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»Kommt ihr runter.«

»In zwei oder drei Ahn ist es dunkel«, murmelte Marcus.

»Ja.« Es war durchaus nicht unwahrscheinlich, daß wir das kleine Lager bis dahin halten konnten. In der Dunkelheit konnten wir uns dann davonschleichen. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß sie Lust verspürten, den Hügel emporzuklimmen. Außerdem würden sie ihr Werk gern schnell verrichten.

»Sie könnten uns am Morgen folgen«, meinte Marcus.

»Das ist wahr.«

»Kommt runter!« rief der Mann auf der Straße.

»Vielleicht sollten wir herausfinden, was sie wollen«, sagte ich.

»Genau«, erwiderte Marcus grimmig.

»Lächle«, riet ich ihm.

Dann kletterten und rutschten wir zur Straße hinunter.

»Ihr habt eure Waren vergessen«, sagte der Söldner und lächelte. Seine beiden Freunde rückten von ihm ab. Auf diese Weise hatten sie genug Platz, um Stahl schwingen zu können.

»Die Bündel sind schwer«, antwortete ich. »Ich hielt es für klüger, erst einmal herauszufinden, wofür ihr euch interessiert.« Er glaubte doch wohl nicht ernsthaft, daß ich mich von einem Bündel behindern lassen würde, wenn ich den Hügel hinuntersteigen, wenn ich unten mein Gleichgewicht wiederfinden mußte.

»Ihr fürchtet euch noch immer«, sagte der Söldner.

»Nein«, erwiderte ich.

Er holte ein blaues Armband aus der Tunika, das er grinsend über den linken Ärmel hinaufschob, bis über den Ellbogen. »Seht ihr, kein Grund zur Angst. Wir kommen nicht aus Ar.« Seine beiden Freunde grinsten ebenfalls und befestigten kennzeichnende Merkmale am linken Arm, der eine ein Armband, der andere ein blaues Tuch, das mit einem Knoten versehen war. Viele Söldner tragen keine Uniformen. Sie identifizieren sich durch Zeichen wie Armbänder, Tücher, Bänder und Federn, die verkünden, zu welcher Seite sie gehören. Ich brauche sicher nicht eigens zu erwähnen, daß solche beliebigen Merkmale schnell ausgetauscht werden können; die Farben verändern sich mit dem Schlachtverlauf. Viele Söldnerkompanien bestehen aus kaum mehr als bewaffnetem Pöbel, andere, wie die Regimenter Dietrich von Tarnburgs, Pietro Vacchis oder Raymond von Rive-de-Bois, sind erstklassig, sie stellen genauso erprobte Krieger wie die Ars und Cos’ dar.

Beim Umgang mit Söldnern ist es außerordentlich wichtig, genau zu wissen, mit welcher Sorte man es zu tun hat. Es kann einen großen Unterschied machen, was die Taktik angeht. Mehr als nur ein Regiment regulärer Truppen wurde dezimiert, weil seine befehlshabenden Offiziere die gegenüberstehenden Söldner unterschätzten. Um noch einmal auf den eben angesprochenen Seitenwechsel zurückzukommen – was auch immer von dem Schlachtenglück des Tages abhängt –, so ist auch auf Gor der Überläufer nicht gänzlich unbekannt. Es gibt beispielsweise Tuniken, deren Innenseite eine andere Farbe aufweist. So kann man sie nach Einbruch der Dunkelheit unbemerkt wenden. Allerdings werden solche Tuniken auf Gor nur selten getragen. Zum einen wird jeder Mann, der mit einem solchen Gewand erwischt wird, kurzerhand gepfählt, und zwar von beiden Seiten, deshalb finden sie hauptsächlich für Infiltrationszwecke Verwendung, genau wie falsche Uniformen und dergleichen.

»Ihr seid Söldner«, stellte ich fest. »Im Sold von Cos.«

»Und ihr steht der cosischen Sache ebenfalls loyal gegenüber«, grinste er, »wie eure Anwesenheit im Lager am Vosk bewiesen hat.«

»Wollt ihr denn nichts kaufen?« fragte ich.

Sie zogen die Schwerter. Auch mein Schwert glitt aus der Scheide.

»Wir wollen nur ihn«, sagte der Sprecher, der offensichtlich auch der Anführer der kleinen Gruppe war, zu Marcus. »Misch dich nicht ein.«

Marcus rührte sich natürlich nicht von der Stelle.

»Tritt zurück«, sagte ich zu Marcus.

Er bewegte keinen Muskel.

»Wer ist das erste Schwert?« fragte ich den Anführer.

