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Ich hatte die hinteren Stützen der beiden Katapulte mit Holzkeilen erhöhen lassen, damit der Schußwinkel flacher wurde. Die rechteckigen großen Öffnungen, die von den heruntergelassenen Sturmbrücken enthüllt wurden, machten es möglich, auf kürzeste Entfernung zu treffen. Die Ladung des ersten Katapults bestand aus Tausenden kleiner Steinsplitter und Metallstücke, während wir das zweite Katapult mit einem großen Felsblock luden, der über eintausendfünfhundert Pfund wog und der von fünf Männern auf den Wehrgang gewälzt werden mußte.

Das erste Katapult feuerte seine kleinen Geschosse mitten in die erste Welle der Angreifer hinein und verwundete Männer, verbeulte Schilde und zerfetzte Uniformen. Das zweite Katapult schleuderte den Felsen zwischen die überraschten Soldaten, und hätten ihre zerschmetterten Körper seine Wucht nicht gedämpft, hätte er noch die Rückwand des Belagerungsturms durchschlagen. Die Verteidiger kletterten auf die beiden Brücken und trieben den Feind so weit zurück, daß der Nachschub auf den Leitern ins Stocken geriet. Vor einem anderen der elf Belagerungstürme hatten wir einen Treppenaufgang vergrößert indem wir Teile des Wehrganges einschlugen. Hier sprang der anstürmende Feind in eine Öffnung, die nun je zur Hälfte Fallgrube und Treppe war. Unten warteten Männer mit Äxten, die sich um jene kümmerten, die sich noch rühren konnten. Ein anderer Sturmangriff, den wir unmöglich hätten aufhalten können, raste mitten in eine Feuerwand. Wir hatten mit Pech getränkte Holzscheite genommen, die man nachts an Drähten und Ketten über die Mauer hängt, um herannahende Angreifer zu beleuchten, und sie ihnen bündelweise in den Weg gelegt. Vor einem der Türme kämpften Fischer vom Vosk, die zufällig in der Stadt gewesen waren, als die Cosianer den Belagerungsring geschlossen und alle eingesperrt hatten, neben diesen schlugen sich Jäger aus dem Landesinneren, die wohl ein ähnliches Schicksal getroffen hatte. Die Fischer hatten ein Netz dabei, zweifellos aus ihrem kleinen Boot. Ein Netz kann im Kampf von großem Nutzen sein. Es kann Männer auf den Sturmleitern abwehren. Man kann damit Korridore absperren. Man kann mit Piken durchstechen oder Pfeile zwischen den Maschen abfeuern. Im Feld kann es als Grundlage für die Tarnung dienen, mit der man Stellungen vor den Augen der Tarnsmänner verbergen will. Als man mich um die Erlaubnis bat, es einsetzen zu dürfen, willigte ich sofort ein, erfreut, die unerwartete und willkommene Hilfe eines Netzes zu haben. Netze werden natürlich auch auf See eingesetzt, um Entermannschaften abzuwehren. An beiden Zugbrücken wurden die Angriffe von den funkelnden Spitzen eines Pikenwalls aufgehalten, wobei je zwei Männer eine Pike hielten. An der Zugbrücke der Fischer wurde das Netz geworfen, aber man hatte die Gewichte ausgetauscht. Statt Steinen baumelten an den Enden nun Holzklötze, die man, sobald sich jemand darin verfangen hatte, über die Brustwehr stieß.

An der Brücke der Jäger warf man Tarndrahtschlingen über die Angreifer; wenn der Gegner versuchte, sich von ihnen zu befreien, stellte er zu seinem Entsetzen fest, daß man sie zusammenzog und er in die Tiefe gerissen wurde. Jäger benutzen solche Schlingen bei ihrer Arbeit, und sie wissen, wie man sie mit Gewichten versehen muß.

