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»… sagte, er sei bereit, sofort zu kommen«, sagte ein Mann.

»Ich kann es mir nicht leisten, auch nur noch ein Maul zu füttern, wenn ich nicht weiß, für wie lange«, erwiderte ein anderer Mann. »Blut und Asche! Wie lange dauert es denn, mit diesen Leuten ein Treffen zu arrangieren?«

Gaul musste sich ducken, um das Zelt zu betreten, aber Galina schritt hinein, als würde sie ihre Gemächer in der Burg betreten. Sie mochte ja eine Gefangene sein, aber sie war eine Aes Sedai, und diese einfache Tatsache war ein mächtiges Werkzeug. Und eine Waffe. Mit wem wollte er ein Treffen arrangieren? Bestimmt nicht mit Sevanna. Bitte mit jedem außer Sevanna.

Im scharfen Kontrast zu dem zusammengewürfelten Lager draußen lag hier ein guter Teppich auf dem Boden, und von den Dachstangen hingen zwei Seidenbehänge, die nach cairhienischer Mode mit Blumen und Vögeln bestickt waren. Galina konzentrierte sich auf einen großen, breitschultrigen Mann in Hemdsärmeln, der ihr den Rücken zukehrte und sich mit den Fäusten auf einen Tisch mit schmalen Beinen stützte, der mit vergoldeten Schlangenlinien verziert und mit Karten und Papieren überhäuft war. Sie hatte Aybara in Cairhien nur aus der Ferne gesehen, aber sie war sich sicher, dass das trotz des Seidenhemds und der auf Hochglanz polierten Stiefel der Bauernjunge aus Rand al'Thors Heimatdorf war. Auf jeden Fall schien jeder im Zelt ihn anzusehen.

Als sie das Zelt betrat, legte eine große Frau in bis zum Hals geschlossener Seide mit leichtem Spitzenbesatz an Ärmeln und Kragen, deren schwarzes Haar wellenförmig auf ihre Schultern fiel, auf vertrauliche Weise eine Hand auf Aybaras Arm. Galina erkannte sie. »Sie scheint vorsichtig zu sein, Perrin«, sagte Berelain.

»Meiner Meinung nach wittert sie eine Falle, Lord Perrin«, warf ein ergrauender, hart aussehender Mann ein, der einen verzierten Harnisch über einem scharlachroten Mantel trug. Ein Ghealdaner, dachte Galina. Wenigstens erklärten er und Berelain die Anwesenheit der Soldaten, wenn auch nicht die Tatsache, wie sie dort sein konnten, wo es unmöglich war.

Galina war sehr froh, dass sie der Frau in Cairhien nicht begegnet war. Das hätte die Dinge hier jetzt mehr als nur schwierig gemacht. Sie wünschte sich, ihre Hände wären frei gewesen, um sich die Tränenspuren vom Gesicht wischen zu können, aber die beiden Männer hielten ihre Arme fest. Daran konnte man nichts ändern. Sie war eine Aes Sedai. Das war alles, was eine Rolle spielte. Das war alles, was sie zulassen würde, dass es eine Rolle spielte. Sie öffnete den Mund, um die Initiative zu ergreifen…

Plötzlich sah Aybara sie über die Schulter an, und seine goldenen Augen ließen ihre Zunge erstarren. Sie hatte die Geschichten nicht geglaubt, dass der Mann Wolfsaugen hatte, aber die hatte er tatsächlich. Die harten Augen eines Wolfes in einem Gesicht so hart wie Stein. Er ließ den Ghealdaner beinahe weich erscheinen. Und es war ein trauriges Gesicht mit dem kurz geschnittenen Bart. Zweifellos wegen seiner Frau. Das konnte sie sich zunutze machen.

»Eine Aes Sedai im Weiß einer Gai'schain«, sagte er ausdruckslos und wandte sich ihr zu. Er war ein großer Mann, wenn auch nicht ganz so groß wie der Aielmann, aber er überragte alle, indem er einfach bloß so dastand und mit diesen goldenen Augen alles aufnahm. »Und eine Gefangene, wie es scheint. Sie wollte nicht mitkommen?«

»Sie zappelte wie eine Forelle am Ufer, als Gaul sie zusammenschnürte, mein Lord«, erwiderte Neald. »Ich musste bloß dastehen und zusehen.«

Eine seltsame Bemerkung, und in einem so bedeutsamen Tonfall. Was konnte er… Plötzlich wurde sie sich eines weiteren Mannes in einem schwarzen Mantel bewusst, einem stämmigen Burschen mit einer silbernen Anstecknadel in Form eines Schwertes am hohen Kragen. Und ihr fiel wieder ein, wo sie Männer in schwarzen Mänteln zuletzt gesehen hatte. Wie sie aus Löchern in der Luft sprangen, bevor sich bei den Quellen von Dumai alles in eine schreckliche Katastrophe verwandelte. Neald und seine Löcher, seine Wegetore. Diese Männer konnten die Macht lenken.

