Выбрать главу

Verrina (in Begeisterung). Spritz zu, eisgrauer Vater!-Zuckst du, Tyrann?-Wie so bleich steht ihr Kloetze Roemer-ihm nach, Roemer-das Schlachtmesser blinkt-Mir nach, Kloetze Genueser-Nieder mit Doria! Nieder! nieder! (Er haut gegen das Gemaelde.)

Fiesco (laechelnd zum Maler.) Fordern Sie mehr Beifall? Ihre Kunst macht diesen alten Mann zum bartlosen Traeumer.

Verrina (erschoepft). Wo bin ich? Wo sind sie hingekommen? Weg, wie Blasen? Du hier, Fiesco? Der Tyrann lebt noch, Fiesco?

Fiesco. Siehst du? Ueber vielem Sehen hast du die Augen vergessen. Diesen Roemerkopf findest du bewundernswerth? Weg mit ihm! Hier das Maedchen blick' an! Dieser Ausdruck, wie weich, wie weiblich! Welche Anmuth auch aus den welkenden Lippen? Welche Wollust im verloeschenden Blick?-Unnachahmlich! goettlich, Romano!-Und noch die weisse, blendende Brust, wie angenehm noch von des Athems letzten Wellen gehoben! Mehr solche Nymphen, Romano, so will ich vor Ihren Phantasieen knieen und der Natur einen Scheidebrief schreiben.

Bourgognino. Verrina, ist das deine gehoffte herrliche Wirkung?

Verrina. Fasse Muth, Sohn. Gott verwarf den Arm des Fiesco, er muss auf den unsrigen rechnen.

Fiesco (zum Maler). Ja, es ist Ihre letzte Arbeit, Romano. Ihr Markt ist erschoepft. Sie ruehren keinen Pinsel mehr an. Doch ueber des Kuenstlers Bewunderung vergess' ich das Werk zu verschlingen. Ich koennte hier stehen und hingaffen und ein Erdbeben ueberhoeren. Nehmen Sie Ihr Gemaelde weg. Sollt' ich Ihnen diesen Virginiakopf bezahlen, muesst' ich Genua in Versatz geben. Nehmen Sie weg.

Romano. Mit Ehre bezahlt sich der Kuenstler. Ich schenke es Ihnen. (Er will hinaus.)

Fiesco. Eine kleine Geduld, Romano. (Er geht mit majestaetischem Schritt im Zimmer und scheint ueber etwas Grosses zu denken. Zuweilen betrachtet er die Andern fliegend und scharf, endlich nimmt er den Maler bei der Hand, fuehrt ihn vor das Gemaelde.) Tritt her, Maler! (Aeusserst stolz und mit Wuerde.) So trotzig stehst du da, weil du Leben auf todten Tuechern heuchelst und grosse Thaten mit kleinem Aufwand verewigst. Du prahlst mit Poetenhitze, der Phantasie marklosem Marionettenspiel, ohne Herz, ohne thatenerwaermende Kraft; stuerzest Tyrannen auf Leinwand;-bist selbst ein elender Sklave? Machst Republiken mit einem Pinsel frei;-kannst deine eignen Ketten nicht brechen? (Voll und befehlend.) Geh! Deine Arbeit ist Gaukelwerk-der Schein weiche der That-(Mit Groesse, indem er das Tableau umwirft.) Ich habe gethan, was du-nur maltest. (Alle erschuettert. Romano traegt sein Tableau mit Bestuerzung fort.)

Achtzehnter Auftritt

Fiesco. Verrina. Bourgognino. Sacco. Calcagno.

Fiesco (unterbricht eine Pause des Erstaunens). Dachtet ihr, der Loewe schliefe, weil er nicht bruellte? Waret ihr eitel genug, euch zu ueberreden, dass ihr die Einzigen waeret, die Genuas Ketten fuehlten? die Einzigen, die sie zu zerreissen wuenschten? Eh ihr sie nur fern rasseln hoertet, hatte sie schon Fiesco zerbrochen. (Er oeffnet die Schatulle, nimmt ein Paket Briefe heraus, die er alle ueber die Tafel spreitet.) Hier Soldaten von Parma-hier franzoesisches Geld-hier vier Galeeren vom Papst. Was fehlt noch, einen Tyrannen in seinem Nest aufzujagen? Was wisst ihr noch zu erinnern? (Da sie alle erstarrt schweigen, tritt er von der Tafel mit Selbstgefuehl.) Republikaner, ihr seid geschickter, Tyrannen zu verfluchen, als sie in die Luft zu sprengen. (Alle, ausser Verrina, werfen sich sprachlos Fiesco zu Fuessen.)

Verrina. Fiesco!-Mein Geist neigt sich vor dem deinigen-mein Knie kann es nicht-Du bist ein grosser Mensch!-aber-Steht auf, Genueser.

