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Calliodorus lächelte. »Zehn aus Port Cos«, sagte er. »Aber als wir den Fluß hinaufsegelten, stießen hier und da ein paar Schiffe zu uns, die ihre Herkunft nicht enthüllen wollten.«

»Unbekannte Schiffe?« Jetzt lächelte auch Aemilianus. »Die von hier und da kamen?«

»Genau«, erwiderte Calliodorus, dessen Lächeln breiter wurde. »Wir haben ihre Heimathäfen nie erfahren.«

»Wie viele sind es?«

»Fünfzehn.«

»Diese Schiffe stehen nicht zufällig unter dem Kommando eines gewissen Jason, der aus Victoria stammt?«

»Man kann von mir nicht erwarten, daß ich über solche Dinge Bescheid weiß«, sagte Calliodorus.

»Die Voskliga sei gepriesen!« sagte ein Soldat.

»Sie sei gepriesen!« flüsterte Caledonius.

»Jedem einzelnen hier muß klar sein«, sagte Calliodorus lächelnd und schob seine Hälfte des Topas wieder in den Beutel, »daß die Voskliga, die auf dem Fluß eine neutrale Macht darstellt und lediglich dafür da ist, auf dem Fluß für Recht und Ordnung zu sorgen, auf keinen Fall in diese Operation verwickelt ist.«

»Die Voskliga sei gepriesen«, murmelte mehr als nur ein Bürger Ar-Stations.

Ich löste mich aus der Menge um Aemilianus und begab mich an den Rand des Piers. Insgesamt zählte ich fünfundzwanzig Schiffe. Zehn davon hatten die blaue Flagge gehißt, die ich für die Flagge von Cos gehalten hatte. An den Flaggentauen der anderen fünfzehn Schiffe waren keine Farben zu sehen, soweit ich das erkennen konnte. Als ich den Pier entlangging, fiel mir auf, daß bei einigen Schiffen die Stellen an Bug oder Heck, an denen sonst die Namen standen, mit Segeltuch verhüllt waren.

Auf dem Rückweg blieb ich vor dem Schiff stehen, das neben der Tais festgemacht war. Es war die zweite Galeere, die in den Hafen eingedrungen war und das cosische Schiff gerammt hatte.

»Du fragst dich sicher, wo das Schiff herkommt«, sprach mich ein Bürger aus Ar-Station an.

»Allerdings, ich bin neugierig.«

»Das ist die Tina aus Victoria«, sagte er. »Ich habe sie oft genug auf Patrouillenfahrt gesehen.«

»Das ist interessant«, sagte ich. In Victoria befand sich das Hauptquartier der Voskliga.

»Das weißt du natürlich nicht von mir.«

»Ich verstehe«, sagte ich.

In der Nähe des Bugs stand ein dunkelhaariger Mann. Seine Haltung verströmte natürliche Autorität, aber er trug weder Uniform noch Rangabzeichen. Seine Männer wußten auch so, wer er war, und andere hatte es nicht zu interessieren. Er bemerkte uns. Am Bug, ein Stück oberhalb unserer Position, hing ein Stück Segeltuch, das den Namen verbarg.

»Tal«, sagte er.

»Tal«, erwiderte ich. »Wenn ich dieses Tuch entfernte, würde ich dann den Namen Tina lesen?«

Der Seemann warf dem Mann neben mir einen scharfen Blick zu. Anscheinend kannte er ihn von irgendwoher. Zumindest hatte der Bürger kein Problem gehabt, das Schiff zu identifizieren. »Vitruvius?« fragte er.

»Man kann ihm vertrauen«, sagte der Bürger aus Ar-Station. Dieses Vertrauen hatte ich mir wohl auf der Brustwehr, vor dem Tor und auf der Brücke verdient.

»Tu, was du willst«, sagte der Seemann.

Ich hob das Segeltuch ein Stück an und ließ es wieder zurückfallen. Der in archaischen Buchstaben geschriebene Name lautete Tina.

»Also ist dein Schiff tatsächlich die Tina«, sagte ich.

Er lächelte. »Es gibt zweifellos viele Schiffe mit diesem Namen.«

»Und wo ist sein Heimathafen?« fragte ich.

»Westlich von hier«, sagte er grinsend.

»Victoria?«

»Oder in Fina, oder sonstwo.«

»Diese Flotte, die überraschenderweise keine Flagge zeigt, gehört doch nicht der Voskliga, oder?«

Er schüttelte den Kopf. »Wir sind eine unschuldige Handelsflotte.«

»Im Hafen wurde ein cosisches Schiff zerstört«, sagte ich. »Ein anderes wurde schwer beschädigt.«

»Ja«, sagte er. »Es hat den Anschein, als hätte es im Hafen zwei bedauerliche Unfälle gegeben.«

»Du nimmst Frauen und Kinder an Bord.«

»Passagiere.«

»Manche Leute könnten auf die Idee kommen, daß diese Galeeren der Voskliga gehören«, sagte ich.

»Was glaubst du, Vitruvius?« fragte der Seemann und lehnte sich auf die Reling.

