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Der plötzliche, durchdringende Schall seanchanischer Signalhörner ließ seinen Blick nach Norden und Süden huschen, gerade noch rechtzeitig, um zu beobachten, wie der Boden zwischen den flankierenden Gruppen in Gestalt von Flammensäulen aufbrach. Blitze zuckten in sie hinein. Die Damane hielt man im Augenblick zwischen den Bäumen postiert, aber sie verrichteten ihr tödliches Werk. Immer wieder schleuderten Explosionen und Blitze Männer wie Zweige umher. Diese Algai'd'siswai konnten nicht wissen, wo dieser Angriff herkam. Sie begannen auf die Bäume zuzulaufen, auf ihre Mörder zu. Einige der Feuerbälle aus dem Lager flogen nun auf den Wald zu, in dem die Damane waren, Blitze zuckten auf die Bäume zu, aber sie richteten genauso wenig aus wie zuvor auf dem Hügel. Tylee hatte behauptet, man würde Damane für alle möglichen Arbeiten einsetzen, aber in Wahrheit stellten sie Kriegswaffen dar, und sie und die Sul'dam verstanden ihr Handwerk vortrefflich.

»Jetzt«, sagte Edarra, und Feuerbälle regneten auf die Shaido unter ihnen herab. Die Weisen Frauen und die Aes Sedai machten mit beiden Armen Wurfbewegungen, so schnell sie konnten, und jedes Mal schien ein Feuerball aus ihren Fingerspitzen zu wachsen. Natürlich explodierten viele davon zu früh. Die Weisen Frauen der Shaido verteidigten ihre Leute. Aber die Algai'd'siswai befanden sich nun viel näher am Hügel, also blieb ihnen eine geringere Reaktionszeit. Feuerbälle zerplatzten zwischen den Shaido, schleuderten Männer zur Seite, wirbelten abgetrennte Arme und Beine in die Luft. Silberblaue Blitze verästelten sich in die Tiefe, und die meisten von ihnen trafen auch. Die Haare auf Perrins Armen kräuselten sich. Die Haare auf seinem Kopf wollten sich aufstellen. Die Luft schien durch die Blitzentladungen zu knistern.

Und während Edarra und die anderen den Tod auf die Angreifer schleuderten, wehrten sie gleichzeitig die Angriffe der gegnerischen Weisen Frauen ab, und die ganze Zeit über bedienten die Männer von den Zwei Flüssen ihre Bögen, so schnell sie konnten. Ein geübter Schütze konnte zwölf Pfeile in der Minute verschießen, und der Abstand war nun kürzer. Die Shaido trennten keine zweihundert Schritte mehr vom Fuß des Hügels. Ihre Pfeile fielen immer noch vor Perrin zu Boden, aber auf diese Distanz trafen die Zwei-Flüsse-Pfeile jedes Mal. Natürlich wählte jeder Bogenschütze sein eigenes Ziel, also sah Perrin Algai'd'siswai von zwei, drei, sogar vier Pfeilen getroffen stürzen.

Es gab Grenzen, was das Fleisch erdulden konnte. Die erst en Shaido fielen zurück. Sie flohen nicht. Viele schössen auf den Hang, obwohl keine Aussicht bestand, die Distanz überbrücken zu können. Aber dann drehten sie wie auf einen unhörbaren Befehl und rannten los, versuchten ausreichend Abstand zwischen sich und die Pfeile der Zwei Flüsse und den Feuer und Blitzregen zu legen. Die Flankierenden fielen ebenfalls zurück, als Lanzenreiter zwischen den Bäumen hervorschossen und sich zu tausend Pferde breiten Rängen formierten, dann langsam vorrückten, während Feuer und Blitz die Shaido heimsuchten.

»Ein Rang nach dem anderen«, rief Tarn, »drei Schritte vor und schießen!«

»Im Schritttempo vorwärts!«, brüllte Arganda.

»Mir nach!«, donnerte Masema.

