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«Ich sage Ihnen, was ich glaube, wenn Sie möchten. Korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre, Mr. Blake. Ich glaube, dass Sie auf einem Fest einen handfesten Krach mit Ihrer Frau hatten, dass Sie zu viel, äh, getrunken hatten und dann nach Danemouth gefahren sind. Ich weiß nicht, wann sie dort angekommen sind…»

«Um zwei Uhr morgens ungefähr», sagte Basil düster. «Ich wollte erst reinfahren, hab’s mir aber am Ortsrand anders überlegt. Ich dachte, vielleicht kommt Dinah gleich nach Hause, und bin hierher zurückgefahren. Aber alles war dunkel. Ich hab die Tür geöffnet und Licht gemacht, und da – und da…»

Er brach ab und schluckte.

«Da lag ein Mädchen auf dem Kaminvorleger, ein Mädchen in einem weißen Abendkleid – erwürgt. Ich weiß nicht, ob Sie sie gleich erkannt haben…»

Basil Blake schüttelte heftig den Kopf. «Ich konnte gar nicht richtig hinschauen. Ihr Gesicht war ganz blau und geschwollen. Sie war wohl schon länger tot, und da lag sie – in meinem Zimmer!»

Er schauderte.

«Sie waren natürlich außer sich», sagte Miss Marple sanft. «Sie waren beschwipst, und Ihre Nerven sind ohnehin nicht die besten. Wahrscheinlich waren Sie in Panik. Sie wussten nicht, was tun…»

«Ich dachte, Dinah kann jeden Moment kommen. Und dann sieht sie mich da, mit einer Leiche, der Leiche eines Mädchens, und denkt, ich hab sie umgebracht. Da kam mir eine Idee – eine gute Idee, fand ich da noch, ich weiß auch nicht, warum. Ich dachte: Ich schaff sie in die Bibliothek vom alten Bantry. Verdammt aufgeblasener alter Knacker, sitzt immer auf dem hohen Ross, nennt mich einen verweichlichten Künstler und macht sich lustig über mich. Geschieht dem alten Wichtigtuer recht, dachte ich. Wird schön dumm aus der Wäsche schauen, wenn plötzlich eine tote Blondine auf seinem Kaminvorleger liegt.

Ich hatte etwas zu viel getrunken, verstehen Sie?», setzte er in kläglichem Erklärungseifer hinzu. «Richtig lustig kam mir das alles vor – der alte Bantry mit einer toten Schönheit.»

«Hm», sagte Miss Marple, «das erinnert mich an den kleinen Tommy Bond. Ein sehr sensibler Junge mit Minderwertigkeitskomplexen. Die Lehrerin würde ständig auf ihm herumhacken, hat er gesagt und einen Frosch in die Uhr gesetzt, der ihr dann ins Gesicht gehüpft ist. So war’s bei Ihnen auch, nur dass Leichen natürlich etwas anderes sind als Frösche.»

Basil stöhnte von neuem. «Am Morgen war ich wieder nüchtern, und mir ist klar geworden, was ich getan hatte. Da hab ich’s mit der Angst gekriegt. Die Polizei kam, ein Chief Constable, auch so ein verdammt hochnäsiger Bursche. Ich hatte Angst vor ihm, und um es nicht zu zeigen, war ich ganz furchtbar unhöflich zu ihm. Und mittendrin kam Dinah.»

Dinah sah aus dem Fenster. «Jetzt kommt auch jemand», sagte sie. «Zwei Männer.»

«Die Polizei wahrscheinlich», meinte Miss Marple.

Basil Blake erhob sich. Plötzlich wirkte er ruhig und entschlossen und lächelte sogar.

«Dann bin ich wohl jetzt dran, was?», sagte er. «Na schön, Dinah, Schatz, verlier jetzt nicht den Kopf. Geh zum alten Sims, unserem Familienanwalt, und zu Mutter und sag ihr, dass wir verheiratet sind. Sie wird dir schon nicht den Kopf abreißen. Und mach dir keine Sorgen, Liebling. Ich war’s nicht. Das kommt schon wieder in Ordnung.»

Es klopfte an der Haustür. Basil rief «Herein!», und Inspektor Slack trat in Begleitung eines anderen Mannes ein.

«Mr. Basil Blake?», fragte er.

«Ja.»

«Ich habe hier einen Haftbefehl gegen Sie wegen Verdachts des Mordes an Ruby Keene in der Nacht vom einundzwanzigsten auf den zweiundzwanzigsten September. Ich weise Sie darauf hin, dass alles, was Sie sagen, vor Gericht gegen Sie verwendet werden kann. Folgen Sie mir jetzt bitte. Sie haben jederzeit das Recht, sich mit Ihrem Anwalt in Verbindung zu setzen.»

Basil nickte. Er sah Dinah an, ohne sie zu berühren. «Bis bald, Dinah», sagte er.

