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Es war Zeit zum Schlafengehen.

Morgen wäre die Zeit gekommen, meinen Plan durchzuführen.

10

»Hier seht ihr Klio, die freie Frau«, verkündete ich und riß das Laken von ihrem Körper.

Sie hockte auf allen vieren in dem Belagerungsgraben und sah auf.

Rauhes Gelächter erscholl.

Ich befestigte eine Leine an ihrem Hals.

»Sie hat bereits ihren Teil zu Cos’ Sieg dazugetragen«, lachte ein Mann.

»Aber bestimmt nicht aus freiem Willen«, ergänzte grinsend sein Kamerad.

»Du hast mich angeleint!« protestierte Klio und sah mich an.

Das rief weiteres Gelächter hervor.

»Zieh lieber den Kopf ein«, riet ein Mann.

»Das ist nicht mehr nötig«, sagte ein anderer. »Die schießen nur noch selten, wenn sie kein klares Ziel haben.«

»Wo bin ich?« fragte Klio.

»Du befindest dich zweihundert Meter vor den Toren von Ar-Station«, erklärte ich.

Sie erbebte. Das hier war der vorderste der cosischen Belagerungsgräben. Selbst die Eingänge zu den Minen, die nun mit Toren verschlossen und streng bewacht wurden, lagen hinter uns. Vor uns befanden sich nur noch die Vorstoßgräben, die streckenweise mit Holzplanken abgedeckt waren; sie führten bis zu den Stadtmauern. Sie dienten nicht nur dazu, die Mauern zu unterminieren, sondern boten den angreifenden Soldaten auch Schutz. Die Errichtung von Vorstoßgräben verlangt von den Belagerern weniger Arbeit, aber sie sind natürlich viel einfacher zu entdecken und auszuschalten als die Minen. Eine Mine muß nicht an der Mauer aufhören, sondern kann weit in die Stadt hineingetrieben werden, um im richtigen Augenblick ganze Kompanien in ihre Straßen zu entlassen. Die Mauermine endet für gewöhnlich unter der Stadtmauer, wo man sie durch Stützwerk aufrechterhält. Beim nächsten Angriff brennt man die Stützen einfach ab oder, was viel gefährlicher ist, schlägt sie mit Hämmern weg, was zum Einsturz der Mine und damit der Mauer führt. Angriff und Zusammenbruch der Mauer kann man ziemlich genau koordinieren, indem man die Zerstörung der Stützen und den Sturm durch dasselbe Signal auslöst.

»Wo ist Elene?« fragte Klio. Als wir Ephialtes am Morgen verließen, hatte ich Elene aus Tyros und Klio aus Telnus mitgenommen.

»Die habe ich etwa hundert Meter hinter uns verkauft«, sagte ich.

»Was!« rief Klio.

Elenes Schulden im Krummen Tarn hatten fünfunddreißig Kupfertarsk betragen, aber ich hatte sie für vierzig Kupfertarsk verkauft, ein bescheidener, beinahe unwiderstehlicher Preis, zumindest vor dem Fall der Stadt. Eine Kompanie hatte ihr Geld zusammengeworfen. Elene würde zuerst allen dienen, später würden sie dann um sie würfeln. Ich hatte den Soldaten den Eindruck vermittelt, als sei ich der Meinung, sie sei nicht soviel wert, außerdem hatte ich so getan, als brauchte ich dringend Geld. Tatsächlich hatte ich sogar einen Gewinn mit ihr gemacht, womit ich nicht einmal gerechnet hatte. In erster Linie sollte Elene mir bei meinem Plan helfen, und das war nun geschehen.

»Ja, ich habe sie verkauft«, sagte ich als Antwort auf Klios ungläubigen Blick. Die Soldaten lachten.

»Und bevor ich sie verkaufte, hat sie getanzt.«

»Nein, bitte!« rief Klio.

Während ich die ganze Zeit so getan hatte, als wolle ich einen guten Preis für Elene erzielen, war ich durch das Netz der Gräben immer näher auf die Mauer von Ar-Station zugerückt. Ein Graben zuvor hatte ich sie dann verkauft. Ein paar der Soldaten aus diesem Vorposten waren nach hinten gekommen, um zuzusehen. Es war überhaupt nicht schwierig gewesen. In meiner Tarnung als Söldner, der zwei Frauen zu verkaufen hatte, war es leicht, sich durch die Gräben zu bewegen. Ich war den Männern später durch einen Verbindungsgang zu dem Vorposten gefolgt.

»Hast du die Beste wirklich schon verkauft?« fragte ein Mann.

»Ich weiß es nicht, es kommt auf den Standpunkt an«, erwiderte ich. »Ich zum Beispiel würde sie auswählen.«

Klio sah mich ängstlich an.

»Ich glaube, das würde ich auch«, sagte einer der Männer.

