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Während ich so als letzter von uns vieren dahintrottete, konnte ich ein Lächeln über die äußere Erscheinung meiner drei Gefährten nicht unterdrücken. War das der elegante Lord Roxton, der mir an jenem Abend inmitten seiner persischen Teppiche und Gemälde im gedämpften Licht seiner luxuriösen Wohnung im Albany gegenübergesessen hatte? Und war das der gebieterische Professor, der hinter dem großen Schreibtisch in seinem riesigen Arbeitszimmer in Enmore-Park gethront hatte? Und schließlich: War das die ehrwürdige Gestalt, die vor die Versammlung im Zoologischen Institut getreten war? Zu Hause in England hätte man lange suchen müssen, bis man drei ähnlich zerlumpte Landstreicher aufgetrieben hätte. Dabei befanden wir uns erst seit etwa einer Woche auf dem Plateau. Aber all unsere zusätzlichen Kleidungsstücke waren im Lager geblieben. Meine drei Freunde hatten ihre Hüte verloren und sich statt dessen Taschentücher um den Kopf gebunden. Ihre Kleidung hing in Fetzen herunter, und ihre unrasierten, verschmierten Gesichter waren kaum noch zu erkennen. Sowohl Summerlee als auch Challenger hinkten stark, und ich schleifte meine Füße nur mühsam über den Boden, immer noch von dem Schock am Morgen geschwächt. Mein Nacken fühlte sich von dem mörderischen Griff noch steif an wie ein Holzklotz. Wir waren wirklich ein trauriger Haufen. Es wunderte mich gar nicht, daß unsere indianischen Begleiter sich gelegentlich verwundert nach uns umblickten.

Am Spätnachmittag erreichten wir den See. Als wir aus dem Gebüsch hervortraten und die Wasserfläche vor uns liegen sahen, stießen die Indianer einen schrillen Freudenschrei aus und zeigten aufgeregt nach vorn. Dort bot sich uns ein wundervoller Anblick. Leicht über die glasige Oberfläche dahingleitend, kam eine ganze Flotte von Kanus geradewegs auf unser Ufer zu. Sie waren noch einige Meilen entfernt, kamen aber mit großer Geschwindigkeit näher, und bald konnten die Ruderer uns sehen. Sofort erhob sich bei ihnen ein lautes Freudengeheul. Sie standen von ihren Sitzen auf und schwangen Paddel und Speere. Dann machten sie sich wieder ans Werk, flogen über die Wasserfläche dahin, zogen ihre Boote auf den flachen Sand hinauf und liefen auf uns zu. Mit lauten Begrüßungsrufen warfen sie sich vor ihrem jungen Häuptling zu Boden. Ein älterer Mann mit einer Halskette, einem Armband aus funkelnden Perlen und einem schönen bernsteinfarbenen Fell über den Schultern ging auf den Jüngling zu und umarmte ihn. Er deutete auf uns und stellte ein paar Fragen, dann kam er würdevoll näher und umarmte der Reihe nach jeden von uns. Anschließend mußte sich auf seinen Befehl der ganze Stamm vor uns zu Boden werfen. Mir war diese sklavische Verehrung reichlich peinlich. Lord John und Summerlee schien es nicht anders zu gehen. Bloß Challenger blühte auf wie eine Blume im Sonnenschein.

»Sie mögen unterentwickelt sein«, sagte er, strich sich den Bart und blickte auf sie herab. »Aber ihr Benehmen gegenüber Höhergestellten könnte so manchem unserer Europäer als Beispiel dienen. Sonderbar, wie unfehlbar doch die Instinkte des Naturmenschen sind!«

Die Eingeborenen befanden sich offenbar auf Kriegspfad, denn jeder Mann war mit einem Speer - einem langen Bambusstab mit Knochenspitze -, Pfeil und Bogen und einer Art Keule oder Streitaxt bewaffnet. Die zornigen Blicke Richtung Wald und die häufige Wiederholung des Wortes Doda zeigten deutlich genug, daß sie losgezogen waren, um den Sohn des alten Häuptlings zu retten oder seinen Tod zu rächen.

Der Stamm hielt jetzt, in weitem Kreis hockend, Kriegsrat ab. Wir saßen in der Nähe auf einer Basaltplatte und sahen ihnen zu. Zwei oder drei Krieger sprachen. Schließlich hielt unser junger Freund eine zündende Ansprache mit derart lebhaftem Mienenspiel und beredten Gesten, daß wir alles so gut verstanden, als beherrschten wir seine Sprache.

