Und damit ging ich endgültig. Und wie allen Helden, denen das Herz gebrochen wird, brodelte in mir eine Mischung aus Zorn, Kummer und Heiterkeit, während ich in die Dunkelheit hinausstapfte.
Noch eine letzte kleine Szene, und ich bin fertig. Gestern waren wir in Lord Johns Appartement zum Abendessen eingeladen. Hinterher saßen wir in guter Kameradschaft rauchend beisammen und unterhielten uns über unsere Abenteuer. Es war sonderbar, diese alten vertrauten Gesichter in so veränderter Umgebung zu sehen. Da war Challenger mit seinem herablassenden Lächeln, dem unduldsamen Blick, den halb gesenkten Lidern, seinem angriffslustigen gesträubten Bart und seinem gewaltigen Brustkasten, der sich blähte und vorwölbte, während er Summerlee die Meinung sagte. Und Summerlee selbst saß da, die kurze Stummelpfeife zwischen dem dünnen Schnurrbart und dem grauen Ziegenbart, das faltige Gesicht im Eifer des Gefechts vorgebeugt, während er alles, was Challenger sagte, der Reihe nach bestritt. Und endlich war da unser Gastgeber mit seinem kantigen Adlergesicht und den kalten, gletscherblauen Augen, aus deren Tiefe Übermut und Humor schimmerten. Das ist das letzte gemeinsame Bild von ihnen, das sich meinem Gedächtnis eingeprägt hat.
Nach dem Abendessen in Lord Johns Allerheiligstem - dem Zimmer mit der rötlichen Beleuchtung und den unzähligen Trophäen - war es, daß Lord John uns noch etwas zu sagen hatte. Er hatte eine alte Zigarrenkiste aus dem Schrank geholt und vor sich auf den Tisch gestellt.
»Da wäre noch eine Sache«, sagte er, »die ich vielleicht schon früher hätte zur Sprache bringen sollen, aber ich wollte erst mal genau wissen, woran ich bin. Es hat schließlich keinen Zweck, unnötig Hoffnungen zu wecken, aus denen dann nichts wird. Aber jetzt haben wir es ja mit Tatsachen zu tun, nicht mit Hoffnungen. Erinnern Sie sich noch an den Tag, als wir die Pterodactylenkolonie im Sumpf entdeckten? Nun, an der Bodenbeschaffenheit dieses Platzes fiel mir etwas auf. Vielleicht ist es Ihnen entgangen. Es war ein vulkanischer Trichter mit blauem Ton.«
Die Professoren nickten zustimmend.
»Bisher habe ich nur an einer einzigen Stelle auf der ganzen Welt einen Krater mit blauem Ton gesehen. Das war bei der großen De-Beers-Diamantenmine in Kimberley. Ich habe den Gedanken an die Diamanten nicht mehr aus dem Kopf vertreiben können und mir deshalb diesen Apparat zusammengebastelt, der mir die stinkenden Biester vom Leibe hielt, und dort einen wunderschönen Tag mit der Hacke verbracht. Das hier habe ich gefunden.«
Er öffnete die Zigarrenkiste, kippte sie um und schüttete etwa vierzig bohnen- bis haselnußgroße, unansehnliche Steine auf den Tisch.
»Sie werden vielleicht sagen, ich hätte Ihnen gleich von meinem Fund erzählen müssen«, fuhr er fort. »Das mag richtig sein. Nur wußte ich, daß es für den Unerfahrenen eine Menge Täuschungsmöglichkeiten gibt und daß Steine so groß sein können, wie sie wollen, und trotzdem nicht viel wert sind, wenn Feuer und Konsistenz nicht stimmen. Darum steckte ich erst mal so ein paar ein. Am ersten Tag nach der Rückkehr habe ich einen Stein zu Spink gebracht und ihn gebeten, ihn etwas zu schleifen und zu taxieren.«
Er zog eine Schachtel aus der Tasche und öffnete den Deckel; ein funkelnder Diamant kam zum Vorschein, der schönste Stein, den ich je gesehen habe.
»Und das ist dabei herausgekommen«, sagte er. »Er schätzt diese Klunker hier auf mindestens zweihunderttausend Pfund, und die werden selbstverständlich brüderlich unter uns geteilt. Na, Professor Challenger, was machen Sie mit Ihren fünfzigtausend?«
»Wenn Sie tatsächlich auf Ihrem großzügigen Angebot bestehen«, sagte der Professor, »so würde ich mir einen langgehegten Traum erfüllen und ein privates Museum gründen.«
»Und Sie, Summerlee?«
»Ich würde auf der Stelle meine Vorlesungen aufgeben und mich ganz der endgültigen Klassifizierung von Kalkfossilien widmen.«
»Ich werde meinen Anteil dazu benutzen«, sagte Lord John Roxton, »eine ordentliche Expedition auszurüsten, um mir das liebe alte Plateau noch mal in aller Ruhe anzusehen. Und unser Mr. Malone wird seinen Anteil wahrscheinlich dazu benutzen, um in den heiligen Stand der Ehe treten zu können, habe ich recht?«
»Nein«, sagte ich mit einem etwas gequälten Lächeln. »Vorläufig noch nicht. Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich Sie gerne auf Ihrer nächsten Expedition begleiten.«
Lord Roxton sagte nichts, aber er streckte mir seine wettergebräunte Pranke über den Tisch entgegen.
- Ende -