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Fiesco (reisst Einem ein Schwert weg und macht sich Bahn). Sachte doch! Wer ist der Erste, der das Halfter ueber den Tiger wirft?-Seht, ihr Herrn-Frei bin ich-koennte durch, wo ich Luft haette-Jetzt will ich bleiben, denn ich habe mich anders besonnen.

Bourgognino. Auf Ihre Pflicht besonnen?

Fiesco (aufgebracht, mit Stolz). Ha, Knabe! Lernen Sie erst die Ihrige gegen mich auswendig, und mir nimmer das!-Ruhig, ihr Herrn-es bleibt Alles wie vor.-(Zum Mohren, dessen Stricke er zerhaut.) Du hast das Verdienst, eine grosse That zu veranlassen-Entfliehe!

Calcagno (zornig). Was? was? Leben soll der Heide? leben und uns alle verrathen haben?

Fiesco. Leben und euch allen-bang gemacht haben. Fort, Bursche! Sorge, dass du Genua auf den Ruecken kriegst, man koennte seinen Muth an dir retten wollen.

Mohr. Das heisst, der Teufel laesst keinen Schelmen sitzen!-Gehorsamer Diener, ihr Herrn!-Ich merke schon, in Italien waechst mein Strick nicht. Ich muss ihn anderswo suchen. (Ab mit Gelaechter.)

Zehnter Auftritt

Bedienter kommt. Vorige ohne den Mohren.

Bedienter. Die Graefin Imperiali fragen schon dreimal nach Euer Gnaden.

Fiesco. Potz tausend! Die Komoedie wird freilich wohl angehen muessen! Sag' ihr, ich bin unverzueglich dort-Bleib-Meine Frau bittest du, in den Concertsaal zu treten und mich hinter den Tapeten zu erwarten. (Bedienter ab.) Ich habe hier euer Aller Rollen zu Papier gebracht; wenn Jeder die seinige erfuellt, so ist nichts mehr zu sagen-Verrina wird voraus in den Hafen gehen und mit einer Kanone das Signal zum Ausbruch geben, wenn die Schiffe erobert sind.-Ich gehe; mich ruft noch eine grosse Verrichtung. Ihr werdet ein Gloeckchen hoeren und alle miteinander in meinen Concertsaal kommen-Indess geht hinein-und lasst euch meinen Cyprier schmecken. (Sie gehen auseinander.)

Eilfter Auftritt

Concertsaal-Leonore. Arabella. Rosa. Alle beaengstigt.

Leonore. In den Concertsaal versprach Fiesco zu kommen, und kommt nicht. Eilf Uhr ist vorueber. Von Waffen und Menschen droehnt fuerchterlich der Palast, und kommt kein Fiesco?

Rosa. Sie sollen sich hinter die Tapeten verstecken-Was der gnaedige Herr damit wollen mag?

Leonore. Er will's, Rosa, ich weiss also genug, um gehorsam zu sein. Bella, genug, um ganz ausser Furcht zu sein-Und doch! doch zittr' ich so sehr, Bella, und mein Herz klopft so schrecklich bang. Maedchen, um Gotteswillen! gehe keines von meiner Seite.

Bella. Fuerchten Sie nichts. Unsre Angst bewacht unsern Fuerwitz.

Leonore. Worauf mein Auge stoesst, begegnen mir fremde Gesichter, wie Gespenster hohl und verzerrt. Wen ich anrufe, zittert wie ein Ergriffener und fluechtet sich in die dichteste Nacht, diese graessliche Herberge des boesen Gewissens. Was man antwortet, ist ein halber heimlicher Laut, der auf bebender Zunge noch aengstlicher zweifelt, ob er auch kecklich entwischen darf.-Fiesco?-Ich weiss nicht, was hier Grauenvolles geschmiedet wird-Nur meinen Fiesco (mit Grazie ihre Haende faltend) umflattert, ihr himmlischen Maechte!

Rosa (zusammengeschreckt). Jesus! Was rauscht in der Galerie?

Bella. Es ist der Soldat, der dort Wache steht. (Die Schildwache ruft aussen: »Wer da?« Man antwortet.)

Leonore. Leute kommen! Hinter die Tapete! Geschwind! (Sie verstecken sich.)

Zwoelfter Auftritt

Julia. Fiesco im Gespraech.

Julia (sehr zerstoert). Hoeren Sie auf, Graf! Ihre Galanterieen fallen nicht mehr in achtlose Ohren, aber in ein siedendes Blut-Wo bin ich? Hier ist Niemand als die verfuehrerische Nacht. Wohin haben Sie mein verwahrlostes Herz geplaudert?

Fiesco. Wo die verzagte Leidenschaft kuehner wird, und Wallungen freier mit Wallungen reden.

Julia. Halt ein, Fiesco. Bei Allem, was heilig ist, nicht weiter! Waere die Nacht nicht so dichte, du wuerdest meine flammrothen Wangen sehen und dich erbarmen.