Fiesco. Ganz Genua aergerte sich an dem Weichling Fiesco. Ganz Genua fluchte ueber den verbuhlten Schurken Fiesco. Genueser! Genueser! Meine Buhlerei hat den arglistigen Despoten betrogen, meine Tollheit hat eurem Fuerwitz meine gefaehrliche Weisheit verhuellt. In den Windeln der Ueppigkeit lag das erstaunliche Werk der Verschwoerung gewickelt. Genug. Genua kennt ich in euch. Mein ungeheuerster Wunsch ist befriedigt.

Bourgognino (wirft sich unmuthig in einen Sessel). Bin ich denn gar nichts mehr?

Fiesco. Aber lasst uns schleunig von Gedanken zu Thaten gehn. Alle Maschinen sind gerichtet. Ich kann die Stadt von Land und Wasser bestuermen. Rom, Frankreich und Parma bedecken mich. Der Adel ist schwierig. Des Poebels Herzen sind mein. Die Tyrannen hab' ich in Schlummer gesungen. Die Republik ist zu einem Umgusse zeitig. Mit dem Glueck sind wir fertig. Nichts fehlt-Aber Verrina ist nachdenkend?

Bourgognino. Geduld. Ich hab' ein Woertchen, das ihn rascher aufschrecken soll, als des juengsten Tages Posaunenruf. (Er tritt zu Verrina, ruft ihm bedeutend zu.) Vater, wach' auf! Deine Bertha verzweifelt.

Verrina. Wer sprach das?-Zum Werk, Genueser!

Fiesco. Ueberlegt den Entwurf zur Vollstreckung. Ueber dem ernsten Gespraech hat uns die Nacht ueberrascht. Genua liegt schlafen. Der Tyrann faellt erschoepft von den Suenden des Tages nieder. Wachet fuer beide!

Bourgognino. Eh wir scheiden, lasst uns den heldenmuethigen Bund durch eine Umarmung beschwoeren. (Sie schliessen mit verschraenkten Armen einen Kreis.) Hier wachsen Genuas fuenf groesste Herzen zusammen, Genuas groesstes Loos zu entscheiden. (Druecken sich inniger.) Wenn der Welten Bau auseinander faellt und der Spruch des Gerichts auch die Bande des Bluts, auch der Liebe zerschneidet, bleibt dieses fuenffache Heldenblatt ganz! (Treten auseinander.)

Verrina. Wann versammeln wir uns wieder?

Fiesco. Morgen Mittag will ich eure Meinungen sammeln.

Verrina. Morgen Mittag denn. Gute Nacht, Fiesco! Bourgognino, komm! Du wirst etwas Seltsames hoeren. (Beide ab.)

Fiesco (zu den Andern). Geht ihr zu den Hinterthoren hinaus, dass Dorias Spionen nichts merken. (Alle entfernen sich.)

Neunzehnter Auftritt

Fiesco, der nachdenkend auf und nieder geht.

Welch ein Aufruhr in meiner Brust! welche heimliche Flucht der Gedanken-Gleich verdaechtigen Bruedern, die auf eine schwarze That ausgehen, auf den Zehen schleichen und ihr flammroth Gesicht furchtsam zu Boden schlagen, stehlen sich die ueppigen Phantome an meiner Seele vorbei-Haltet! haltet! Lasst mich euch ins Angesicht leuchten-ein guter Gedanke staehlet des Mannes Herz und zeigt sich heldenmaessig dem Tage.-Ha! ich kenne euch!-das ist die Liverei des ewigen Luegners-verschwindet! (Wieder Pause, darauf lebhafter.) Republikaner Fiesco? Herzog Fiesco?-Gemach-Hier ist der gaehe Hinuntersturz, wo die Mark der Tugend sich schliesst, sich scheiden Himmel und Hoelle-Eben hier haben Helden gestrauchelt, und Helden sind gesunken, und die Welt belagert ihren Namen mit Fluechen-Eben hier haben Helden gezweifelt, und Helden sind still gestanden und Halbgoetter geworden-(Rascher.) Dass sie mein sind, die Herzen von Genua? Dass von meinen Haenden dahin, dorthin sich gaengeln laesst das furchtbare Genua?-O ueber die schlaue Suende, die einen Engel vor jeden Teufel stellt-Unglueckselige Schwungsucht! uralte Buhlerei! Engel kuessten an deinem Halse den Himmel hinweg, und der Tod sprang aus deinem kreissenden Bauche-(Sich schaudernd schuettelnd.) Engel fingst du mit Sirenentrillern von Unendlichkeit-Menschen angelst du mit Gold, Weibern und Kronen! (Nach einer nachdenkenden Pause, fest.) Ein Diadem erkaempfen ist gross. Es wegwerfen ist goettlich. (Entschlossen.) Geh unter, Tyrann! Sei frei, Genua, und ich (sanft geschmolzen) dein gluecklichster Buerger!

Dritter Aufzug

Furchtbare Wildniss.

Erster Auftritt

Verrina. Bourgognino kommen durch die Nacht.

Bourgognino (steht still.)A wohin fuehrst du mich, Vater? Der dumpfe Schmerz, womit du mich abriefst, keucht noch immer aus deinem arbeitenden Odem. Unterbrich dieses grauenvolle Schweigen. Rede. Ich folge nicht weiter.