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»Kapitän Calliodorus nimmt diese Berichte ernst?« fragte Surilius.

»Ja. Da Ar-Station von Ar im Stich gelassen wurde, hatte er, wie ich auch, damit gerechnet, daß man die Geschehnisse so deuten würde.«

»Anscheinend sind die Spione aus Cos sehr tüchtig«, meinte Marsias.

»Wie Calliodorus mir berichtete, wird behauptet, daß ein morgendliches Flüstern in Ar am Abend in Telnus gehört wird.«

Wir hatten den Hafen fast erreicht. Uns umgab eine ganze Wolkenbank weißer Segel, von so vielen Schiffen wurden wir umringt.

»Da ist noch mehr«, fuhr Aemilianus bitter fort. »Die Bürger von Ar-Station und diejenigen, die sie zum Verrat angestiftet haben, sind öffentlich in Ungnade gefallen, was wenig überraschend ist, bedenkt man die verfälschte und verzerrte Darstellung unserer Handlungen.«

Wütende Aufschreie ertönten. Hände schlossen sich um Schwertgriffe.

»War das der Inhalt der Botschaften, Kommandant?« fragte ein Offizier.

»Das müßte dir reichen. Den Rest willst du sicher nicht wissen«, sagte Aemilianus grimmig.

»Kommandant!« protestierte der Mann.

»Der Heimstein ist in Ar eingetroffen.«

»Das ist gut«, jubelte Caledonius.

»Es wäre besser, es wäre nie geschehen«, sagte Aemilianus.

»Aber Kommandant!«

»Er wird auf der Straße des Zentralzylinders in dessen Nähe unter Bewachung gehalten«, sagte er. »Dort ist er aufgebaut, damit die Bürger von Ar und alle, die es sonst wollen, daran vorbeigehen und darauf spucken können.«

»Vergeltung!« schrie Marcus.

»Und wir alle wurden zu Renegaten erklärt!«

»Vergeltung!« schluchzte Marcus, der junge Krieger. Er hatte das Schwert gezogen.

»Vergeltung!« rief Marsias.

»Vergeltung!« riefen andere. Wutschreie erschollen, Schwerter wurden gezogen.

»Meine lieben Freunde, steckt die Schwerter weg«, sagte Aemilianus. »Laßt uns jetzt an diesem Feiertag, der zum Tag des Topas erklärt werden soll, alle Gedanken an Wut und Blut beiseite legen. Beeilt euch lieber, eure Gewänder vom Staub zu befreien, und zaubert ein Lächeln auf eure Gesichter. Ich bitte euch, zeigt heute nur freudige Mienen. Laßt uns diesen Tag Port Cos zur Ehre gereichen, unseren Brüdern am Fluß, laßt uns mit ihnen unsere Rettung feiern. Sie haben unsere Dankbarkeit verdient. Ihr werdet sicher begreifen, daß die Treue, mit der Port Cos den Schwur des Topas erfüllt hat, die Stadt in der Zukunft noch teuer zu stehen kommen wird.«

»Die Bürger von Port Cos haben sich als bessere Freunde erwiesen als die Menschen Ars«, sagte Marsias.

»Vielleicht ist der Fluß unsere Heimat«, murmelte Caledonius.

»Vielleicht«, schlossen sich Männer seiner Meinung an.

Von den Landungsstegen von Port Cos kam Musik. Als der Bug herumschwenkte, um in die Einfahrt zu fahren, sahen wir, daß sich Menschenmengen in Festtagsgewändern drängelten. Es schien, als seinen dort alle Kastenfarben Gors vertreten.

»Meine verehrten Freunde«, sagte Aemilianus. »Bereitet euch darauf vor, von unseren Freunden aus Port Cos empfangen zu werden.«

Schwerter wurden in die Scheiden geschoben.

Die meisten der Männer zogen sich vom Vorderdeck zurück. Surilius, der junge Krieger Marcus und ein paar andere blieben. Ich ebenfalls.

Ich wandte mich an Aemilianus. »Bestimmt wird Ar wegen des Verlustes von Ar-Station, seinem Stolz am Vosk, nach Vergeltung verlangen.«

»So scheint im nördlichen Heerlager die Stimmung zu sein«, erwiderte er.

»Das weißt du auch aus den Botschaften?« fragte ich.

»Ja.«

»Das Heer von Ar sollte noch vor dem Frühling so schnell wie möglich nach Süden marschieren, um dort das cosische Expeditionsheer anzugreifen. Ohne Dietrich von Tarnburgs Sieg in Torcodino stünde es schon lange vor Ars Toren.«

»Aber das wird es nicht tun, oder?« fragte Aemilianus.

»Das muß es tun«, sagte ich.

