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Das Mädchen, das quer auf Bortons Schoß gelegen hatte, lag nun neben ihm bäuchlings am Boden und sah der Sklavinnenparade zu. Ihr stockte der Atem. Das andere Mädchen hatte sich auf Hände und Knie erhoben. Sie keuchte auf. Sie schien überwältigt und aufgeregt. »Runter!« befahl Borton. Sie und die andere kauerten sich zusammen, jede auf einer Seite, und betrachteten aufgeregt die Zurschaustellung der Sklavinnen. Gelegentlich gaben sie Borton einen Kuß, als wollten sie ihn darin erinnern, daß sie auch noch da waren, daß sie Frauen und bereit waren.

»Jane!« rief Philebus. Jane war eine kurvenreiche Brünette. Die Namen Susan und Jane sind Erdennamen. Aber dies bedeutete nicht, daß es sich bei diesen Mädchen um Menschen von der Erde handelte. Irdische Mädchennamen dienen auf Gor oft als Sklavennamen. Natürlich war es nicht ausgeschlossen, daß sie von der Erde kamen. Aber selbst falls dies zutraf, waren sie jetzt goreanische Sklavinnen, verkäufliche Ware, laszive, hemmungslose Frauen. Ich erwähne die Möglichkeit, daß sie von der Erde stammten, nur aus dem Grund, weil so etwas durchaus nicht ausgeschlossen war. Das hat etwas mit dem Sklavenhandel zu tun. Es gibt eindeutige Beweise dafür, daß Schiffe der Kurii zwischen der Erde und Gor eine beständige Sklavenroute aufrechterhalten. Dies nur zur Erläuterung.

»Jasmine, Geize!« rief Philebus.

»Ich kann mich dort nicht zeigen«, schluchzte Temione.

»Ziehst du die Peitsche vor?« fragte ich.

»Er verachtet mich«, sagte sie. »Er würde mich auslachen. Er würde mich verspotten und erniedrigen! Er hat mich angeekelt abgewiesen. Er findet mich häßlich, dick, dumm, ein Sleen-Weibchen, das so abstoßend und widerwärtig ist, daß er mich aus seiner Gegenwart entfernen lassen würde.«

»Aber jetzt bist du eine Sklavin«, bemerkte ich.

Sie starrte mich mit einem wilden Blick an.

»Temione!« rief Philebus.

Sie stand augenblicklich auf den Beinen, mit einer Bewegung voller Sinnlichkeit und Anmut.

Ich keuchte überrascht auf.

»Aii!« riefen einige Männer.

Sie war eine Sklavin, aber was für eine!

Sie glitt an den Männern vorbei, in ihrem Auftritt bei der Sklavinnenparade, schritt den staubigen Pfad zwischen ihren Herrn entlang; die einen waren Goreaner, Larls unter Männern, harte, durch nichts verweichlichte, ungezähmte Bestien, gebieterisch und gnadenlos, und sie war eine Frau, unaussprechlich begehrenswert und verletzlich, weich und schön, ein Wesen, wie sie es zu ihren Füßen liegen haben wollten!

»Aii!« rief ein Bursche.

Aber da hatte sie sich schon von ihm zurückgezogen, als ob sie ihn fürchteten, und doch auf eine Weise, daß er genau wußte, daß sie ihm oder einem anderen unaussprechliche Freuden bereiten würde.

Ich mußte mich zwingen zuzusehen.

Borton hatte den Becher gesenkt.

Selbst Philebus sah überrascht aus. Ich glaube, bis zu diesem Augenblick hatte er gar nicht gewußt, was ihm da eigentlich gehörte.

Auch die im Hintergrund knienden Mädchen sahen zu, einige erhoben sich von den Fersen. Sie blickten Temione und dann einander an. Einige keuchten auf. Sie waren fassungslos. Anscheinend konnten sie nicht glauben, was sie da sahen. Bis zu diesem Augenblick hatten sie – genausowenig wie Philebus oder ich, was das betraf – auch nur geahnt, wieviel Weib in Temione steckte. Einige der Mädchen rissen ihre Seide auf und wanden sich im Staub auf den Knien vor Verlangen. Als sie sahen, wie schön und begehrenswert eine Frau sein konnte, wollten sie sich ebenfalls auf diese Weise bewegen und so die Aufmerksamkeit ihrer Herrn auf sich lenken, um sie darum zu bitten, ihr Verlangen nach Liebe und Unterwerfung zu stillen.

Trommel und Flöte ertönten. Da waren die Männer, der Ausschank, der Vosk im Hintergrund, der Feuerschein und die Sklavin.

»So wunderschön«, flüsterte ein Mann.

Auf ihrer Runde machte sie vor mir halt, ihre Hände strichen über die Hüften, ihre Schultern und ihre Brüste bewegten sich.

Ich trank von meinem Paga. Dann entließ ich sie mit einer kleinen Kopfbewegung.

Sie wirbelte von mir fort.

Und näherte sich dem Kurier.

