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Die Liebe einer Frau kann gewalttätig sein, murmelte Lews Therin. Manchmal verletzen sie einen Mann schlimmer, als ihnen bewusst ist, schlimmer, als sie wollten. Manchmal tut es ihnen hinterher sogar leid. In diesem Augenblick klang er normal, aber Rand verdrängte die Stimme.

»Ihr solltet uns weiter spähen lassen, Rand al'Thor«, sagte Nandera. Sie und die zwei Dutzend Töchter auf dem spärlich bewaldeten Hügel hatten die schwarzen Schleier hochgezogen. Einige hatten den Bogen in der Hand und einen Pfeil eingelegt. Der Rest der Töchter war zwischen den Bäumen unterhalb des Kamms, um unliebsamen Überraschungen vorzubeugen. »Das Land ist den ganzen Weg bis zum Herrenhaus frei, aber für mich riecht das immer noch nach einer Falle.« Es hatte eine Zeit gegeben, in der sich ein Wort wie ›Herrenhaus‹ aus ihrem Mund falsch angehört hatte. Aber sie war jetzt schon lange Zeit in den Feuchtländern.

»Nandera sagt die Wahrheit«, murmelte Alivia mürrisch und trieb ihren Wallach mit den Hacken näher heran. Anscheinend störte die blonde Frau noch immer die Tatsache, dass sie ihn nicht begleiten würde, aber ihre Reaktion in Tear, als sie ihren heimatlichen Akzent gehört hatte, machte das unmöglich. Sie hatte zugegeben, erschüttert gewesen zu sein, aber behauptet, die Überraschung sei daran schuld gewesen. Aber er konnte das Risiko nicht eingehen. »Ihr könnt keinem Angehörigen des Hohen Blutes trauen, vor allem keiner Tochter der Kaiserin, möge sie…« Ihr Mund schnappte zu, und sie glättete überflüssigerweise die dunkelblauen Röcke und verzog das Gesicht dessentwegen, was sie beinahe gesagt hätte. Er vertraute ihr, buchstäblich mit seinem Leben, aber sie hatte zu viele tief verwurzelte Instinkte, um zu riskieren, sie der Frau gegenüberzustellen, die er treff en würde. Jetzt trug der Bund Wut, die nicht zu verschleiern versucht wurde. Min mochte es nicht, Alivia in seiner unmittelbaren Nähe zu sehen.

»Für mich riecht das auch nach einer Falle«, sagte Bashere und lockerte sein gekrümmtes Schwert in der Scheide. Er war einfach gekleidet, mit glänzendem Helm und Brustharnisch; allein der graue Seidenmantel unterschied ihn von den einundachtzig saldaeanischen Lanzenreitern, die auf dem Hügel verteilt standen. Sein dichter, nach unten gebogener Schnurrbart sträubte sich beinahe hinter den Gesichtsstangen seines Helms. »Ich würde zehntausend Kronen geben, um zu wissen, wie viele Soldaten sie hier draußen hat. Und wie viele Damarie. Diese Tochter der Neun Monde ist ihre Thronerbin, Mann.« Er war schockiert gewesen, als Alivia das enthüllt hatte. In Ebou Dar hatte das ihm gegenüber niemand erwähnt, als wäre das nicht wichtig. »Sie behaupten vielleicht, dass ihre Kontrolle viel weiter südlich endet, aber Ihr könnt darauf wetten, dass sie zu ihrer Sicherheit mindestens eine kleine Armee dabeihat.«

»Und wenn unsere Späher diese Armee aufspüren«, erwiderte Rand ruhig, »können wir sicher sein, dass sie nicht gesehen werden?« Nandera gab einen verächtlichen Laut von sich.

»Besser davon auszugehen, dass man nicht der Einzige ist, der Augen hat«, sagte er zu ihr. »Wenn sie glauben, dass wir sie angreifen oder die Frau entführen wollen, fällt alles zusammen.« Vielleicht hatten sie es darum geheim gehalten. Die Erbin des Kaiserreichs würde ein viel interessanteres Ziel für eine Entführung sein als eine hochgestellte Adlige. »Ihr passt bloß auf, dass sie nicht uns überraschen. Wenn alles schiefgeht, Bashere, dann wisst Ihr, was zu tun ist. Davon abgesehen, sie mag eine Armee haben, aber die habe ich auch, und sie ist nicht klein.« Da musste Bashere nicken.

