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»Sie sprachen doch von Samen. Dachten Sie dabei an eine neue Spezies? Denn wenn es sich nur um eine Verbesserung handelt, um eine Art, die leichter zu bearbeiten ist –«

»Nach meinen Informationen handelt es sich um eine neue Spezies, um etwas durchaus Neues.«

»Sie haben sie also nicht gesehen, ich meine, mit eigenen Augen? Es könnte sich am Ende ja doch um eine veredelte Sonnenblume handeln?«

»Ich habe ein Bild gesehen, Señor. Ich will nicht sagen, daß bei der Pflanze die Sonnenblume keine Rolle gespielt hat. Oder die Steckrübe. Ich will auch nicht sagen, daß nicht etwas von der Nessel oder einer Orchidee dabei ist. Das aber sage ich, keines von ihnen würde den Sprößling erkennen oder Freude an ihm haben.«

»Ich verstehe. Nun, an welche Summe haben Sie gedacht, wenn Sie uns Samen von diesem Gewächs verschaffen wollen?«

Umberto nannte eine Summe, die den Direktor aus seiner Nachdenklichkeit schreckte. Er nahm seine Gläser ab und musterte seinen Partner auf das genaueste. Umberto blieb ruhig.

»Denken Sie nach, Señor«, sagte er, die einzelnen Punkte an den Fingern abzählend, »die Sache ist schwierig. Und gefährlich sogar. Ich bin nicht furcht-sam – aber ich suche die Gefahr nicht zu meinem Vergnügen. Und dann ist da noch ein Mann, ein Russe. Ich muß ihn über die Grenze bringen. Er muß gut bezahlt werden. Da sind andere, die er zuerst bezahlen muß. Ein Flugzeug muß gekauft werden, ein Düsenflugzeug, es muß sehr schnell sein. Das alles kostet Geld.

Und es ist nicht leicht, sage ich Ihnen. Die Samen, die Sie kriegen, müssen einwandfrei sein. Der Same dieser Pflanze ist oft unfruchtbar. Ich muß Ihnen Samen bringen, der ausgesucht ist und kostbar. Und in Rußland ist alles Staatsgeheimnis und wird geschützt. Es wird bestimmt nicht leicht sein.«

»Zugegeben. Aber dennoch ...«

»Finden Sie den Preis so hoch, Señor? In ein paar Jahren werden die Russen mit ihrem Öl die Welt überschwemmen, und mit Ihrer Firma wird es aus sein; was werden Sie dann sagen?«

»Einige Bedenkzeit ist doch nötig, Herr Palanguez.«

»Selbstverständlich, Señor!« lächelte Umberto zustimmend.

»Ich kann warten – eine Weile wenigstens. Aber bei meinem Preis muß ich bleiben.«

Und er blieb auch dabei.

Er erhielt seinen Auftrag, denn seine Proben waren überzeugend, wenn schon alles übrige etwas vage blieb.

Seine Auftraggeber kamen sogar billiger davon, als sie veranschlagt hatten, denn nachdem Umberto sein Flugzeug und seinen Vorschuß bekommen hatte, verschwand er auf Nimmerwiedersehen.

Das soll nicht heißen, daß man nichts mehr von ihm hörte. Einige Jahre später erschien in den Büros der Ölverwertungsgesellschaft, wie sie sich nunmehr nannte, ein Mann namens Fedor. Ein Russe, wie er selber angab. Er wollte Geld, bitteschön, wenn die Kapitalisten so freundlich sein wollten.

Seinem Bericht nach war er an der Versuchsstation für Triffids im Distrikt von Elowsk auf Kamtschatka beschäftigt gewesen; einer gottverlassenen Gegend, die er verabscheute. Er war daher auf den Vorschlag seines Arbeitskameraden eingegangen, eines gewissen Towarisch Nikolai Alexandrowitsch Baltinoff, zumal bei diesem Vorschlag ein paar tausend Rubel zu verdienen waren.

Und nicht schwer zu verdienen waren. Es war weiter nichts zu tun, als ein Kästchen mit ausgesuch-tem fruchtbarem Triffidsamen aus seinem Fach zu nehmen und durch ein gleichartiges Kästchen mit unfruchtbarem Samen zu ersetzen. Das entwendete Kästchen war zu einer bestimmten Zeit an eine bestimmte Stelle zu schaffen. Praktisch war das alles ohne Risiko. Jahre mochten vergehen, ehe der Tausch entdeckt wurde.

Riskanter war das Weitere. Er sollte auf einem ein, zwei Meilen von der Station entfernten großen Feld Lichtsignale vorbereiten. In einer bestimmten Nacht.

Sobald er über sich ein Flugzeug hörte, sollte er die Lichter einschalten. Das Flugzeug würde landen. Für ihn würde es dann das rätlichste sein, möglichst rasch aus der Nachbarschaft zu verschwinden, bevor jemand kam, um Nachschau zu halten.

