Nun brauche ich einen Sack Zucker.«
»Zucker?« sagte Josella verblüfft.
»Haben wir nicht? Eine große Kanne Honig dann.
Wird es, denke ich, auch tun.«
Alle spielten ihre Rollen beim Abendessen zufriedenstellend. Die Gesellschaft taute nicht nur auf, sondern wurde richtig warm. Josella tischte ihren selbstge-brauten starken Met auf, um die üblicheren Getränke zu ergänzen, und fand Beifall. Die Besucher waren in bester Laune, als ich meinen unauffälligen Ausgang unternahm.
Ich packte ein Bündel Decken und Kleider und ein Paket Lebensmittel, die ich bereitgelegt hatte, und eilte damit über den Hof zum Schuppen, wo wir den Raupenwagen eingestellt hatten. Mit einem Schlauch von dem Tankwagen, der unseren Benzinvorrat enthielt, füllte ich die Behälter des Raupenwagens bis zum Überfließen. Dann wandte ich meine Aufmerksamkeit Torrences absonderlichem Fahrzeug zu. Mit Hilfe einer Taschenlampe machte ich den Einfüllstut-zen ausfindig und goß einen guten Liter Honig in den Tank. Den Rest der großen Kanne Honig leerte ich in den Tankwagen selbst.
Ich konnte die Gesellschaft singen hören, sie war also noch immer gut in Fahrt. Nachdem ich zu den Dingen, die schon in dem Raupenwagen waren, einiges Abwehrmaterial gegen die Triffids und was mir sonst noch einfiel, hinzugefügt hatte, ging ich wieder zurück und blieb bis zum allgemeinen Aufbruch, der sich in einer fast rührseligen Stimmung vollzog.
Wir warteten zwei Stunden, damit sie fest schliefen.
Der Mond war aufgegangen und der Hof mit weißem Licht überflutet. Ich hatte vergessen, die Torangeln des Schuppens zu ölen und verwünschte jeden knarrenden Laut. Meine Schützlinge kamen der Reihe nach auf mich zu. Die beiden Brents und Joyce, die sich hier auskannten, brauchten keine führende Hand. Hinter ihnen kamen Josella und Susan, die Kinder im Arm. Davids verschlafene Stimme wurde einen Augenblick lang hörbar, doch Josella legte ihm schnell die Hand auf den Mund und brachte ihn zum Schweigen. So hielt sie ihn noch immer, als sie vorn einstieg. Ich half den anderen in den Fond des Wagens und schloß ihn. Dann erklomm ich den Fahrersitz, küßte Josella und tat einen tiefen Atemzug.
Vor dem Hoftor drängten die Triffids näher, wie immer, wenn sie einige Stunden ungestört geblieben waren.
Der Himmel war uns gnädig, und der Motor sprang gleich an. Ich schaltete den langsamen Gang ein, kurvte um Torrences Fahrzeug und steuerte direkt auf das Tor los. Die schwere Stoßstange durchstieß es mit einem Krach. Wir schlingerten vorwärts, behängt mit Drahtgeflecht und Holztrümmern, ein Dutzend Triffids überrollend, während die übrigen wütend auf uns lospeitschten. Dann hatten wir freie Bahn.
Als wir auf dem Berghang eine Stelle erreichten, wo man auf Shirning hinuntersehen konnte, hielt ich an und drosselte den Motor. Hinter einigen Fenstern waren Lichter, und während wir schauten, flammten die des Fahrzeugs auf und beleuchteten das Haus.
Ein Starter begann zu surren. Ich zuckte zusammen, als der Motor ansprang, obwohl ich wußte, daß wir die mehrfache Geschwindigkeit dieses ungefügen Kahns hatten. Die Maschine begann, auf ihren Raupenketten sich in Richtung auf das Tor hin zu drehen.
Doch bevor die Drehung durchgeführt war, knatterte der Motor und stockte. Wieder begann der Starter zu surren. Er surrte und surrte, gereizt und vergeblich.
Die Triffids hatten entdeckt, daß das Tor umgelegt war. In der Helle des Mondlichts und der Scheinwerferreflexe sahen wir, wie die hohen, schlanken Gestalten in einer grotesken schwankenden Prozession in den Hof stelzten, während andere die Böschungen herabtorkelten, um sich ihren Vorgängerinnen an zuschließen ...
Ich blickte auf Josella. Sie hatte nicht angefangen ›richtig zu heulen‹, sie weinte überhaupt nicht. Sie wandte den Blick von mir zu dem in ihren Armen schlafenden Kind.
»Ich habe alles, was ich wirklich brauche«, sagte sie, »und eines Tages wirst du uns zu den anderen zurückbringen, Bill.«
»Dein Vertrauen ehrt mich, Liebste, aber – nein, verdammt, keine Aber – ich werde euch zurückbringen«, versprach ich.
Ich stieg ab, um die Front des Wagens von den Trümmern und die Windschutzscheibe von den Giftspritzern zu säubern und so meinen Weg zu sehen auf der Fahrt über die Berge nach Südwest.
Und an dieser Stelle schließen sich meine persönlichen Aufzeichnungen an die Geschichte der Kolonie, von der Elspeth Cary eine ausgezeichnete Darstellung gegeben hat.
Alle unsere Hoffnungen sind nun hier verankert.
Es ist kaum wahrscheinlich, daß aus Torrences Projekt etwas entsteht, das Dauer hat, obschon einige seiner Feudalherrschaften noch existieren, deren Bewohner hinter ihren Palisaden ein elendes Leben fristen. Und es sind ihrer immer weniger. Von Zeit zu Zeit berichtet Ivan, daß wieder eine überrannt wurde und die Triffids, die sie eingeschlossen hatten, zu anderen Belagerungen abgewandert sind.
So bleibt die Aufgabe uns allein vorbehalten. Wir glauben, einen Weg zu sehen, aber es wird noch viel Forschung und Arbeit notwendig sein, ehe der Tag anbricht, wo wir oder unsere Kinder oder Kindeskinder die Meerenge überschreiten und den unerbittli-chen Vernichtungsfeldzug gegen die Triffids beginnen, der nicht eher enden wird, als bis die letzte vom Antlitz der Erde getilgt ist.