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Hark rang die Hände und trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Meine Lady, was meint Ihr damit, wir reden darüber? Ihr habt mir versprochen, mich von dieser Bürde zu befreien, wenn ich dem Mann folge, das habt Ihr. Und ich habe es getan, also müsst Ihr Euer Wort halten.«

»Ich habe nie gesagt, ich würde das Findegewebe entfernen, Meister Hark. Ich sagte, man würde Euch nach Baerlon ins Exil schicken, statt Euch zu hängen, aber würdet Ihr nicht lieber in Caemlyn bleiben?«

Der Mann riss die Augen auf, versuchte ehrlich auszusehen. Und scheiterte. Er lächelte sogar. »O nein, meine Lady. Ich habe von der frischen Landluft in Baerlon geträumt, das habe ich. Ich wette, dort muss man sich nie darüber Sorgen machen, verdorbenes Fleisch in seinem Eintopf zu finden. Hier muss man sorgfältig an allem riechen, bevor man etwas isst. Ich freue mich darauf, das tue ich.«

Elayne setzte die strenge Miene auf, die ihre Mutter immer gezeigt hatte, wenn sie ein Urteil verhängte. »Ihr wärt zwei Minuten nach den Gardisten, die Euch dort hinbringen würden, aus Baerlon verschwunden. Und dann würdet Ihr hängen, weil Ihr Euer Exil verlassen hättet. Es ist viel besser für Euch, wenn Ihr in Caemlyn bleibt und Euch nach einer neuen Beschäftigung umseht. Meister Norry könntet Ihr einen Mann mit Harks Talenten gebrauchen?«

»Das könnte ich, meine Lady«, erwiderte Norry, ohne auch nur einen Moment lang nachzudenken. Ein zufriedenes Lächeln umspielte seine schmalen Lippen, und Elayne erkannte, was sie getan hatte. Sie hatte ihm ein Werkzeug gegeben, mit dem er sich in Frau Harfors Kompetenzen einmischen konnte. Aber daran war jetzt nichts mehr zu ändern.

»Diese Arbeit wird nicht so lukrativ wie Euer früheres ›Handwerk‹ sein, Meister Hark, aber Ihr werdet dafür nicht hängen.«

»Sie wird was nicht sein, meine Lady?« Hark kratzte sich am Kopf.

»Sie wird nicht so viel Geld einbringen. Was sagt Ihr?

Baerlon, wo Ihr mit Sicherheit einen Beutel aufschneiden oder flüchten und so oder so hängen würdet, oder Caemlyn, wo Ihr eine geregelte Arbeit habt, ohne Furcht vor dem Henker. Solange Ihr nicht wieder als Beutelschneider arbeitet.«

Hark schwankte, rieb sich mit dem Handrücken über den Mund. »Ich brauche etwas zu trinken, das brauche ich«, murmelte er heiser. Vermutlich glaubte er, das Findegewebe würde ihr verraten, falls er wieder einen Geldbeutel stahl. Falls dem so war, hatte sie nicht vor, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.

Meister Norry sah ihn streng an, aber als er den Mund aufmachte, sagte sie: »Im kleinen Wohnzimmer ist Wein. Lasst ihn einen Becher trinken, dann kommt er zu mir in das große Wohnzimmer.«

Das große Wohnzimmer war dunkel, als sie es betrat, aber sie lenkte die Macht, um die Spiegelkandelaber vor den dunkel getäfelten Wänden zu entzünden und das bereits sauber aufgeschichtete Holz in den sich gegenüber befindlichen Kaminen. Dann nahm sie auf einem der Stühle mit den niedrigen Lehnen um den an der Kante mit Schnörkeln verzierten Tisch Platz und ließ Saidar wieder los. Seit ihrem Experiment, die Macht den ganzen Tag lang zu halten, hatte sie sie nicht mehr länger als nötig festgehalten. Ihre Stimmung schwang von freudiger Erregung zu düsterer Sorge und wieder zurück. Einerseits musste sie Mellar nicht länger ertragen und würde bald zwei Schwarze Schwestern in der Hand haben. Ihre Befragung führte möglicherweise zum Rest von ihnen oder würde zumindest ihre Pläne enthüllen. Und wenn nicht, diese Shiaine würde ihre eigenen Geheimnisse haben. Jeder, der zwei Schwarze Schwestern »auf Trab« hielt, würde Geheimnisse haben, die zu erfahren sich lohnte. Andererseits, was würde Duhara tun, um sie zu zwingen, sie als Beraterin zu akzeptieren? Duhara würde sich auf irgendeine Weise einmischen, aber ihr fiel nichts ein, was es sein mochte. Sollte man sie doch zu Asche verbrennen, sie konnte nicht noch mehr Schwierigkeiten zwischen sich und dem Thron gebrauchen. Mit etwas Glück würde sie heute Nacht nicht nur zwei Schwarze Schwestern gefangen nehmen, möglicherweise würde sie auch noch eine dritte entlarven, eine zehnfache Mörderin. Sie überdachte alles immer wieder, ging von Falion und Marillin zu Duhara, und das selbst noch, nachdem sich Meister Norry und Hark zu ihr gesellt hatten.

