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Elayne verhinderte mit einiger Anstrengung, dass sie schwankte. Birgittes Gesicht war unbewegt, aber der Bund übertrug Erstaunen. Es war vollbracht. Sie hatte elf, und der Thron gehörte ihr.

»Je mehr für sie stehen, desto besser ist es für Andor.« Dyelin klang selbst leicht benommen. »Steht mit mir für Trakand.«

Wieder trat eine Pause ein, diesmal nur länger, voller Blicke, die gewechselt wurden, aber dann verkündete einer nach dem anderen, Arathelle, Pelivar und Aemlyn, dass ihre Häuser für Trakand standen. Aber sie taten es für Dyelin. Daran würde Elayne immer denken müssen. Vielleicht konnte sie im Laufe der Zeit ihre Loyalität gewinnen, aber im Augenblick unterstützten sie sie um Dyelins willen.

»Sie hat den Thron«, sagte Ellorien, so kalt wie immer.

»Der Rest ist nur eine schöne Beigabe.«

Elayne bemühte sich um einen warmen Tonfall. »Wollt Ihr heute Abend mit uns essen, Ellorien? Bleibt doch wenigstens, bis der Regen nachlässt.«

»Ich habe meine eigenen Köche«, erwiderte Ellorien und setzte sich in Richtung Tür in Bewegung. Ihre Dienerin rannte herbei, um ihren Becher zu nehmen und zum Tisch zurückzubringen. »Sobald der Regen aufhört, breche ich nach Sheldyn auf. Ich bin zu lange fort gewesen.«

»Tarmon Gai’don kommt bald«, sagte Elayne. »Dann werd et Ihr nicht auf Euren Gütern bleiben können.«

Ellorien blieb stehen, sah zurück über die Schulter. »Wenn Tarmon Gai’don kommt, wird Traemane in die Letzte Schlacht reiten, und wir reiten hinter dem Löwen von Andor.« Donner krachte, als sie aus dem Großen Saal schritt, dicht gefolgt von ihrer Dienerin.

»Kommt ihr alle mit in meine Gemächer?«, fragte Elayne die anderen.

Hinter dem Löwen von Andor, aber kein Wort darüber, hinter Elayne Trakand zu reiten. Fast die Hälfte ihrer Unterstützung war auf die eine oder andere Weise wenig vertrauenswürdig, Jarid Sarand war noch immer mit einer nicht unbeträchtlichen Streitmacht im Land unterwegs, und irgendwann würde sie mit Ellorien Ärger bekommen. In Romanen funktionierte das immer anders. In Romanen wurde am Ende immer alles sauber aufgelöst. Das wahre Leben war viel… unordentlicher. Dennoch, endlich gehörte der Thron ihr. Da war noch die Krönung, aber das war jetzt eine Formalität. Als sie die Prozession aus dem Großen Saal führte, mit Luan und Pelivar plauderte, dröhnte der Donner am Himmel wie Kriegstrommeln, die den Marsch nach Tarmon Gai’don schlugen. Wie lange noch, bevor Andors Heere zur Letzten Schlacht marschieren mussten?

36

Unter einer Eiche

Die Sonne stand ein gutes Stück über den Bergen, als Karede zwischen den Bäumen auf den sogenannten Malvidedurchgang zuritt, der vielleicht acht Meilen voraus lag. In der fünf Meilen breiten Lücke in den Bergen verlief die Straße von Ebou Dar nach Lugard, die sich eine Meile südlich von ihm befand. Kurz vor dem Durchgang würde er auf das Lager stoßen, das Ajimbura entdeckt hatte. Ajimbura war nicht so dumm gewesen, den Versuch zu unternehmen, das Lager zu betreten, also wusste Karede noch immer nicht, ob er für nichts und wieder nichts in eine Todesfalle ritt. Nein, nicht für nichts. Für die Hochlady Tuon. Jeder Totenwächter war bereit, für sie zu sterben. Ihre Ehre war die Pflicht, und Pflicht bedeutete oft Tod. Am Himmel waren nur ein paar weiße Wolken, die keinen Regen verkündeten.

Er hatte immer gehofft, im Sonnenschein sterben zu können.

Er hatte nur eine kleine Gruppe mitgenommen. Natürlich Ajimbura, der auf seinem weißfüßigen Fuchs saß. Der drahtige kleine Mann hatte seinen von weißen Strähnen durchzogenen Zopf abgeschnitten, ein Zeichen seiner großen Ergebenheit. Die Bergstämme nahmen diese Zöpfe jenen als Trophäen ab, die sie in ihren endlosen Fehden getötet hatten, und ihr Verlust bedeutete, in den Augen des Stammes und der Familie entehrt zu sein, sich selbst als Feigling zu bezeichnen. Diese Ergebenheit gehörte Karede statt der Hochlady oder dem Kristallthron, aber Karedes Ergebenheit war wiederum so groß, dass es auf das Gleiche hinauslief. Hinter ihm ritten zwei Wächter; ihre rote und grüne Rüstung war poliert word en, bis sie glänzte, genau wie die seine. Hartha und zwei Gärtner liefen mit großen Schritten daneben her, die langen Äxte auf der Schulter, und hielten mühelos mit den Pferden mit. Auch ihre Rüstung funkelte. Melitene, die Der’sul’dam der Hochlady, hatte ihr langes, grau werdendes Haar heute mit einer roten Schleife gebunden; sie saß auf einem Grauen, und die silbrige Leine des A’dam verband ihr linkes Handgelenk mit Mylens Hals. Man hatte nur wenig tun können, um diese beiden noch eindrucksvoller erscheinen zu lassen, aber das A’dam und Melitenes blaues Kleid mit den roten Rechtecken mit den silbernen, verästelten Blitzen auf den Röcken und der Brust sollte die Blicke auf sich ziehen. Eigentlich dürfte Ajimbura nicht auffallen. Der Rest war bei Musenge, falls das Ganze doch eine Todesfalle war.

