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»Wenn sie durch das Tor sind«, sagte Elayne stur, »ist es unwahrscheinlich, dass sie es wieder hinter sich geschlossen haben. Wir fallen ihnen in den Rücken.« Es war keine reine Sturheit. Nicht ganz. Sie war nicht an Waffen ausgebildet worden, aber sie hatte all die anderen Lektionen empfangen, die Gawyn von Gareth Bryne bekommen hatte. Eine Königin musste die Schlachtpläne verstehen können, die ihre Generäle ihr vorlegten, statt sie blindlings zu akzeptieren.

»Wenn das Tor hält, dann haben wir sie zwischen uns und der Mauer gefangen. In Niedercaemlyn haben Zahlen nicht viel zu bedeuten. Arymilla wird nicht mehr Männer in einer Straße aufstellen können als wir. Wir werden es tun, Birgitte. Und jetzt soll mir jemand ein Pferd besorgen.«

Einen Augenblick lang glaubte sie, ihre Behüterin würde sich weigern, was ihre Sturheit noch verstärkte, aber Birgitte stieß einen tiefen Seufzer aus. »Tzigan, fangt die große graue Stute da für Lady Elayne ein.«

Es hatte den Anschein, als würde jeder in ihrer Umgebung, mit Ausnahme der Schattenfreunde, seufzen. Sie mussten geglaubt haben, einen von Elayne Trakands berühmten Gefühlsausbrüchen erleben zu dürfen. Diese Erkenntnis hätte beinahe einen ausgelöst. Sollten ihre verfluchten Stimmungsschwankungen doch zu Asche verbrennen!

Birgitte trat näher heran und senkte die Stimme. »Aber du wirst von deiner Leibwache umgeben reiten. Das hier ist keine alberne Geschichte mit einer Königin, die an der Spitze ihrer Truppen mit ihrem Banner in die Schlacht reitet. Ich weiß, dass eine deiner Ahnfrauen das getan hat, aber du bist nicht sie, und du hast kein verstreutes Heer, das sich um dich sammelt.«

»Aber genau das war mein Plan«, sagte Elayne zuckersüß.

»Wie bist du nur darauf gekommen?«

Birgitte schnaubte vor Lachen und murmelte »Verdammte Frau« nicht leise genug, damit es nicht gehört werden konnte. Aber in dem Bund lag Zuneigung.

Natürlich funktionierte das nicht so einfach. Männer mussten abkommandiert werden, den Verwundeten zu helfen. Einige von ihnen konnten gehen, aber viele konnten es auch nicht. Zu viele hatten Aderpressen um blutige Arm oder Beinstümpfe geschlungen. Charlz und die Adligen scharten sich um Elayne und Birgitte, um den Angriffsplan zu erfahren, der notwendigerweise ganz einfach war, aber dann weigerte sich Chanelle, das Tor in eine andere Richtung zu lenken, bis Elayne versprach, dass sie dieses Mal nur Transport brauchten, und den Handel mit ihnen besiegelte, indem sich beide die Fingerspitzen küssten und einander auf die Lippen drückten. Erst dann schrumpfte das Wegetor zu einem vertikalen silbrigen Schlitz und verbreiterte sich wieder zu einem hundert Schritte breiten Ausblick auf Caemlyn aus südlicher Richtung.

In den aus Ziegeln erbauten Märkten zu beiden Seiten der großen Straße, die nördlich vom Wegetor bis zum Far-Madding-Tor verlief, waren keine Leute zu sehen, dafür drängte sich dort gerade außerhalb der Bogenschussweite der Stadtmauern eine riesige Masse von Männern zu Fuß und zu Pferd. Die ersten von ihnen befanden sich nur wenige hundert Schritte von dem Wegetor entfernt. Anscheinend hatten sie sich auch auf die Seitenstraßen ausgebreitet. Die Reiter mit ihren unzähligen Bannern standen ganz vorn, aber egal ob Kavallerie oder Infanterie, sie alle schauten zu den Toren von Caemlyn. Den verschlossenen Toren. Elayne hätte vor Freude jubeln können.

Sie ritt als Erste durch das Wegetor, aber Birgitte ging kein Risiko ein. Ihre Leibwache sammelte sich um sie und drängte sie zur Seite ab. Birgitte war direkt neben ihr, aber irgendwie schienen sie sie nicht zu leiten. Glücklicherweise schien niemand etwas dagegen zu haben, dass sie die graue Stute weiter antrieb, bis sich nur noch eine Reihe Gardistinnen zwischen ihr und der Straße befand. Diese Reihe hätte allerdings genauso gut ein Steinwall sein können. Die Stute war aber tatsächlich sehr groß, und so konnte sie sehen, ohne in den Steigbügeln stehen zu müssen. Sie hätte sie länger machen sollen.

Sie waren etwas zu kurz für sie. Also war das Chesmals Pferd, da sie die Einzige war, die etwa an ihre Größe herankam. Ein Pferd konnte nicht von seinem Reiter verdorben werden — nur weil Chesmal eine Schwarze Ajah war, machte das das Pferd nicht zu einer bösen Kreatur —, aber ihr war nicht nur wegen der zu kurzen Steigbügel auf dem Tier unbehaglich zumute. Die graue Stute würde verkauft werden, sie und all die anderen Tiere, die die Schattenfreunde geritten hatten, und das Geld würde man unter den Armen verteilen.