»Sie ist eine wohlgeformte Schönheit.«

»Wir sollten auch die Beste bekommen, schließlich sind wir diejenigen, die an vorderster Front stehen.«

»Bleib du auf dem Posten«, sagte ein Soldat zu seinem Kameraden; die beiden standen auf einer niedrigen Holzplattform am vorderen Grabenrand.

»Mir gefiele sie auch«, erklärte ein anderer Soldat.

Klio sah sich um. Ich beobachtete, daß ihr die Blicke und die offene Bewunderung der Soldaten gefiel.

»Laß sie tanzen«, sagte ein Mann.

Ich zog an der Leine. Klio beachtete es nicht. »Hört mir zu«, wandte sie sich an die Männer. »Soldaten aus Cos, Krieger im Dienst der Wahrheit und Gerechtigkeit, Rächer von Verbrechen, Landsleute von der anderen Seite des Meeres, ich bin Lady Klio aus Telnus, aus Cos! Ich bin eine freie Frau! Ich bitte um euren Schutz! Rettet mich vor diesem Barbaren! Bekleidet und ehrt mich! Bringt mich in Würde in die Freiheit zurück!«

»Viele dieser Burschen hier kommen nicht aus Cos, sondern sind Söldner im Dienste von Cos«, sagte ich.

Klio blickte sich um. Auf den Gesichtern der meisten Männer sah sie nichts anderes als Belustigung.

»Ich komme aus Telnus«, sagte ein Soldat.

»Ich auch«, sagte sein Kamerad.

»Dann befreit mich!« rief sie. »Ich verlange es!«

Sie lächelten.

Diese Männer waren Frontkämpfer. Sie hatten Ausfälle abgewehrt, Angriffe anderer Kompanien unterstützt und selbst Angriffe unternommen; sie waren oft eingesetzt worden und hatten ihr Leben riskiert. Die Belagerung hatte sich lange hingezogen und war erbittert geführt worden. Diejenigen unter ihnen, die nicht aus Cos kamen, kämpften für ihren Sold und etwas Beute, vielleicht für eine Frau oder zwei – und für Gold; Appelle an ihre cosische Herkunft oder ihren Patriotismus konnten sie kaum rühren. Ihre Loyalität galt sicherlich weniger Cos als ihren Hauptleuten und ihren Kameraden. Einige von ihnen hätten wohl auch zu ihrem Wort, ihrem Soldateneid und ihrem Vertrag gestanden, vorausgesetzt, sie hätten begriffen, was sie da an den Rekrutierungstischen unterzeichneten. Und was die Männer aus Cos anging, die Bürger von Tyros und ihre Verbündeten, so waren sie mittlerweile abgestumpfte Veteranen – wenn sie es nicht schon zuvor gewesen waren –, Männer, die sich kaum von den Bitten schöner Frauen rühren lassen würden, die daran gewöhnt waren, solche Frauen in Ketten zu sehen.

»Warum bist du nicht in Telnus?« fragte jemand.

Verblüfft schwieg Klio.

»Sie lebte von Männern, sie folgte ihnen und nutzte sie aus«, sagte ich. »Sie war eine Zechprellerin. Ich habe ihre Rechnung bezahlt, und darum ist sie de facto in meinen Besitz übergegangen, im Rahmen der Freikaufgesetze.«

»Wo war das?« fragte ein Soldat.

»Im Süden, an der Vosk-Straße«, sagte ich. »Im Krum- men Tarn,«

»Die Herberge kenne ich!« sagte einer der Männer.

»Ich auch«, sagte ein anderer.

»Mich hat dort mal eine Frau ausgenommen«, sagte der erste Sprecher. »Ihre Auslösung hat mich drei Silbertarsk und Reisegeld gekostet, damit sie nach Cos zurückkam. Für meine ganzen Bemühungen habe ich nicht einmal einen Kuß bekommen; sie meinte, das würde unsere Beziehung in den Schmutz ziehen, sie auf eine körperliche Ebene erniedrigen. Sie hat mir von der Mietkutsche aus, die sie fortbrachte, mit den Auslösungspapieren, die ihre Freiheit garantierten, zugewinkt und mich ausgelacht. Ich war ein Narr. Seitdem habe ich oft davon geträumt, sie in meiner Gewalt zu haben. Ich würde es ihr zeigen. Ihr Name war Liomache.«

Das war interessant. Hätte ich das gewußt, hätte ich Liomache mitgebracht. Es war durchaus möglich, daß es sich bei der Liomache, die sich noch bei Ephialtes befand, und der Frau, von der der Soldat gesprochen hatte, um ein und dieselbe Frau handelte. Falls das stimmte, wäre sie zweifellos erfreut gewesen, ihre Bekanntschaft mit dem Soldaten zu erneuern. Er wäre mit Sicherheit begeistert gewesen.