»Ich kann mir nicht vorstellen, daß diese Schiffe der Voskliga gehören«, sagte Vitruvius. »Wie allseits bekannt ist, ist die Liga neutral. Findest du es nicht auch unwahrscheinlich?«

»Ziemlich unwahrscheinlich.«

»Wie heißt du?« fragte ich den Seemann.

»Und wie heißt du?«

»Tarl.«

»Ein weitverbreiteter Name.«

»Ja«, erwiderte ich. »Vor allem im Norden.«

»Ich habe auch einen weitverbreiteten Namen, vor allen Dingen im Westen, am Fluß.«

»Und wie lautet er nun?«

»Jason.«

»Und aus welcher Stadt kommst du?«

»Aus derselben Stadt, die auch der Heimathafen dieses Schiffes ist.«

»Westlich von hier?«

»Ja.«

»Victoria?«

»Oder Fina oder dergleichen.«

Ich nickte. »Ich wünsche dir alles Gute.«

»Ich wünsche dir alles Gute.«

Jetzt gingen die ersten Männer an Bord des Schiffes. Ich drehte mich um und sah zum Flaggschiff. Aemilianus wurde gerade an Bord getragen. Über unseren Köpfen flogen einige Tarnsmänner, aber keiner schoß.

Ich sah zu, wie die Bewohner von Ar-Station auf die Schiffe verladen wurden. In der Menge entdeckte ich auch Lady Claudia, ihr waren nun die Hände auf den Rücken gefesselt. Vermutlich hatte sie jemand erkannt, vielleicht sogar der verwundete Marsias. Hinter ihr brachte man die Sklavin Publia ebenfalls an Bord des Flaggschiffs.

Die bereits an Bord befindlichen Frauen und Kinder erhielten bereits Schiffsrationen. Fünf Galeeren hatten schwer mit Passagieren beladen abgelegt und sie zu den Schiffen gebracht, die vor der Hafeneinfahrt ankerten. Die letzte Ladung behielten sie an Bord und gingen dann ebenfalls vor Anker. Auch die Tina und die Tais hatten Passagiere aufgenommen, waren aber die ganze Zeit an ihren Anlegeplätzen vertäut geblieben. Überall drängten sich die Bewohner von Ar-Station. Ich bezweifelte, daß kein Schiff weniger als hundert Passagiere beförderte.

Dabei darf man nicht vergessen, daß es sich hier um Flußgaleeren handelte, die schmaler als die Galeeren waren, die das Thassa berühren. Die Flußgaleeren führen auch niedrigere Mäste als die Thassagaleeren, sie haben in der Regel auch nur einen Mast und führen nicht die verschiedenen Segel mit, die auf den Meergaleeren je nach Windstärke angeschlagen werden. Sie weisen selten mehr als zwanzig Ruderer pro Seite auf.

Jetzt lagen noch fünfzehn Schiffe an der Pier, die überwiegend aus Port Cos stammten und bis auf die Besatzungen leer waren. Auf dem Heckkastell der Tais erscholl ein Kriegshorn. Es war das Signal zum Rückzug. Die zahllosen Soldaten und bewaffneten Ruderer, die den Pier zur Landseite hin beschützt hatten, zogen sich in Reih und Glied auf die Schiffe zurück.

Auf einigen hatten die Ruderer kaum noch genug Platz, um die Ruder einzulegen. Die Rammsporne befanden sich fast einen halben Meter unter Wasser. Matrosen lösten die Taue und begaben sich dann an Deck. Einige der Schiffe wurden mit den traditionellen drei Stangen von den Landungsstegen abgestoßen. Darunter auch die Tina.

Ich blickte in den Hafen hinaus.

Einige der Schiffe holten die Anker ein, einen am Bug und einen am Heck, und drehten, bis die riesigen, aufgemalten Augen nach Norden auf den mächtigen Fluß hinausblickten. Fast alle goreanischen Schiffe weisen diese Augen auf. Wie, fragen die Seeleute, sollen sie sonst den Weg finden? Für den goreanischen Seemann und viele andere, die die See kennen, fürchten und lieben, ist ein Schiff mehr als eine von Ingenieuren entworfene Konstruktion aus Holz und Eisen. Es ist mehr als die Summe des Tauwerks und der Blöcke, der Bohlen und der Planken, dem Segeltuch und der Farbe. Es hat etwas Undefinierbares, Kostbares, ein Mysterium, das weit über das hinausgeht, was man mit den Augen sehen kann, ein natürliches, wunderbares Geheimnis, wie das von Liebenden und Freunden. Obwohl ich nur selten Zeuge wurde, wie goreanische Seeleute dies in Worte faßten, vor allem in Anwesenheit von Landbewohnern, scheinen doch viele von ihnen zu glauben, daß ihr Schiff lebendig ist. Dieses Leben nimmt seinen Anfang in dem Moment, in dem die Augen aufgemalt werden. Wenn es sehen kann, fängt es auch an zu leben. Zugegeben, man könnte das als Aberglauben bezeichnen, andererseits könnte man es auch Liebe nennen.