Für diese Dienstleistungen würde er nicht nur ein dickes Paket Rubel in die Hand kriegen, sondern auch, falls er aus Rußland herauskam, eine weitere Summe in den Büros der englischen Firma deponiert finden.

Seiner Darstellung nach war alles planmäßig verlaufen. Das Flugzeug war gelandet, er hatte die Lichter ausgeschaltet und war davongelaufen.

Der Landeaufenthalt des Flugzeugs hatte keine zehn Minuten gedauert. Es stieg sogleich wieder auf, in steiler Kurve, nach dem Düsengeräusch zu urteilen. Wenige Minuten, nachdem das Geräusch verklungen war, ließ sich neuerlich Motorenlärm hören.

Es waren andere Flugzeuge, ihr Kurs war der gleiche.

Er konnte nicht ausmachen, ob es zwei oder mehr waren. Sie flogen jedenfalls mit hoher Geschwindigkeit und heulenden Düsen ...

Am nächsten Tag war Genosse Baltinoff verschwunden. Große Aufregung. Zuletzt kam man überein, Baltinoff müsse allein gearbeitet haben. So blieb Fedor unbehelligt.

Vorsichtshalber hatte er ein Jahr gewartet, ehe er etwas unternahm. Nun aber war ihm die Überfahrt gelungen, er war in England und bat um das für ihn reservierte Geld.

Von Elowsk hatte man inzwischen gehört; die Flugzeuglandung war im Bereich der Möglichkeit.

Man gab ihm daher nicht nur Geld, sondern auch einen Posten und empfahl ihm Schweigen. Denn es war klar, wenn auch Umberto sein Versprechen nicht eingelöst hatte, so war doch er es, der die Situation gerettet hatte.

Die Firma hatte zuerst das Auftauchen der Triffids nicht mit Umberto in Verbindung gebracht; sie hatte sogar in mehreren Staaten nach ihm fahnden lassen.

Erst als ihr von anderer Seite Triffidöl zur Begutachtung vorgelegt wurde, entdeckte man die vollkommene Übereinstimmung mit den von Umberto gezeigten Proben; es war also Triffidsamen, den er hatte bringen wollen.

Über Umbertos Schicksal wird man wohl kaum Zuverlässiges erfahren können. Wahrscheinlich wurden er und Genosse Baltinoff über dem Pazifik, irgendwo hoch oben in der Stratosphäre, von den Flugzeugen angegriffen, die Fedor gehört hatten.

Vielleicht erkannten sie erst, daß sie verfolgt wurden, als die Salven sowjetrussischer Bordwaffen ihr Fahrzeug trafen.

Und vermutlich zersplitterte unter diesen Salven auch das teebüchsenähnliche Kästchen aus Sperrholz, in dem nach Fedors Aussage die Samen enthalten waren.

Umbertos Flugzeug explodierte oder brach einfach auseinander. Eins jedenfalls ist sicher: als die Trümmer ihren langen, langen Sturz hinab in den Ozean begannen, blieb in der unermeßlichen Höhe etwas hängen, das zunächst wie ein weißes Dunstwölkchen aussah.

Es war kein Dunstwölkchen. Es war ein Samenschwaden, so schwerelos, daß er selbst in dieser luftdünnen Höhe schweben blieb. Millionen spinnwebzarter Triffidsamen, die nun frei in der Luft hingen.

Ein Spiel aller Winde ...

Wochen, vielleicht Monate mochte es dauern, bevor sie die Erde erreichten, manche nach einem Flug von mehreren tausend Meilen.

Das ist alles, ich wiederhole es, Vermutung. Aber wie soll man es sonst erklären, daß diese bisher so sorgsam geheimgehaltene Pflanze auf einmal fast in allen Teilen der Welt auftauchte?

Ich bekam früh eine Triffid zu sehen. Eine der ersten in der Umgebung wuchs zufällig in unserem Garten. Als wir sie entdeckten, war sie schon recht gut entwickelt; sie hatte sich nämlich, mit ein paar anderen ungebetenen Gästen, hinter dem Stück Hekke angesiedelt, das den Müllhaufen abschirmte. Dort tat sie keinen Schaden und war niemand im Weg. Wir sahen daher, auch nachdem wir sie entdeckt hatten, nur dann und wann nach, wie sie gedieh, und ließen sie sonst in Ruhe. Heutzutage, da jeder weiß, wie eine Triffid aussieht, ist es schwierig, den fremdartig bizarren Eindruck zu beschreiben, den die ersten auf uns machten. Soviel ich weiß, ahnte man damals noch nichts Böses. Man verhielt sich ihnen gegenüber wohl allgemein auf die gleiche Art wie mein Vater.