Выбрать главу

»Ich werde mein Bestes tun.«

»Auf dem Weg hier raus haben wir geredet, und du hast auf einen gewissen … ähm, einen gewissen Duft angespielt, den dieser Ort verströmt.«

»Stimmt.«

»Hier stinkt’s nach Geld, hast du gesagt.«

»Diese Cowboys haben Geld im Rücken, gar keine Frage.«

»Aber von dem Augenblick an, als ich zum ersten Mal von dieser Einrichtung gehört habe, hat mich etwas gestört. Ich gehe davon aus, dass ich den größten Teil des Betriebs gesehen habe. Vom Schild am Landeplatz fürs Wasserflugzeug bis hin zu diesen Kühen. Und jetzt stört es mich noch mehr.«

»Was denn?«

»Tut mir leid, aber mir ist egal, mit wie viel Geld die hier rumwerfen. Ich kaufe dir ja ab, dass jemand aus eurem Stammesrat hin und wieder Schmiergeld von den Juden nimmt. Geschäft ist Geschäft, ein Dollar ist ein Dollar und so weiter. Wer weiß, ich habe schon die Theorie gehört, dass illegale Geldschiebereien über die Grenze die äußerste Möglichkeit seien, so etwas wie Frieden, Liebe und Versöhnung zwischen Juden und Indianern hinzubekommen.«

»Wie niedlich.«

»Und diese Juden hier wollen offenbar nicht, dass das, was sie machen, bekannt wird, sie wollen diese Neuigkeiten scheinbar nicht mit anderen Juden teilen. Dabei ist dieser Distrikt ein Haus mit zu vielen Bewohnern und zu wenig Zimmern. Jeder weiß über jeden Bescheid. Niemand in Sitka hat ein Geheimnis, Sitka ist nichts anderes als ein großes Schtetl. Wenn man ein Geheimnis hat, leuchtet es ein, es hier draußen zu verstecken.«

»Aber?«

»Aber Gestank hin oder her, Geschäft hin oder her, Geheimnis hin oder her, tut mir leid, nie und nimmer würden die Tlingit zulassen, dass ein Haufen Juden hierherkommt, ins Herz des Indianerlandes, und das alles baut. Ganz egal, mit wie viel jüdischer Kohle sie um sich werfen.«

»Du willst sagen, nicht mal wir Indianer sind so rückgratlos und verkommen. Um unseren schlimmsten Feind hier derart Fuß fassen zu lassen.«

»Sagen wir lieber, wir Juden sind die schlimmsten Betrüger der Welt, wir regieren die Welt von unserem geheimen Hauptquartier auf der dunklen Seite des Mondes aus. Aber selbst wir haben unsere Grenzen. Gefällt dir das besser?«

»Da widerspreche ich nicht.«

»Die Indianer würden das niemals erlauben, wenn sie nicht mit einem riesigen Gewinn rechneten. Einem gewaltigen. So groß wie der Distrikt, sagen wir mal.«

»Sagen wir mal«, sagt Dick mit belegter Stimme.

»Ich nehme an, der amerikanische Beitrag zu der ganzen Sache war lediglich, Naomis Absturzakte verschwinden zu lassen. Aber kein Jude könnte jemals so einen Gewinn garantieren.«

»Der Pinguin-Pulli«, sagt Berko. »Er sorgt dafür, dass die Indianer den Distrikt zugesprochen bekommen, wenn wir weg sind. Dafür helfen die Indianer den Verbovern und deren Freunden, ihren kleinen geheimen Milchhof da draußen aufzubauen.«

»Aber was hat der Pinguin-Pulli davon?«, fragt Landsman. »Was ist für die USA drin?«

»Jetzt bist du an einem Ort großer Dunkelheit angelangt, Bruder Landsman«, sagt Dick und legt den Gang ein. »Den du, wie ich befürchte, ohne Wilfred Dick wirst betreten müssen.«

»Ich sage das ja nicht gerne, Cousin«, sagt Landsman zu Berko und legt ihm die Hand auf die Schulter, »aber ich glaube, wir müssen runter zum Massakerfeld.«

»God fucking damn it«, sagt Berko.

35.