»Was nützt es euch, umzukehren?« sagte er sinngemäß. »Früher oder später müssen wir doch den Kampf wagen. Eure Brüder sind ermordet worden. Was hilft es, daß ich diesmal heil zurückgekommen bin? Die anderen sind tot. Für keinen von uns gibt es Sicherheit. Jetzt sind wir versammelt und bereit zu kämpfen.« Er deutete auf uns. »Diese seltsamen Menschen sind unsere Freunde. Sie sind große Krieger und hassen die Affenmenschen genauso wie wir. Sie gebieten .« - hier zeigte er zum Himmel empor -»über Donner und Blitz. Wann haben wir noch einmal eine solche Gelegenheit? Wir wollen kämpfen und entweder sterben oder für alle Zeiten in Sicherheit leben. Wie könnten wir sonst unseren Frauen wieder unter die Augen treten, ohne uns schämen zu müssen?«

Die kleinen rothäutigen Krieger ließen sich kein Wort seiner Rede entgehen. Als er geendet hatte, brachen sie in stürmischen Beifall aus und schwangen ihre primitiven Waffen durch die Luft. Der alte Häuptling trat zu uns und fragte etwas, wobei er auf den Wald deutete. Lord John machte ihm ein Zeichen, daß er warten sollte, und wandte sich dann zu uns.

»Sie müssen jetzt selber entscheiden, was Sie machen«, sagte er. »Was mich betriffi, so möchte ich dringlichst mit diesem Affenpack abrechnen. Wenn wir es schaffen, sie auszurotten, brauchte darum niemand traurig zu sein. Ich ziehe mit diesen kleinen roten Kerlen mit und helfe ihnen aus dem Dreck. Und Sie, Malone?«

»Ich gehe auch mit.«

»Und Sie, Challenger?«

»Wie können Sie da fragen?«

»Und Sie, Summerlee?«

»Mir scheint, wir kommen immer weiter vom Zweck dieser Expedition ab, Lord John. Sie dürfen mir ruhig glauben, daß ich, als ich meinen Lehrstuhl in London verließ, dies kaum in der Absicht tat, an einem Überfall von Indianern auf eine Menschenaffensiedlung mitzuwirken.«

»So kann es einem im Leben gehen«, sagte Lord John lächelnd. »Aber so ist es nun einmal. Wie lautet Ihre Entscheidung?«

»Die Angelegenheit erscheint mir äußerst fragwürdig«, sagte Summerlee. »Aber da Sie alle mitgehen, sehe ich kaum eine Möglichkeit, allein zurückzubleiben.«

»Dann wäre das also geregelt«, sagte Lord John, drehte sich wieder zu dem alten Häuptling um, nickte und tippte auf den Lauf seines Gewehrs.

Der alte Mann drückte uns allen nacheinander die Hand, und seine Leute schrien lauter als zuvor. Für einen Auforuch am gleichen Abend war es zu spät geworden, und so schlugen die Indianer ein primitives Biwak auf. Auf allen Seiten begannen Lagerfeuer zu flackern und zu rau-chen. Einige Männer waren im Dschungel verschwunden und kamen zurück, ein junges Iguanodon vor sich hertreibend. Es hatte einen Asphaltfleck an der Schulter. Als wir einen der Eingeborenen mit Besitzermiene vortreten und seine Einwilligung zum Schlachten des Tieres geben sahen, begriffen wir, daß diese sich wie Rinderherden in Privatbesitz befanden und die schwarzen Flecke wie die bei uns üblichen Brandzeichen die Herdenzugehörigkeit und deren Besitzer kennzeichneten. Stumpfsinnig, mit großem Körper, aber winzigem Hirn, ließen sich diese Tiere sogar von einem Kind aufstöbern und treiben.

In wenigen Minuten war das Tier zerteilt, und große Fleischstücke brieten über einem Dutzend Lagerfeuer, zusammen mit großen, schillernden Fischen, die mit Speeren im See gefangen worden waren.

Summerlee hatte sich in den Sand gelegt und schlief. Wir anderen streiften am Ufer entlang, auf der Suche nach neuen Entdeckungen. Zweimal stießen wir auf Vertiefungen mit Lehm von der gleichen blauen Farbe wie im Sumpf der Pterodactylen. Es waren alte Vulkanschlote, und aus irgendeinem Grunde erregten sie Lord Johns größtes Interesse. Challenger wiederum wurde von einem brodelnden, gurgelnden Schlammgeysir angezogen, auf dessen Oberfläche irgend ein Gas große Blasen bildete. Er steckte ein hohles Schilfrohr hinein und schrie in kindlichem Entzücken auf, als er mit einem brennenden Streichholz am anderen Ende des Rohres einen Knall und eine blaue Stichflamme produzieren konnte. Noch erfreuter zeigte er sich, als es ihm gelang, einen Lederbeutel, den er über das Rohr gestülpt und mit Gas gefüllt hatte, in die Luft steigen zu lassen.