Kavallerie und Infanterie kamen hinter Charlz aus dem Wegetor, genug Leute, um es auf seiner ganzen Breite zu füllen. Gefolgt von dem Weißen Löwen und der Goldenen Lilie, trabte er mit fünfhundert Gardisten die Straße hoch, die davor ausfächerten, um sie ganz einzunehmen. Weitere Gruppen von ähnlicher Größe trennten sich und verschwanden in den Straßen von Niedercaemlyn. Als die letzten Männer das Tor verlassen hatten, schrumpfte es zusammen und verschwand. Jetzt gab es keine schnelle Flucht mehr, falls etwas schieflief. Jetzt mussten sie siegen, oder Arymilla würde den Thron bekommen, ob sie Caemlyn nun eroberte oder auch nicht.

»Heute brauchen wir Mat Cauthons verdammtes Glück«, murmelte Birgitte.

»Das hast du schon einmal gesagt«, entgegnete Elayne.

»Was meinst du damit?«

Birgitte sah sie schief an. Der Bund übertrug… Heiterk eit! »Hast du ihm je beim Würfelspielen zugesehen?«

»Ich verbringe kaum Zeit an Orten, wo gewürfelt wird, Birgitte.«

»Sagen wir einfach, er hat mehr Glück als jeder Mann, den ich je kennengelernt habe.«

Elayne schüttelte den Kopf und verdrängte Mat Cauthon aus ihren Gedanken. Charlz’ Männer versperrten ihr die Sicht, als sie nach vorn ritten. Noch nicht im Galopp, noch versuchten sie nicht mehr Lärm als unbedingt nötig zu machen. Mit etwas Glück würden ihre Männer Arymillas Leute umzingelt haben, bevor diese mitbekamen, was da eigentlich geschah. Und dann würden sie Arymilla von allen Seiten treffen. Von allen Männern, die Birgitte je kennengelernt hatte, war Mat der mit dem meisten Glück. In diesem Fall musste er wirklich außerordentlich viel Glück haben.

Plötzlich bewegten sich Charlz’ Gardisten schneller, die Lanzen mit den Stahlspitzen schwangen nach vorn. Jemand musste nach hinten geschaut haben. Schreie ertönten, Alarmschreie und ein donnernder Ruf, der aus vielen Richtungen aufgenommen wurde. »Für Elayne und Andor!«

Da waren auch andere Rufe. »Die Monde!« und »Der Fuchs!«, »Die Drei Schlüssel!« und »Der Hammer!« und »Das Schwarze Banner!« Und noch weitere, für geringere Häuser. Aber von ihrer Seite kam nur der eine, der unablässig wiederholt wurde. »Für Elayne und Andor!«

Plötzlich zitterte sie am ganzen Leib, lachte und weinte zugleich. Mochte das Licht dafür sorgen, dass sie die Männer nicht vergebens in den Tod schickte.

Die Rufe verstummten, wurden größtenteils vom Klirren von Stahl auf Stahl ersetzt, von Rufen und Schreien, als Männer töteten oder starben. Plötzlich wurde sich Elayne bewusst, dass sich die Stadttore öffneten. Und sie konnte nichts sehen! Sie strampelte die Füße aus den Steigbügeln und kletterte auf den hochzwieseligen Sattel. Die graue Stute bewegte sich nervös, nicht daran gewöhnt, als Trittleiter zu dienen, aber nicht genug, um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen. Birgitte murmelte einen besonders hässlichen Fluch, aber im nächsten Augenblick stand auch sie auf dem Sattel. Hunderte Armbrustmänner und Bogenschützen strömten aus dem Far-Madding-Tor, aber waren es ihre Männer oder die abtrünnigen Söldner?

Die Schützen gaben die Antwort; sie eröffneten das Feuer auf Arymillas dicht zusammengedrängt stehende Kavallerie, so schnell sie die Sehne spannen und loslassen konnten. Die ersten Armbrüste schnellten nach oben und feuerten eine Salve. Augenblicklich begannen diese Männer zu kurbeln, um ihre Armbrüste wieder zu spannen, aber andere eilten an ihnen vorbei, um eine zweite Bolzensalve abzuschießen, die Männer und Pferde wie eine Sense bei der Gerstenernte niedermähte. Noch mehr Schützen strömten aus dem Tor, schössen so schnell sie konnten. Eine dritte Reihe Armbrustmänner stürmte nach vorn, um zu schießen, eine vierte, eine fünfte, und dann drängten sich Männer mit Hellebarden an den Armbrustmännern vorbei, die noch immer aus dem Tor kamen. Eine Hellebarde war eine furchteinflößende Waffe, die Speerspitze und Axtklinge mit einem Haken kombinierte, um Männer aus dem Sattel zu zerren. Reiter, die keinen Platz hatten, um ihre Lanzen zum Einsatz zu bringen, und deren Schwerter wegen der langen Hellebardenschäfte keine Reichweite hatten, fingen an zu fallen. Jetzt kamen Männer in roten Mänteln und funkelnden Brustharnischen aus dem Tor galoppiert, Gardisten, die nach links und rechts schwenkten, um einen anderen Weg zu finden, an Arymillas Ränge heranzukommen. Der Strom hörte gar nicht mehr auf. Wie, beim Licht, konnte Dyelin so viele Gardisten haben? Es sei denn .. . Sollte man die Frau doch zu Asche verbrennen, sie musste die noch nicht fertig ausgebildeten Männer mobilisiert haben! Nun, ob sie nun ausgebildet waren oder nicht, heute würden sie mit Blut gesalbt werden.