»Allem Anschein nach wollen sie das cosische Belagerungsheer im Norden vernichten«, sagte Aemilianus.

»Das dürfte ihnen nicht schwerfallen«, sagte Marcus bitter. »Obwohl uns die Cosianer zehn zu eins überlegen waren, hätten sie gegen ein Heer, das, so wie ich es verstanden habe, Ars gesamte Streitmacht darstellt, keine Chance.«

»Trotzdem hätten sie es bestimmt nicht so leicht, wie sie glauben«, meinte Aemilianus. »Sie gehen davon aus, daß das Heer vor Ar-Station im Winterlager liegt. Sie wissen nicht, daß es kampferprobt und seit Monaten im Feld ist.«

»Aber wenn du der cosische Befehlshaber im Norden wärst«, sagte ich, »dann würdest du es doch nach Möglichkeit vermeiden, das Heer von Ar anzugreifen.«

»Das ist wahr«, sagte Aemilianus.

»Er wird aber keine Wahl haben«, sagte Marcus. »Ars Heer steht zwischen Ar-Station und Brundisium. Außerdem verhindert es den Rückzug nach Torcodino.«

Aemilianus nickte nachdenklich. »So sieht es zumindest aus.«

»Es dürfte den Cosianern kaum gelingen, den Fluß nach Norden zu überqueren«, fuhr Marcus fort. »Und selbst wenn es ihnen gelingt, könnte man ihnen folgen. Davon abgesehen ist es unwahrscheinlich, daß sich die Cosianer auf das Gebiet der Salerianischen Konföderation zurückziehen, denn diese will keinen Krieg mit Ar riskieren. Und sollten sie versuchen, mit Gewalt dort einzudringen, ständen sie zwischen den Salerianern und Ar. Das Schicksal der Cosianer im Norden steht jetzt schon fest.«

»Mein eifriger junger Freund«, sagte Aemilianus. »Im Krieg steht nur selten etwas von vornherein fest.«

»Mit allem nötigen Respekt, Kommandant, Ars Standort im Norden ist bestens geeignet, um das Belagerungsheer zu vernichten.«

»Aber sie müßten zuerst angreifen.«

»Es ist ein Heer«, sagte Marcus, »keine zehn Mann, die in der Nacht marschieren.«

»Cos beherrscht den Himmel.«

»Und wenn schon«, protestierte Marcus.

»Es würde mich nicht überraschen, wenn das Heer an den Soldaten von Ar vorbeischlüpft«, sagte Aemilianus leise.

»Zwischen dem Winterlager und dem Südufer des Vosk«, meinte ich.

»Genau«, sagte Aemilianus grimmig.

»Das ist lächerlich«, sagte Marcus. »Sie säßen am Fluß fest. Es wäre ein Massaker.«

»Aber nur, wenn man sie stellt«, wandte Aemilianus ein.

Marcus schüttelte den Kopf. »Kein verantwortungsvoller Befehlshaber würde eine solche Route wählen.«

»Es sei denn, er wüßte etwas, das du nicht weißt.«

»Die Vorstellung ist absurd.«

»So absurd wie die Vorstellung, daß Ar im Winterlager Latrinen gräbt, während die Mauern von Ar-Station fallen?«

»Aber Ar könnte über die Bewegungen des Heeres unterrichtet werden, um sich rechtzeitig zwischen die feindlichen Truppen und ihre Basis in Brundisium zu setzen«, sagte Marcus nachdenklich. »Warum also sollten die Cosianer nach Westen marschieren?«

»Was liegt im Westen des Vosk?« fragte Aemilianus.

»Ven, am Südufer«, sagte Marcus. Turmus, die letzte große Stadt im Westen des Vosk, befand sich am Nordufer.

»Und was liegt jenseits von Ven?«

»Das Delta.«

»Genau«, sagte Aemilianus.

»Ich glaube nicht, daß ich das alles verstehe«, sagte Marcus langsam.

»Ich denke, es geht mir genauso«, sagte Aemilianus. »Aber ich habe schreckliche Angst.«

»Im Herbst habe ich in Torcodino mit Dietrich von Tarnburg gesprochen«, sagte ich. »Er hatte ähnliche Befürchtungen.«

»Ich begreife das alles nicht«, sagte Marcus.

»Du bist noch unerfahren in Kriegsdingen«, sagte Aemilianus. »Der Krieg ist mehr als wehende Helmbüsche und Sonne, die sich auf versilberten Schilden spiegelt.«

»Wenn Ar in Gefahr ist, muß es gewarnt werden!«

»Von Renegaten?«

Marcus starrte ihn nichtbegreifend an.

»Ich, du, wir alle sind zu Renegaten erklärt worden«, sagte der Kommandant.

»Sollte Ar nicht gewarnt werden?«