Er hatte darüber nachgedacht, eine andere Damane als Mylen zu nehmen. Die winzige Frau mit dem Gesicht, dem er kein Alter zumessen konnte, hüpfte fast vor Verlangen auf dem Sattel, die Hochlady wiedersehen zu können. Ihr fehlte die richtige Selbstbeherrschung. Aber ohne Melitene konnte sie nichts tun, und sie war als Waffe nutzlos, eine Tatsache, die dazu geführt hatte, dass sie den Kopf hängen ließ, als er die Der’sul’dam darauf hinwies. Sie hatte Trost gebraucht, ihre Sul’dam hatte sie gestreichelt und ihr gesagt, was für wunderschöne Himmelslichter sie doch machte und wie großartig sie im Heilen war. Allein daran zu denken ließ Karede schaudern. Abstrakt gesehen mochte es als eine wundervolle Sache erscheinen, Wunden in Momenten wieder ungeschehen zu machen, aber er würde wohl dem Tode nahe sein müssen, bevor er sich von jemandem mit der Macht berühren lassen würde. Und doch, hätte das seine Frau Kalia retten können… Nein, die Waffen waren bei Musenge zurückgelassen worden. Falls es heute eine Schlacht gab, würde sie von einer anderen Art sein.

Der erste Vogelruf schien sich nicht von denen zu unterscheiden, die er den ganzen Morgen gehört hatte, aber er wurde weiter voraus wiederholt, und dann erneut. Jedes Mal nur ein Ruf. Er entdeckte einen Mann hoch oben in einer Eiche mit einer Armbrust, die auf ihn zielte. Ihn zu sehen fiel nicht leicht; sein Brustharnisch und der offene Helm waren mit einem matten Grün bemalt, das mit den Blättern des Baums verschmolz. Aber das rote Tuch um seinen linken Arm half. Hätte er sich wirklich verstecken wollen, hätte er das entfernen sollen.

Karede gab Ajimbura ein Zeichen, und der drahtige kleine Mann grinste ihn an wie eine verschrumpelte blauäugige Ratte, bevor er den Fuchs hinter die Wächter zurückfallen ließ. Heute steckte sein langes Messer unter dem Mantel. Er sollte als Diener durchgehen.

Kurz darauf ritt Karede in das Lager. Es hatte keine Zelte oder Unterstände irgendwelcher Art, aber es gab lange, ordentlich gespannte Pferdeseile, zudem noch viele der Männer mit grünen Harnischen. Köpfe wandten sich, um seine Gruppe vorbeireiten zu sehen, aber nur wenige der Männer waren auf den Beinen, und noch weniger hielten Armbrüste. Etliche von ihnen schliefen auf ihren Decken, zweifellos müde von dem harten Nachtritt. Also hatte der Vogelruf ihnen verraten, dass er keine Gefahr darstellte. Sie hatten das Aussehen gut ausgebildeter Soldaten, aber das hatte er auch erwartet. Nicht erwartet hatte er ihre geringe Zahl. Oh, die Bäume mochten noch einige verbergen, aber bestimmt enthielt das Lager nicht mehr als sieben oder achttausend Mann, viel zu wenige, um den Feldzug auszuführen, den Loune beschrieben hatte. Plötzlich verspürte er eine Enge in der Brust. Wo war der Rest? Die Hochlady konnte bei einer der anderen Gruppen sein. Er hoffte, dass Ajimbura sich ihre genaue Zahl merkte.

Er war noch nicht weit gekommen, als sich ihm ein kleiner Mann auf einem großen Falben in den Weg stellte und er das Pferd zügeln musste, wenn er ihn nicht niederreiten wollte. Die vordere Hälfte seines Kopfes war glatt rasiert und schien doch tatsächlich auch noch gepudert zu sein. Aber er war kein Geck. Der dunkle Mantel war zwar aus Seide, aber er trug den gleichen mattgrünen Harnisch wie das Fußvolk. Sein Blick war hart und ausdruckslos, als er Melitene und Mylen betrachtete, dann die Ogier. Seine Miene veränderte sich nicht, als er sich wieder auf Karede konzentrierte. »Lord Mat hat uns die Rüstung beschrieben«, sagte er mit einem Akzent, der noch schneller und abgehackter als der der Altaraner war.