Eigentlich sollte Perrin zusammen mit den anderen den langsamen Vorstoß machen, aber er schritt den Abhang mit jedem Schritt schneller hinunter. Die Tore zerrten an ihm. Sein Blut verwandelte sich in Feuer. Elyas behauptete, dies sei ein ganz natürliches Gefühl, wenn man in Lebensgefahr schwebte, aber er konnte das nicht so sehen. Einst war er im Wasserwald beinahe ertrunken, und er hatte nicht einmal annähernd so etwas wie die Aufregung verspürt, die ihn jetzt durchzuckte. Hinter ihm schrie jemand seinen Namen, aber er machte im Laufschritt weiter, wurde immer schneller. Er befreite den Hammer aus seiner Gürtelschlaufe, zog mit der Linken das Messer. Aram rannte an seiner Seite, wie ihm bewusst wurde, aber seine ganze Konzentration war auf die Stadttore gerichtet, auf die Shaido, die noch immer zwischen ihm und Faile standen. Feuer, Blitz und Pfeile regneten wie Hagel auf sie herab, und sie drehten sich nicht länger um, um zu schießen, aber sie schauten oft über die Schulter. Viele stützten Verwundete, Männer, die ein Bein nachzogen oder sich die Seite hielten, aus der zwei der langen Zwei-Flüsse-Pfeile ragten, und er holte auf.

Plötzlich drehten sich ein halbes Dutzend verschleierter Männer mit Speeren in den Händen um und liefen auf ihn und Aram zu. Dass sie nicht ihre Bögen benutzten, bedeutete, dass sie keine Pfeile mehr hatten. Er hatte Geschichten von Helden gehört, von Männern, die durch einen Zweikampf die Zukunft entschieden und deren Heere sich nach dem Ausgang richteten. Die Aiel kannten solche Geschichten nicht. Allerdings wurde er nicht langsamer. Sein Blut war wie Feuer. Er war das Feuer.

Ein Pfeil von den Zwei Flüssen bohrte sich mitten in die Brust eines Shaido, und er war noch nicht auf dem Boden aufgeschlagen, als drei weitere von mindestens einem Dutzend Pfeilen getroffen wurden. Aber nun waren Aram und er zu nahe an den beiden letzten Gegnern. Jeder außer dem allerbesten Schützen würde riskieren, Aram oder ihn zu treffen. Aram glitt auf einen der Shaido zu, als würde er tanzen, seine Klinge war wie ein funkelnder Schemen, aber Perrin hatte keine Zeit, sich einen Kampf anzusehen, selbst wenn er gewollt hätte. Ein verschleierter Mann, der ihn um mindestens einen Kopf überragte, stach mit einem Kurzspeer nach ihm. Perrin parierte den Speer mit dem Gürtelmesser und schwang den Hammer. Der Shaido wollte ihn mit dem Rundschild abwehren, aber er veränderte die Richtung des Schwungs etwas und hörte die Unterarmknochen des Mannes bersten, als sie zehn Pfund von einem Schmiedarm geschwungener Stahl trafen. Jetzt hatte er die Speerspitze weit hinter sich gelassen und hieb dem Mann ohne langsamer zu werden das Messer quer über den Hals. Blut spritzte, und er rannte weiter, während der Mann fiel. Er musste Faile finden. Feuer in seinem Blut, Feuer in seinem Herzen. Feuer in seinem Kopf. Nichts und niemand würde ihn von Faile fernhalten.

30

Vor den Toren

Faile bemühte sich anhand der schrägen Lichtstrahlen, die durch die Löcher des zerstörten Hauses fielen, die Zeit zu schätzen, aber es schien noch kurz vor Mittag zu sein. Bis jetzt war nur eine kleine Stelle ganz oben auf der Kellertreppe frei geräumt. Jede von ihnen wäre daran vorbeigekommen, hätte sie es gewagt, über den schiefen Haufen geschwärzter Trümmer nach oben zu klettern, aber der sah noch immer aus, als könnte er jeden Augenblick in die Tiefe poltern. Gelegentlich ächzte er bedrohlich. Das einzig Gute an ihm war, dass er noch nicht angefangen hatte, ihnen auf den Kopf zu fallen. Wie lange das so bleiben würde, war eine andere Frage. Seit einiger Zeit hatte Faile Donnerschläge gehört, sogar ziemlich viele, und sie kamen langsam näher. Sie ertönten beinahe ununterbrochen. Ein so starker Sturm reichte womöglich aus, um das Haus endgültig einstürzen zu lassen. Beim Licht, war sie durstig.

Plötzlich erschien Rolan in der Öffnung und legte sich auf den steinernen Treppenabsatz. Er hatte das Geschirr mit seinem Bogenfutteral abgelegt. Behutsam schob er sich auf die Trümmer. Der Haufen ächzte leise unter seinem Gewicht. Kinhuin, ein Mann mit grünen Augen, der eine gute Handspanne kürzer als er war, kniete nieder, um seine Knöchel zu ergreifen. Anscheinend waren da oben nur drei der Bruderlosen, aber das waren drei zu viel.