Kaltschnäuziger Bursche, dachte Inspektor Slack. Er quittierte Miss Marples Anwesenheit mit einer knappen Verbeugung und einem «Guten Morgen» und dachte bei sich: Aha, die alte Schlaubergerin mischt wieder mit! Gut, dass wir den Kaminvorleger haben. Und den Parkwächter bei den Studios, der uns gesagt hat, dass Blake nicht um zwölf, sondern um elf weg ist. Glaube nicht, dass diese Freunde von ihm einen Meineid leisten wollten. Die waren voll, Blake hat ihnen am nächsten Tag eingebläut, dass er um zwölf gegangen sei, und sie haben’s geglaubt. Na, dem haben wir einen Strich durch die Rechnung gemacht! Geistesgestört vermutlich! Klapsmühle statt Galgen. Erst wird er die kleine Reeves erwürgt und in den Steinbruch geschafft haben, dann ist er zu Fuß nach Danemouth zurück, hat seinen eigenen Wagen aus einer Seitenstraße geholt, ist zu dieser Gesellschaft und später noch mal nach Danemouth, hat Ruby Keene nach Hause mitgenommen, hat sie erwürgt und in Bantrys Bibliothek geschafft. Dann hat er’s wegen dem Auto im Steinbruch mit der Angst zu tun gekriegt, ist hin, hat es in Brand gesteckt und ist wieder hierher. Ein Irrer – Sex und Blutdurst. War wohl in einer manischen Phase oder wie sich das nennt. Die Kleine hier hat Glück gehabt, dass sie noch mal davongekommen ist.

Wieder allein mit Miss Marple, sagte Dinah Blake: «Ich weiß zwar nicht, wer Sie sind, aber merken Sie sich eins: Basil war’s nicht.»

«Das weiß ich. Und ich weiß auch, wer es war. Aber es wird nicht einfach zu beweisen sein. Vielleicht könnte uns etwas helfen, was Sie eben gesagt haben. Das hat mich auf eine Idee gebracht – auf die Verknüpfung, nach der ich die ganze Zeit gesucht habe. Was war’s noch gleich?»

Sechzehntes Kapitel

I

«Ich bin wieder da, Arthur!», rief Mrs. Bantry, als handelte es sich um eine königliche Proklamation, und öffnete mit Schwung die Tür zum Arbeitszimmer ihres Mannes.

Colonel Bantry sprang auf, küsste seine Frau und sagte voller Wärme: «Na wunderbar!»

Die Worte waren unanfechtbar, die Geste gut gelungen, doch eine liebevolle, langjährige Ehefrau wie Mrs. Bantry ließ sich nicht täuschen. «Was ist los?», fragte sie sofort.

«Nichts, nichts, Dolly, was soll denn los sein?»

«Ach, ich weiß auch nicht», sagte Mrs. Bantry vage. «Das ist alles so seltsam, findest du nicht?»

Sie warf ihren Mantel ab, während sie sprach, und Colonel Bantry hob ihn sorgsam auf und legte ihn über die Sofalehne.

Alles schien wie gewohnt und war doch irgendwie fremd. Es kam Mrs. Bantry vor, als sei ihr Mann geschrumpft. Er wirkte dünner, gebeugter. Tränensäcke hingen unter seinen Augen, und die Augen selbst wichen ihrem Blick aus.

«Und – war’s schön in Danemouth?», fragte er, noch immer betont munter.

«Herrlich! Du hättest mitkommen sollen, Arthur.»

«Konnte nicht weg, meine Liebe. Hatte zu viel zu tun.»

«Trotzdem, ein Tapetenwechsel hätte dir gut getan. Und die Jeffersons magst du doch auch.»

«Ja, doch, netter Mann. Armer Kerl. Traurige Geschichte.»

«Was hast du denn in der Zwischenzeit gemacht?»

«Ach, nicht viel. War auf dem Gut draußen. Hab Anderson ein neues Dach zugesagt – das alte ist nicht mehr zu flicken.»

«Und wie war’s bei der Sitzung des Grafschaftsrats?»

«Ach, äh, da war ich gar nicht.»

«Nicht? Aber du solltest doch den Vorsitz führen!»

«Ja, also, da gab es wohl ein Missverständnis. Wurde gefragt, ob ich was dagegen habe, wenn Thompson den Vorsitz übernimmt.»

«Aha.»

Sie streifte einen Handschuh ab und warf ihn mit Bedacht in den Papierkorb. Ihr Mann wollte ihn wieder herausholen, doch sie hielt ihn zurück und sagte scharf: «Lass nur. Ich kann Handschuhe nicht ausstehen.»

Colonel Bantry sah sie unbehaglich an.

«Warst du am Donnerstag zum Dinner bei den Duffys?», fragte sie streng.