Hark wollte sich mit einem Silberbecher in der Hand an den Tisch setzen, aber Norry tippte ihm auf die Schulter und deutete mit dem Kopf auf eine Ecke. Mit finsterer Miene begab sich Hark dorthin. Er musste zu trinken angefangen haben, sobald der Becher gefüllt worden war, denn er leerte ihn mit einem großen Schluck und drehte ihn dann unablässig zwischen den Händen, während er ihn anstarrte. Plötzlich richtete er ein einschmeichelndes Lächeln in ihre Richtung. Was auch immer er auf ihrem Gesicht las, es ließ ihn zusammenzucken. Er eilte zu dem langen Tisch an der Wand, stellte den Becher mit übertriebener Sorgfalt ab und eilte zurück in seine Ecke.

Birgitte traf als Erste ein, der Bund war voller müder Unzufriedenheit. »Ein Ritt?«, fragte sie, und als Elayne erklärt hatte, erhob sie Einwände. Nun, zum Teil waren es Einwände, bei dem Rest handelte es sich um schlichte Beleidigungen.

»Was für einen hirnverbrannten, schwachsinnigen Plan, Birgitte?«, fragte Vandene, als sie den Raum betrat. Sie trug ein Reitgewand, das lose an ihrem Körper hing. Es hatte ihrer Schwester gehört und hätte ihr zu Adeleas Lebzeiten perfekt gepasst, aber die weißhaarige Frau hatte Gewicht verloren. Ihr drahtiger Behüter Jaem warf einen Blick auf Hark und stellte sich so, dass er den Mann im Auge behalten konnte. Hark lächelte zaghaft, aber es verblich, als Jaems Ausdruck eisenhart blieb. Das graue Haar des Behüters lichtete sich, doch es war nichts Sanftes an ihm.

»Sie will heute Nacht zwei Schwarze Schwestern gefang en nehmen«, erwiderte Birgitte und warf Elayne einen harten Blick zu.

»Zwei Schwarze Schwestern?«, rief Sareitha aus, die durch die Tür kam. Sie zog den schwarzen Umhang enger, als würden die Worte sie frösteln lassen. »Wen?« Ihr Behüter Ned, ein großer, breitschultriger junger Mann mit blondem Haar, musterte Hark und berührte den Schwertgriff. Auch er wählte einen Platz, von dem aus er den Mann im Auge behalten konnte. Hark bewegte sich unruhig. Möglicherweise dachte er darüber nach, einen Fluchtversuch zu machen.

»Falion Bhoda und Marillin Gemalphin«, sagte Elayne. Sareithas Lippen wurden schmal.

»Was ist mit Falion und Marillin?«, fragte Careane, als sie ins Zimmer rauschte. Ihre Behüter waren sehr unterschiedliche Männer, ein hochgewachsener schlaksiger Tairener, ein gertenschlanker Saldaeaner und ein breitschultriger Cairhiener. Sie tauschten einen Blick aus, und Tavan, der Cairhiener, lehnte sich an die Wand und beobachtete Hark, während Cieryl und Venr auf der Türschwelle stehen blieben. Hark wurde blass um die Nase.

Es blieb Elayne nichts anderes übrig, als alles noch einmal von vorn zu erklären. Was sie mit einer wachsenden Ungeduld tat, die nichts mit ihren Stimmungsschwankungen zu tun hatte. Je länger das hier dauerte, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Falion und Marillin weg waren, wenn sie das Haus in der Vollmondstraße erreichte. Sie wollte sie haben. Und sie würde sie bekommen! Sie hätte Birgitte warten lassen sollen, bis alle da waren.

»Ein guter Plan, finde ich«, sagte Vandene, als sie zum Ende gekommen war. »Ja, das ist gut.« Andere zeigten sich weniger begeistert.