Dannil hustete diskret in die Hand. Beim Licht, er wurde noch so schlimm wie diese Cairhiener und Tairener. »Wie Ihr befehlt, mein Lord. Ich halte jeden zurück.«
»Mein Lord?«, sagte Balwers trockene Stimme aus dem Nebel. »Ah, da seid Ihr ja, mein Lord.« Der dürre Mann erschien, gefolgt von zwei größeren Umrissen, obwohl der eine davon nicht viel größer war. Sie blieben nach einem Zeichen von ihm stehen, unkenntliche Gestalten im Nebel, und er ging allein weiter. »Masema ist unten aufgetaucht, mein Lord«, sagte er leise und faltete die Hände. »Ich hielt es unter diesen Umständen für das Beste, Haviar und Nerion außer seiner und der Sicht seiner Männer zu halten. Ich glaube nicht, dass er ihnen misstraut. Ich glaube, er hat jeden umbringen lassen, dem er misstraut. Aber aus den Augen, aus dem Sinn, das ist hier das Beste.«
Perrin biss die Zähne zusammen. Masema sollte mit seinem Heer jenseits des Osthügels sein — wenn man es so bezeichnen wollte. Er hatte diese Männer und die paar Frauen gezählt, während sie voller Unbehagen durch die von den beiden Asha'man erzeugten Wegetore geschlurft waren, und er war auf zwanzigtausend gekommen. Masema war immer vage geblieben, was ihre Zahl anging, und Perrin hatte erst vergangene Nacht eine genaue Zählung erhalten. Zerlumpt und dreckig trugen nur einige wenige einen Helm oder gar einen Brustharnisch, aber jede Hand hatte Schwert oder Speer oder Axt gehalten, Hellebarde oder Armbrust, die Frauen eingeschlossen. Die Frauen unter Masemas Anhängern waren viel schlimmer als die Männer, und das sagte schon etwas aus. Sie waren größtenteils nur dazu zu gebrauchen, Leute solange einzuschüchtern, bis sie dem Wiedergeborenen Drachen die Treue schworen — die Farben wirbelten in Perrins Kopf und wurden von seinem Zorn zerfetzt —, und sie zu erschlagen, wenn sie sich weigerten. Heute dienten sie einem besseren Zweck. »Vielleicht ist für Haviar und Nerion der Zeitpunkt gekommen, sich für immer von Masemas Leuten fernzuhalten«, sagte er.
»Wenn Ihr das wünscht, mein Lord, aber meiner Einschätzung nach sind sie dort noch immer so sicher, wie es ein Mann sein kann, der das tut, was sie tun, und sie sind eifrig.« Balwer legte den Kopf schief, ein neugieriger Spatz auf dem Ast. »Sie sind nicht korrumpiert worden, wenn es das ist, was Ihr fürchtet, mein Lord. Die Gefahr besteht immer, wenn man einen Mann losschickt, der etwas vorgeben soll, was er nicht ist, aber ich habe eine empfindliche Nase für so etwas.«
»Haltet sie in der Nähe, Balwer.« Mit etwas Glück würde nach dem heutigen Tag nicht mehr viel von Masemas Heer übrig sein, was sich auszuspionieren lohnte. Möglicherweise würde es nicht einmal mehr einen Masema geben, um den man sich sorgen musste.
Perrin eilte den bewachsenen Abhang auf der anderen Seite hinunter, vorbei an den Mayenern und Ghealdanern, die dort im dichten Nebel neben ihren Pferden warteten, die wimpelbewehrten Lanzen auf die Schultern gelegt oder ihre Stahlspitzen in den Boden gerammt. Die rot lackierten Helme und Harnische der Geflügelten Wachen hätten auf dem Hügelkamm vermutlich keine Gefahr dargestellt, aber das galt nicht für die glänzenden Rüstungen der Ghealdaner, und da sich sowohl bei Gallenne wie auch Arganda die Nackenhaare sträubten, wenn einer von ihnen vorgezogen wurde, warteten beide hier. Der Nebel erstreckte sich über eine weite Strecke — Neald hatte behauptet, dies sei Absicht, aber er hatte überrascht gerochen und erfreut, als ihm klar geworden war, was er da geschafft hatte —, also schritt Perrin noch immer durch das Grau, als er den Ansatz des Hügels erreichte, wo sämtliche der hochrädrigen Karren mit angeschirrten Pferden in einer Reihe standen. Zwischen ihnen bewegten sich undeutlich die cairhienischen Kutscher, überprüften Geschirre, zogen die Schnüre fester, die die Segeltuchplanen hielten.