Durch den Erfolg der improvisierten Waffen der Jäger und der Fischer geriet der Vorstoß an beiden Belagerungstürmen ins Stocken, was den Verteidigern ermöglichte, deren Platz auf der schwankenden Brücke zu übernehmen, wo sie schon Augenblicke später den Durchgang zum Turminneren erkämpft hatten. Vor dem letzten Turm hatte man einfach einen der fast unsichtbaren Tarndrähte in Halshöhe zwischen zwei Pfosten gespannt. Normalerweise faßt man solchen Draht nur mit Handschuhen an. Er kann bis auf den Knochen schneiden. Er kann einem Tarn den Flügel kosten, Ich glaube nicht, daß die ersten Soldaten, die auf die Brustwehr zustürmten, ihn überhaupt bemerkten. Ihre zerschnittenen Körper waren ein Hindernis für die nachfolgenden Männer. Von allen Seiten stachen nun Piken auf die Brücke ein, die ein Stück in die Zitadelle hineinragte. Während sich dies alles abspielte, flogen Hunderte von Wurfhaken über die Brustwehr, und die daran befestigten Seile ächzten unter der Last der mit aller Kraft nach oben kletternden Soldaten, während Hunderte von Leitern an die Mauer gelehnt wurden. Die Männer aus Ar-Station eilten den Wehrgang entlang und durchschnitten so viele Seile wie nur möglich, und wo sie konnten, stießen sie die Leitern mit den langen Dreizacken zurück. Sie gossen siedendes Öl auf die nach oben kletternden Cosianer. Brennende Soldaten sprangen von Leitern und Seilen. Aber trotzdem schafften es viele über die Mauer.

»Wir können sie nicht aufhalten!« rief ein Soldat aus Ar-Station.

Verstärkung kam die Treppen hinaufgelaufen. Auf dem Wehrgang wimmelte es nur so von Männern.

Die Verteidiger hatten in zwei Türmen die oberste Plattform erobert und gossen nun brennendes Öl in die Schächte. Auf zwei anderen schlugen Männer mit Äxten auf die Zugbrücken ein, um sie abzutrennen.

Ich sah, wie Armbrustbolzen auf kurze Entfernung abgefeuert wurden.

Klingen trafen aufeinander.

Ein Cosianer krümmte sich zusammen und stürzte von der Mauer.

Ich sah, wie einer unserer Leute von einer Klinge durchbohrt wurde, auf ein Knie sackte und über den Rand des Wehrgangs in den Innenhof fiel.

Ich sah, wie ein Verteidiger mit einer Fackel in der Hand aus einem Turm lief. Aus der Öffnung hinter ihm quoll Rauch. Belagerungsgeräte lassen sich leichter von innen anzünden als von außen. Andere Soldaten trugen brennende Holzscheite und mit Pech beschmierte Piken in einen Turm, der bereits in Flammen stand.

An einer anderen Stelle sprangen Männer zurück auf den Wehrgang, während hinter ihnen die durchtrennte Brücke zu Boden stürzte.

Schwitzende Cosianer, deren Augen hinter den Helmschlitzen einen wilden Ausdruck trugen, ließen die Seile und Leitern hinter sich und kämpften sich den Weg frei.

Eine der Katapultbesatzungen hatte ihr Geschütz mit einem weiteren großen Stein geladen. Mit gekrümmten Rücken drehten sie die Kurbel an der Winde, um den Wurfarm zu spannen. Einer von ihnen sackte über der Kurbel zusammen, einen Armbrustbolzen im Rücken. Dann wurde plötzlich der Riegel gelöst, und der mächige Wurfarm schleuderte vorwärts; der Stein krachte gegen einen Belagerungsturm; er wurde ein Stück herumgerissen und schwankte einen Augenblick lang, aber er fiel nicht. Doch die Zugbrücke ragte nun nur noch ins Leere.

Am linken Ende der Mauer beobachtete ich, wie immer mehr Cosianer aus ihrem Turm strömten. Der Tarndraht hielt sie nicht mehr auf. Sie überwanden das Hindernis buchstäblich auf den Rücken ihrer gefallenen Kameraden, so wie man eine Furt auf ein paar Steinen überquert. Ich schickte die kleine Reserve los, die ich hatte, um diesen Teil des Wehrgangs abzuriegeln. Da der Gang recht schmal war, hoffte ich, daß zwanzig Mann ihn gegen eintausend halten konnten, da von den Tausend immer nur zwanzig an der Spitze kämpfen konnten. Aber die Tausend waren gut genährt und stark, es waren richtige Soldaten, keine zusammengewürfelte Gruppe halb verhungerter Angehöriger der verschiedensten Kasten, von denen nicht mal einer von zehn der Kriegerkaste angehörte und kaum einer von fünf an den Waffen ausgebildet worden war.

Ich hatte meinen Befehlsstand über dem Haupttor aufgeschlagen, auf der erhöhten Plattform, auf der sich der Spieß in den Himmel erhob und die Flagge von Ar-Station noch immer trotzig im Wind flatterte. Es war ein guter Ort für einen Befehlsstand. Hier war die Mitte der Zitadellenmauer. Hier hätte ich Aemilianus erwartet.