet, Adnar.«

Adnar wirkte besorgt, während er auf den Sohn des Prinzen der Ui Fidgenti hinunterstarrte.

»Ich wollte niemanden töten«, beteuerte er. »Ich hatte gehofft, von Torcan wichtige Dinge zu erfahren.«

»Was für Dinge?«

»Ich habe schwerwiegende Neuigkeiten, Fidelma«. Adnar unterbrach sich und warf dem stattlichen Sachsen einen kurzen Blick zu. »Das hier ist sicher Bruder Eadulf? Ihr seid verletzt, Bruder. Vielleicht ist es das Beste, wenn wir diesen unseligen Ort verlassen und zuallererst Eure Wunde versorgen.«

Fidelma sah sich Eadulfs Kopf im Licht der Laterne genauer an.

»Nur eine Fleischwunde«, stellte sie fest. »Aber sie sollte verbunden werden. Ich glaube, Torcan hat Euch mit einem gut gezielten Stein verletzt, nicht mit seinem Schwert. Kommt, wir müssen die Wunde unverzüglich reinigen. Geht in die andere Höhle voraus, Adnar.«

Der Häuptling zwängte sich durch den gewundenen Gang, gefolgt von Eadulf und Fidelma.

Im subterraneus der Abtei, wo Torcan oder Adnar eine zweite Laterne zurückgelassen hatten, bat Fidelma Eadulf, sich auf eine Holzkiste zu setzen, und bedeutete dem boaire, ihr einen der Krüge zu reichen, die an einer Seite der Höhle aufgereiht standen und, dem unverkennbaren Geruch nach zu urteilen, cuirm enthielten. Dann nahm sie ein Stück Tuch, tauchte es in den Alkohol und begann, Eadulfs Wunde damit abzutupfen.

»Was sind das für schwerwiegende Neuigkeiten, die Ihr erfahren habt, Adnar?« fragte sie unterdessen und ignorierte Eadulfs leises Stöhnen und Protestieren, als der Alkohol an den abgeschürften Hautstellen zu brennen begann.

»Ihr müßt Euren Bruder Colgu benachrichtigen. Er schwebt in größter Gefahr. Torcans Vater, Eoganan von den Ui Fidgenti, bereitet einen Aufstand gegen Euern Bruder in Cashel vor, und Torcan war an dem Komplott beteiligt - ich habe gehört, wie er darüber gesprochen hat. Vermutlich steckt auch Olcan mit ihnen unter einer Decke, denn sein Vater, Gulban, das Falkenauge, gehört ebenfalls zu den Verschwörern. Zur Belohnung würde ihn Eoganan zum Häuptling der Loigde machen. Ich habe Olcan festnehmen lassen und bin Torcan anschließend hierher gefolgt - ich dachte, er würde sich mit anderen Verschwörern treffen. Ich kam hinzu, als er Euch gerade töten wollte, und stieß als erster zu, aber ich wollte ihn nur verwunden. Er hätte uns noch mehr über das Komplott erzählen können.«

Fidelmas Überraschung war nicht geheuchelt. Sie hatte angenommen, daß auch Adnar an der Verschwörung der Ui Fidgenti beteiligt war, aber Adnars Darstellung warf ihren Verdacht von einem Moment auf den anderen über den Haufen.

»Gulban ist Euer Häuptling, Adnar«, wandte sie ein. »Seid Ihr ihm denn nicht treu ergeben?«

»Nicht, wenn er ein Komplott gegen die Loigde und den rechtmäßigen König schmiedet. Warum?« fragte er plötzlich stirnrunzelnd. »Zweifelt Ihr etwa an meiner Loyalität gegenüber den Loigde und Cashel?«

Fidelma schüttelte den Kopf.

Adnar fuhr fort: »Ich verstehe nicht, was Torcan damit erreichen wollte, Euch zu töten. Es wäre für ihn und seine Mitverschwörer doch viel vorteilhafter gewesen, Euch als Geisel zu nehmen - falls ihr Angriff gegen Cashel gescheitert und es zu Verhandlungen gekommen wäre.«

»Hinter dieser Sache steckt noch viel mehr«, bemerkte Fidelma leise. »In der Höhle dort drüben liegen zwei Köpfe - der von Schwester Almu, die aus Gulbans Kupferminen flüchtete und, wie ich glaube, die Abtei von dem geplanten Aufstand unterrichten wollte, und noch ein anderer - der von Schwester Siomha.«

Adnar sah sie erstaunt an.

»Ich verstehe nicht. Wollt Ihr damit sagen, daß Torcan die beiden getötet hat? Aber warum? Vielleicht, damit sie die Verschwörung nicht verraten?«

Fidelma hatte die Reinigung von Eadulfs Wunde beendet. Es handelte sich lediglich um eine Hautabschürfung, was ihre Vermutung, daß sie ihm mit einem Stein beigebracht worden war, bestätigte. Torcan mußte ihn entweder geworfen oder dem sächsischen Mönch damit gegen die Schläfe geschlagen haben.

»Wenn es stimmt, was Ihr sagt, dann muß ich als Friedensrichter dieses Bezirkes Euren Fund bezeugen.«

Da Fidelma ihm nicht widersprach, verschwand Adnar erneut durch die Öffnung zur Nachbarhöhle.