»Das bin ich«, sagte der Mann zu seiner Linken. Mir war sofort klar, daß das nicht der Wahrheit entsprach. Immerhin stand er auf der linken Seite des Anführers, wo er dessen waffenlose Seite beschützen konnte. Seine Stärke würde vermutlich in der Verteidigung liegen. Es ist schwer, die Verteidigung eines Mannes zu durchbrechen, der sich allein darauf konzentriert. Während ich mich also mit ihm beschäftigte oder vielmehr von den dreien hauptsächlich ihn im Auge behielt, würde der Anführer freien Zugang zu meiner linken Seite haben. Meiner Meinung nach war der Anführer das erste Schwert. Bei kleinen Gruppen ist es oftmals die überlegene Schwertkunst, die über diese Einteilungen entscheidet.

»Also gut«, sagte ich und konzentrierte mich scheinbar auf ihn.

»Wer ist das erste Schwert?« fragte der Anführer.

»Das bin ich«, sagte Marcus. Das fand ich interessant. Natürlich war das durchaus möglich.

»Wir sind an dir nicht interessiert«, sagte einer der beiden hinten stehenden Männer unbehaglich. »Du darfst dich zurückziehen.«

Marcus rührte sich nicht. Wenn er sich zurückzog, stand es drei gegen einen.

»Ich dachte, du wolltest etwas kaufen«, sagte ich zu dem Anführer.

Er lachte. »Was verkaufst du denn?«

»Stahl«, sagte Marcus gleichmütig.

Der Mann zur Linken des Anführers wich ein Stück zurück, verschaffte sich einen weiteren Schritt Abstand zwischen sich und Marcus. Der junge Krieger wirkte bedrohlich.

»Mutiger junger Vulo-Hahn«, spottete der Anführer.

»Ganz ruhig«, sagte ich zu Marcus. Ich hatte die Befürchtung, er würde sich zu früh aus der Reserve locken lassen.

»Geh«, sagte der Söldner auf der linken Seite. »Wir wollen nichts von dir.«

Marcus rührte sich nicht. »Weil ich jung bin, glaubt ihr, ich wäre auch dumm. Da seid ihr im Irrtum.«

»Nein«, sagte der Söldner.

Einen Augenblick lang kam es mir so vor, als würde sich der Boden unter unseren Füßen unmerklich bewegen. Es war ein flüchtiger Eindruck.

»Ihr haltet uns für Spione«, sagte Marcus. »Ihr wollt uns beide, allerdings einen nach dem anderen.«

»Nein«, sagte der Söldner. »Bestimmt nicht.«

»Darum geht es also«, rief ich aus und tat so, als sei ich erleichtert. »Ihr seid gar keine Straßenräuber, die, wie wir befürchteten, ehrliche Leute ausrauben wollen. Ich glaube, wir können die Sache schnell regeln. Es handelt sich hier einfach um eine Verwechslung.«

»Du windest dich«, sagte der Anführer.

»Für wen haltet ihr uns?« fragte ich.

Der Anführer grinste. »Für die von uns Gesuchten.«

»Spione?«

»Für mich macht es keinen Unterschied, ob ihr Spione seid oder nicht.«

»Wie habt ihr uns gefunden?« fragte ich. Sie waren zu dritt. Ich wußte nicht, wie gut Marcus mit der Klinge umgehen konnte. Nach Möglichkeit wollte ich ihn beschützen.

»Policrates hat uns höchstpersönlich in sein Zelt gerufen«, sagte der Söldnerführer.

»Der Kommandant des Expeditionsheeres hat vorausgesagt, daß man euch nach dem Ende der offiziellen Suche ohne größere Mühe im Süden finden würde, in Richtung Holmesk. Dann würdet ihr mit keiner Verfolgung mehr rechnen und euch am sichersten fühlen. Er war es, der das Verbot aussprach, den jungen Burschen da zu ergreifen, der befahl, ihn unbeschadet gehen zu lassen, damit er uns zu dir führte.«

»Tarl, mein Freund, es tut mir leid«, sagte Marcus. »Aii!«

Der Anführer warf mir einen wilden Blick zu, dann senkte sich langsam sein Schwert. Er sackte auf die Knie, dann stürzte er kopfüber in. den Straßenstaub. Ich wandte mich seinem Kameraden zu, der die ganze Zeit rechts von ihm gestanden hatte. Marcus trat mit bleichem Gesicht zwischen das erste Schwert und mich.

»Euer Anführer wäre besser beraten gewesen, sich auf keine Erklärungen oder Unterhaltungen einzulassen. Wäre er so klug wie Policrates gewesen, wäre ihm so etwas vermutlich nicht passiert.«

Der Söldner wich vor mir zurück.

»Ich habe nicht einmal gesehen, daß sich dein Schwert bewegt hat«, sagte Marcus voller Ehrfurcht.

»Dein Anführer ließ zu, sich ablenken zu lassen«, sagte ich zu dem Söldner. »Vielleicht folgst du ja seinem Beispiel.«