Es war sehr schön, ihr zuzuschauen, einer in Seide gehüllten, mit dem Sklavenkragen versehenen barfüßigen Schönheit.

Dann stand sie vor Borton, dem Tarnsmann, die Schultern nach hinten genommen, den Kopf hoch erhoben, stolz in ihrem Sklaventum, furchtlos; ihr Körper schien sich kaum zu bewegen, und doch folgte er gehorsam und enthüllend dem Takt der Musik, wie es sich bei einer Sklavinnenparade gehörte.

»Ah!« sagte der Tarnsmann mit leuchtenden Augen.

Sie sah ihn an. Er mußte sie doch erkennen!

Dann wich sie vor ihm zurück und wieder vor. Seine Hand krampfte sich um den Becher. Die Mädchen im Hintergrund murmelten etwas. Er entließ Temione nicht. Er ließ sie weitertanzen.

Männer sahen einander an und grinsten.

Temione wiegte sich weiter, machte einen Schritt in die eine und dann in die andere Richtung, drehte sich im Kreis, kam näher, wich zurück, kam wieder näher.

Und noch immer entließ er sie nicht. Als sie einmal von ihm zurückwich, trafen sich unsere Blicke. Sie sah überrascht aus. Anscheinend hatte sie damit gerechnet, auf jeden Fall von ihm erkannt zu werden. Zweifellos war sie darauf gefaßt gewesen, wieder zurückgestoßen zu werden, fortgeschickt, vielleicht sogar geschlagen zu werden, aber er hatte sie nicht einmal aus dem Kreis gelassen. Als sie mir kurz darauf wieder das Gesicht zuwandte, konnte ich nicht umhin, zusammen mit ihrer Verblüffung ihre schön geformten, nackten Beine wahrzunehmen; ihre zarten Knöchel und Füße, der wunderbare Schwung ihrer Hüfte, Taille und Brüste, preisgegeben von der Seide, dieser Verhöhnung eines Kleidungsstücks, die Anmut ihrer Ober- und Unterarme, die zierlichen Hände und Finger, ihre Schultern, ihr Hals mit dem Kragen, ihr zartes, wunderschönes Gesicht – wie wunderbar sie doch war! Vielleicht war es verständlich, daß er diese aufregende Sklavin vor ihm nicht mit der freien Frau in Verbindung brachte, der er seinerzeit soviel Verachtung entgegengebracht hatte. Vermutlich wäre das vielen Männern so gegangen.

Wieder tanzte sie vor ihm.

Nein, er erkannte sie nicht.

Dann blieb sie verwegen vor ihm stehen, als würde sie ihn herausfordern, sie zu erkennen.

Und er tat es noch immer nicht!

Plötzlich riß sie sich völlig unerwartet die Seide vom Körper. Die Mädchen stöhnten auf. Männer beugten sich vor. Philebus Hand verkrampfte sich um die Peitsche. Er hob sie zögernd.

Temione bemerkte das nicht. Sie hatte nur Augen für den Kurier, und er für sie, verblüfft, verzaubert, wie gelähmt.

»Ist der Herr zufrieden?« fragte Philebus.

»Ja! Ja!« rief Borton aus.

Sie blieb weiter vor ihm stehen. Obwohl sie sich kaum bewegte, war in ihrem Körper noch immer Musik. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Philebus sie dafür bestrafen würde, daß sie so vor Borton, seinem Kunden, getanzt oder sich die Seide vom Leib gerissen hatte. In der Abgeschiedenheit seines Zuhauses ermuntert ein Herr seine Sklavinnen zu solch erregenden Spontanaktionen. In der Öffentlichkeit wie einem Paga-Ausschank ist es jedoch für ein Mädchen ratsam, sehr vorsichtig zu sein, zumindest in Gegenwart ihres Besitzers. Sie darf auf keinen Fall den Anschein erwecken, daß sie nicht mehr unter der völligen Kontrolle ihres Herrn steht.

»Los, los«, sagte Borton und gestikulierte mit der linken Hand und dem Becher in seiner rechten, »bring sie alle her!«

Philebus gab den Mädchen ein Zeichen, und sie eilten mit leisen Schritten nach vorn und knieten im Halbkreis hinter Temione nieder, die noch immer mit zerrissener Seide dort stand.

»Möchte der Herr vielleicht seine Auswahl für heute nacht treffen?« fragte Philebus.

Gelächter erscholl.

Diese Frage war nun wirklich rein rhetorisch.

Philebus wies mit der zusammengerollten Peitsche auf seine Mädchen, wie ein Zuckerbäcker, der seine Süßigkeiten anpreist.

Weiteres Gelächter erscholl.

Ich glaube, es bestand kein Zweifel, wen der Tarnsmann wählen würde.

Die beiden Gehilfen, die für die Musik gesorgt hatten, waren verstummt. Der eine wischte die Flöte ab, der andere kümmerte sich um die Tabor, löste ein paar Pflöcke und verringerte die Spannung der Trommelhaut. Für gewöhnlich nahm man Verrhaut, genau wie für Weinschläuche.