Sie brauchte ihre ganze Kraft, um sich nicht aus dem Griff des Murandianers losreißen zu wollen, um von ihm fortzuweichen. Allein die Nähe zu ihm drehte ihr den Magen um. Von ihm berührt zu werden… Sie wollte wimmern, und das überraschte sie. Sicher war sie wohl zäher als das! Sie konzentrierte sich darauf, ein gelassenes Erscheinungsbild zu präsentieren, während sie versuchte, ihren plötzlich ganz trockenen Mund zu befeuchten.

»Sie behauptet, mit Sevanna befreundet zu sein«, fügte Gaul hinzu.

»Eine Freundin von Sevanna«, sagte Aybara mit einem Stirnrunzeln. »Aber im Gewand einer Gai'schain. Ein seidenes Gewand und Schmuck, trotzdem… Ihr wolltet nicht mitkommen, aber Ihr habt nicht die Macht gelenkt, um Gaul und Neald davon abzuhalten, Euch herzubringen. Und Ihr habt schreckliche Angst.« Er schüttelte den Kopf. Wie konnte er wissen, dass sie Angst hatte? »Ich finde es überraschend, nach den Quellen von Dumai eine Aes Sedai bei den Shaido zu sehen. Oder wisst Ihr darüber nicht Bescheid? Lasst sie los, lasst sie los. Ich bezweifle, dass sie flüchtet, wo sie euch so weit gefolgt ist.«

»Dumai spielt keine Rolle«, sagte sie kalt, als die Hände der Männer sich von ihr lösten. Aber die beiden blieben wie Wächter an ihrer Seite stehen, und sie war stolz, wie unbewegt ihre Stimme war. Ein Mann, der die Macht lenken konnte. Zwei von ihnen, und sie war allein. Allein und nicht dazu in der Lage, einen Strang zu lenken. Sie stand mit hoch erhobenem Kopf da. Wie konnte er nur wissen, dass sie Angst hatte? In ihren Worten schwang nicht einmal ein Hauch von Furcht mit. Ihr Gesicht hätte genauso gut aus Stein gemeißelt sein können, so wenig ließ sie sich etwas anmerken. »Die Weiße Burg verfolgt Absichten, die allein Aes Sedai wissen oder verstehen können. Ich bin im Auftrag der Weißen Burg unterwegs, und Ihr behindert mich. Für keinen Mann eine kluge Entscheidung.« Der Ghealdaner nickte traurig, als hätte er diese Lektion persönlich gelernt, aber Aybara sah sie bloß ausdruckslos an.

»Ich habe diesen beiden nur aus einem einzigen Grund nichts Drastisches angetan«, fuhr sie fort. »Weil ich Euren Namen gehört habe.« Falls der Murandianer und der Aielmann verrieten, wie lange das gedauert hatte, wollte sie behaupten, zuerst verblüfft gewesen zu sein, aber sie schwiegen, und sie sprach schnell und energisch. »Eure Frau Faile steht unter meinem Schutz, genau wie Königin Alliandre, und wenn ich mit Sevanna fertig bin, werde ich sie mit mir nehmen, in Sicherheit bringen und ihnen helfen, an den von ihnen gewünschten Ort zu kommen. In der Zwischenzeit gefährdet Eure Anwesenheit hier jedoch meine Angelegenheiten, die Angelegenheiten der Weißen Burg, was ich nicht zulassen kann. Sie gefährdet auch Euch und Eure Frau und Alliandre. In diesem Lager halten sich Zehntausende Aiel auf. Wenn sie sich auf Euch stürzen, und ihre Späher werden Euch bald finden, wenn das nicht schon geschehen ist, werden sie Euch vom Antlitz der Welt fegen. Möglicherweise werden sie darum auch Eurer Frau und Alliandre etwas antun. Vielleicht werde ich es nicht schaffen, Sevanna davon abzuhalten. Sie ist eine grausame Frau, und viele ihrer Weisen Frauen können die Macht lenken, es sind fast vierhundert von ihnen, alle bereit, die Macht zu gewalttätigen Zwecken einzusetzen, während ich nur eine Aes Sedai und durch meine Eide eingeschränkt bin. Wenn Ihr Eure Frau und die Königin beschützen wollt, reitet Ihr so schnell weg, wie Ihr könnt. Vielleicht greifen sie Euch nicht an, da Ihr offensichtlich auf dem Rückzug seid. Das ist die einzige Hoffnung, die Ihr oder Eure Frau habt.« So. Wenn nur etwas von der Saat, die sie gesät hatte, aufging, sollte das reichen, damit er verschwand.

»Wenn Alliandre in Gefahr schwebt, Lord Perrin«, fing der Ghealdaner an, aber Aybara brachte ihn mit erhobener Hand zum Schweigen. Das war alles, was es dazu brauchte.

Der Kiefer des Soldaten spannte sich an, bis sie glaubte, er würde gleich brechen, aber er schwieg.