Zweiundvierzig Meilen südlich der Stadtgrenze von Sitka schwankt ein Haus aus alten Brettern und grauen Schindeln auf zwei Dutzend Pfählen über dem Morast. Ein namenloses Sumpfgebiet, strotzend vor Bären, das zu Methanblähungen neigt. Ein Friedhof für Ruderboote, Ausrüstung, Pick-ups und, irgendwo tief unten, ein Dutzend russischer Pelzjäger mit ihren aleutischen Hundesoldaten. An einem Ende des Sumpfes, hinten im Gestrüpp, steht ein herrliches Langhaus der Tlingit, das von Brombeerrose und Teufelskeule zerpflückt wird. Auf der anderen Seite erstreckt sich ein steiniger Strand, übersät mit Tausenden schwarzer Kiesel, in die ein altes Volk die Formen von Tieren und Sternen ritzte. Es war an diesem Strand im Jahr 1854, wo jene zwölf promyshlenniki und Aleuten unter Jewgeni Simonow ihr blutiges Ende durch die Hände eines Tlingit-Häuptlings namens Kohklux fanden. Über ein Jahrhundert später wurde die Ururenkelin von Häuptling Kohklux, eine Mrs. Pullman, die zweite indianische Frau eines ein Meter fünfundsechzig großen jüdischen Schachspielers und Meisterspions namens Hertz Shemets.

Im Schach wie in der geheimen Staatskunst war Onkel Hertz bekannt für sein Zeitgefühl, seine übertriebene Vorsicht und seine peinlich genaue Vorbereitung. Er besorgte sich Informationen über seinen Gegner, fertigte eine tödliche Studie von ihm an. Er suchte ein Muster von Schwächen, den nicht zu lösenden Komplex, den Tick. Fünfundzwanzig Jahre lang führte er einen geheimen Feldzug gegen die Menschen auf der anderen Seite der Grenze, versuchte, ihre Macht über das Indianerland zu schwächen, und mit der Zeit wurde er zu einer anerkannten Kapazität in Bezug auf ihre Kultur und Geschichte. Er lernte, die Tlingit-Sprache mit ihren bonbonlutschenden Vokalen und zähen Konsonanten zu genießen. Gründlich erforschte er den Duft und das Gewicht von Tlingit-Frauen.

Als er Mrs. Pullman heiratete (niemand nannte die Dame jemals Mrs. Shemets, möge sie in Frieden ruhen), entwickelte er ein Interesse am Sieg ihres Ururgroßvaters über Simonow. Stundenlang saß er in der Bibliothek der Bronfman University und brütete über Landkarten aus der Zarenzeit. Er kommentierte die Interviews von methodistischen Missionaren mit neunundneunzigjährigen Tlingit-Weibern, die sechs Jahre alt gewesen waren, als die Kriegsbeile auf die russischen Quadratschädel einschlugen. Er entdeckte, dass das Massakerfeld in der Erhebung des Geologischen Dienstes von 1949, jener Erhebung, die die Grenzen des Distrikts Sitka festlegte, aus irgendeinem Grund als Tlingit-Land ausgewiesen war. Obwohl es westlich der Baranof-Kette liegt, gehört das Massakerfeld den Ureinwohnern, ein grünes Symbol des Indianertums auf der jüdischen Seite von Baranof Island. Als Hertz diesen Fehler entdeckte, sorgte er dafür, dass Berkos Stiefmutter das Land aufkaufte. Das Geld dafür stammte, wie Dennis Brennan später nachwies, aus Hertz’ Schmiergeldfonds der COINTELPRO. Auf dieses Land baute er sein spinnenbeiniges Haus. Und als Mrs. Pullman starb, erbte Hertz Shemets das Simonow-Massakerfeld. Er erklärte es zum lausigsten Indianerreservat der Welt und sich selbst zum lausigsten Indianer.

»Arschloch«, sagt Berko weniger grollend, als Landsman erwartet haben könnte, und betrachtet durch die Windschutzscheibe des Super Sport die gebrechliche Unterkunft seines Vaters.

»Wann hast du ihn zum letzten Mal gesehen?«

Berko wendet sich mit verdrehten Pupillen seinem Kollegen zu, als gehe er im Kopf eine Akte über Landsman durch, um eine Frage zu finden, auf die eine Antwort noch weniger nötig gewesen wäre.

»Ich will dich mal was fragen, Meyer. Wenn du ich wärst, wann hättest du ihn dann zum letzten Mal gesehen?«

Landsman parkt den Super Sport hinter dem Buick Roadmaster des Alten, ein schlammverkrustetes blaues Monstrum mit falschem Holz und einem Aufkleber, der auf Jiddisch und Englisch das WELTBERÜHMTE SIMONOW-MASSAKERFELD UND ORIGINAL TLINGIT-LANG-HAUS anpreist. Obgleich die Attraktion schon länger nicht mehr am Straßenrand existiert, ist der Sticker strahlend neu. Im Langhaus stapelt sich ein Dutzend Kartons voller Aufkleber.

»Gib mir einen Tipp«, sagt Landsman.

»Witze über Beschneidung.«

»Ah so.«

»Jeder einzelne je erzählte Witz über Beschneidung.«

»Ich wusste gar nicht, dass es so viele gibt«, sagt Landsman. »Da hast du ja was gelernt.«

»Komm«, sagt Berko und steigt aus dem Auto. »Bringen wir es hinter uns.«