Abgesehen von den Saldaeanern und den Töchtern drängt en sich auf dem Hügel Asha'man und Aes Sedai und Behüter, zusammen mehr als fünfundzwanzig, und eine genauso schlagkräftige Gruppe wie ein kleines Heer. Sie vermengten sich mit überraschendem Gleichmut und nur wenigen äußeren Anzeichen für Spannungen. Oh, Toveine, eine kleine, kupferhäutige Rote, starrte Logain finster an, aber Gabrelle, eine Braune mit lodernden grünen Augen, plauderte ziemlich kameradschaftlich mit ihm, vielleicht sogar auf kokette Weise. Möglicherweise war das der Grund für Toveines finsteren Blick, obwohl Missbilligung wahrscheinlicher erschien als Eifersucht. Adrielle und Kurin hatten einen Arm um die Taille des anderen gelegt, obwohl sie groß genug war, den Domani-Asha'man zu überragen, und wunderschön, wo er durchschnittlich aussah und graue Schläfen hatte. Ganz zu schweigen davon, dass er sich gegen ihren Willen mit der Grauen verbunden hatte. Beldeine, die die Stola so kurze Zeit hatte, dass sie einfach wie eine junge Saldaeanerin mit leicht schräg gestellten braunen Augen aussah, streckte gelegentlich die Hand aus, um Manfor zu berühren, und er lächelte jedes Mal. Dass sie sich mit ihm verbunden hatte, war ein Schock gewesen, aber anscheinend war der blonde Mann mehr als willig gewesen. Keiner hatte Rand vor dem Bund um seine Meinung gefragt.

Am seltsamsten von allen waren vielleicht Jenare und Kajima — sie war blass und stämmig in einem grauen Reitgewand, dessen Röcke mit roten Stickereien besetzt waren, er ein Bursche mit dem Aussehen eines Schreibers in seinen mittleren Jahren, der sein Haar wie Narishma in zwei Zöpfen mit Silberglöckchen geteilt trug. Sie lachte über etwas, das er sagte, und murmelte etwas, das ihn wiederum lachen ließ. Eine Rote scherzte mit einem Mann, der die Macht lenken konnte! Vielleicht hatte Taim etwas Gutes bewirkt, ganz egal, wie seine Absichten auch gewesen waren. Und vielleicht lebte auch Rand al'Thor in einem Traum. Aes Sedai waren berühmt dafür, ihre Gefühle zu verbergen. Aber konnte sich eine Rote so sehr verstellen?

Nicht jeder fühlte sich heute friedfertig. Ayakos Augen erschienen beinahe schwarz, wie sie Rand anstarrte, aber wenn man in Betracht zog, was mit einem Behüter passierte, wenn seine Aes Sedai starb, hatte die kleine Weiße Grund zur Furcht, dass sich Sandomere in eine mögliche Gefahr begab. Der Asha'man-Bund unterschied sich auf mancherlei Weise von dem Behüter-Bund, aber in vielen Dingen war er identisch, und noch wusste niemand, welche Auswirkungen der Tod eines Asha'man auf die Frau hatte, mit der er verbunden gewesen war. Auch Elza sah Rand finster an, eine Hand auf der Schulter ihres hochgewachsenen, schlanken Behüters Fearil, als würde sie das Halsband eines Wachhundes halten und überlegen, ihn loszulassen. Nicht auf Rand, das mit Sicherheit nicht, aber er machte sich Sorgen um jeden, von dem sie glaubte, er könnte eine Bedrohung für ihn sein. Er hatte ihr deswegen Befehle gegeben, und ihr Eid müsste dafür sorgen, dass sie sie auch befolgte, aber Aes Sedai konnten fast immer Schlupflöcher finden.

Merise redete energisch auf Narishma ein, während ihre anderen beiden Behüter ein Stück entfernt auf ihren Pferden saßen. Die Art und Weise, wie die Frau mit dem strengen Gesicht gestikulierte, während sie sprach, und sich nahe zu ihm lehnte, damit sie leise sprechen konnte, war unmissverständlich. Sie gab ihm Anweisungen. Unter diesen Umständen gefiel das Rand gar nicht, aber es schien nur wenig zu geben, das er dagegen tun konnte. Merise hatte keinen Eid geleistet, und sie würde es ignorieren, wenn es um einen ihrer Behüter ging. Oder um andere Dinge, was das anging.

Auch Cadsuane beobachtete Rand. Sie und Nynaeve trug en ihren sämtlichen Ter'angreaZ-Schmuck. Nynaeve gelang es, die Aes-Sedai-Gelassenheit gut zu imitieren. Sie schien das oft zu üben, seit sie Lan weggeschickt hatte, wo auch immer sie ihn hingeschickt hatte. Natürlich trennte der halbe Hügel ihre kräftige braune Stute von Cadsuanes Braunem. Nynaeve würde das niemals zugeben, aber Cadsuane schüchterte sie ein.

Logain ritt zwischen Rand und Bashere heran, sein schwarzer Wallach stolzierte. Das Pferd hatte fast genau die gleiche Farbe wie sein Umhang und Mantel. »Die Sonne hat fast ihren höchsten Stand erreicht«, sagte er. »Zeit zum Aufbruch?« Da lag nur die Andeutung einer Frage darin. Der Mann hatte Probleme, Befehle zu befolgen. Er wartete nicht auf eine Erwiderung. »Sandomere!«, rief er laut. »Narishma.«