Masema wartete, und Perrin hätte nichts lieber getan, als dem Mann den Arm abzubeißen, aber er entdeckte die stämmige Gestalt von Basel Gill neben einem der Karren und ging in die Richtung. Lini war bei ihm, in einen dunklen Umhang gehüllt, und Breane, die einen Arm um Lamgwins Taille gelegt hatte, Perrins riesigen Leibdiener. Meister Gill riss den breitkrempigen Hut herunter, um sein dünnes, ergrauendes Haar zu enthüllen, das er über eine kahle Stelle gekämmt hatte, die es aber nicht verbergen konnte. Lini schnaubte bloß und mied es ostentativ, in Perrins Richtung zu sehen, während sie so tat, als würde sie ihre Kapuze richten. Sie roch nach Wut und Angst. Meister Gill roch nur nach Angst.
»Meister Gill, es ist Zeit, dass Ihr nach Norden aufbrecht«, sagte Perrin. »Wenn Ihr die Berge erreicht, folgt Ihr ihrem Verlauf bis zur Jehannahstraße. Mit Glück holen wir Euch ein, bevor Ihr die Berge erreicht, aber wenn nicht, schickt Ihr Alliandres Dienerschaft nach Jehannah, dann fahrt Ihr nach Osten durch den Pass und dann wieder nach Norden. Wir werden so nahe hinter Euch sein, wie es geht.« Wenn sein Plan nicht zu sehr scheiterte. Beim Licht, er war Schmied, kein Soldat. Aber selbst Tylee hatte schließlich zugegeben, dass es ein guter Plan war.
»Ich werde diesen Platz nicht verlassen, bevor ich weiß, dass Maighdin in Sicherheit ist«, sagte Lini dem Nebel; ihre dünne Stimme war wie ein Schilfrohr, aber eines aus Stahl.
»Und natürlich die Lady Faile.«
Meister Gill rieb sich über den Kopf. »Mein Lord, Lamgwin und ich, wir dachten daran, dass wir vielleicht helfen könnten. Die Lady Faile bedeutet uns sehr viel, und Maighdin… Maighdin ist eine von uns. Ich kann das eine Ende eines Schwerts vom anderen unterscheiden, und Lamgwin auch.« Er hatte eine Klinge um seine Massen geschnallt, doch Perrin würde den ganzen Gürtel fressen, wenn er sie in den vergangenen zwanzig Jahren geschwungen hatte. Breanes Griff um Lamgwin wurde fester, aber der große Mann tätschelte ihre Schulter und legte die andere Hand auf den Griff eines Kurzschwerts. Nebelschwaden verhüllten kurz sein narbiges Gesicht und die wulstigen Fingerknöchel. Er war ein Schenkenschläger, wenn auch trotzdem ein guter Mann, aber er war kein Schwertkämpfer.
»Ihr seid mein Shambayan, Meister Gill«, sagte Perrin fest. »Es ist Eure Pflicht, die Kutscher und Pferdeknechte und Diener in Sicherheit zu bringen. Eure und Lamgwins. Jetzt geht und kümmert Euch darum.« Der stämmige Mann nickte zögerlich. Breane stieß einen verhaltenen Seufzer der Erleichterung aus, als Lamgwin gehorsam die Knöchel an die Stirn führte. Perrin bezweifelte, dass der Mann den Seufzer gehört hatte, allerdings legte er den Arm um sie und murmelte tröstende Worte.
Lini war nicht so gehorsam. Den Rücken so steif wie ein Stock, sprach sie wieder den Nebel an. »Ich werde diesen Platz nicht verlassen, bevor ich weiß…«
Perrin klatschte laut in die Hände, und sie zuckte zusammen und sah ihn überrascht an. »Hier werdet Ihr Euch nur einen Schüttelfrost holen, weil Ihr im Feuchten steht. Das und sterben, falls die Shaido unsere Linien durchbrechen. Ich werde Faile dort rausholen. Ich werde Maighdin und die anderen dort rausholen.« Das würde er oder bei dem Versuch sterben. Aber es gab keinen Grund, das zu sagen. Sie mussten bis ins Mark daran glauben, dass er mit Faile und dem Rest nachkam. »Und Ihr geht nach Norden, Lini. Faile wird böse auf mich sein, wenn ich zulasse, dass Euch etwas zustößt. Meister Gill, sorgt dafür, dass sie mit Euch fährt, und wenn Ihr sie fesseln und hinten auf den Wagen laden müsst.«
Meister Gill zuckte zusammen, zerknautschte den Hut zwischen den Händen. Plötzlich roch er alarmiert, und Lini empört. In Lamgwins Geruch trat Heiterkeit, und er rieb sich die Nase, als wollte er ein Lächeln verbergen, aber seltsamerweise war auch Breane empört. Nun, er hatte noch nie behauptet, Frauen zu verstehen. Wenn er nicht einmal die Frau verstehen konnte, die er geheiratet hatte — was die Hälfte der Zeit so war-, dann war es unwahrscheinlich, dass er den Rest von ihnen jemals verstehen würde.