Fiesco. Weit gefehlt, Julia! Eben dann wuerde meine Empfindung die Feuerfahne der deinigen gewahr und lief' desto muthiger ueber. (Er kuesst ihr heftig die Hand.)

Julia. Mensch, dein Gesicht brennt fiebrisch, wie dein Gespraech. Weh, auch aus dem meinigen, ich fuehl's, schlaegt wildes, frevelndes Feuer. Lass uns das Licht suchen, ich bitte. Die aufgewiegelten Sinne koennten den gefaehrlichen Wink dieser Finsterniss merken. Geh! diese gaehrenden Rebellen koennten hinter dem Ruecken des verschaemten Tages ihre gottlosen Kuenste treiben. Geh unter Menschen, ich beschwoere dich.

Fiesco (zudringlicher). Wie ohne Noth besorgt, meine Liebe! Wird je die Gebieterin ihren Sklaven fuerchten?

Julia. Ueber euch Maenner und den ewigen Widerspruch! Als wenn ihr nicht die gefaehrlichsten Sieger waeret, wenn ihr euch unsrer Eigenliebe gefangen gebt. Soll ich dir Alles gestehen, Fiesco? dass nur mein Laster meine Tugend bewahrte? nur mein Stolz deine Kuenste verlachte? nur bis hieher meine Grundsaetze Stand hielten? Du verzweifelst an deiner List und nimmst deine Zuflucht zu Julias Blut. Hier verlassen sie mich.

Fiesco (leichtfertig dreist). Und was verlorst du bei diesem Verluste?

Julia (aufgeregt und mit Hitze). Wenn ich den Schluessel zu meinem weiblichen Heiligthum an dich vertaendle, womit du mich schamroth machst, wenn du willst? Was hab' ich weniger zu verlieren, als Alles? Willst du mehr wissen, Spoetter? Das Bekenntniss willst du noch haben, dass die ganze geheime Weisheit unsers Geschlechts nur eine armselige Vorkehrung ist, unsere toedtliche Seite zu entsetzen, die doch zuletzt allein von euren Schwueren belagert wird, die (ich gesteh' es erroethend ein) so gern erobert sein moechte, so oft beim ersten Seitenblick der Tugend den Feind verraetherisch empfaengt?-dass alle unsere weiblichen Kuenste einzig fuer dieses wehrlose Stichblatt fechten, wie auf dem Schach alle Officiere den wehrlosen Koenig bedecken? Ueberrumpelst du diesen-Matt! und wird getrost das ganze Brett durcheinander. (Nach einer Pause mit Ernst.) Du hast das Gemaeld' unsrer prahlerischen Armuth-Sei grossmuethig!

Fiesco. Und doch, Julia-Wo besser als in meiner unendlichen Leidenschaft kannst du diesen Schatz niederlegen?

Julia. Gewiss nirgends besser, und nirgends schlimmer-Hoere, Fiesco, wie lang wird diese Unendlichkeit waehren?-Ach! schon zu ungluecklich hab' ich gespielt, dass ich nicht auch mein Letztes noch setzen sollte-Dich zu fangen, Fiesco, muthete ich dreist meinen Reizen zu; und ich misstraue ihnen die Allmacht, dich festzuhalten-Pfui doch, was red' ich da? (Sie tritt zurueck und haelt die Haende vors Gesicht.)

Fiesco. Zwei Suenden in einem Athem. Das Misstrauen in meinen Geschmack, oder das Majestaetsverbrechen gegen deine Liebenswuerdigkeit-was von beiden ist schwerer zu vergeben?

Julia (matt, unterliegend, mit beweglichem Ton). Luegen sind nur die Waffen der Hoelle-die bracht Fiesco nicht mehr, seine Julia zu faellen. (Sie faellt erschoepft in einen Sopha, nach einer Pause feierlich.) Hoere, lass dir noch ein Woertchen sagen, Fiesco-Wir sind Heldinnen, wenn wir unsere Tugend noch sicher wissen:-wenn wir sie vertheidigen, Kinder; (ihm starr und wild unter die Augen) Furien, wenn wir sie raechen-Hoere. Wenn du mich kalt wuergtest, Fiesco?

Fiesco (nimmt einen aufgebrachten Ton an). Kalt? kalt?-Nun, bei Gott! was fordert denn die unersaettliche Eitelkeit des Weibs, wenn es einen Mann vor sich kriechen sieht und noch zweifelt? Ha, er erwacht wieder, ich fuehle, (den Ton in Kaelte veraendert) noch zu rechter Zeit gehen mir die Augen auf-Was war's, das ich eben erbetteln wollte?-Die kleinste Erniedrigung eines Mannes ist gegen die hoechste Gunst eines Weibs weggeworfen! (Zu ihr mit tiefer, frostiger Verbeugung.) Fassen Sie Muth, Madame! Jetzt sind Sie sicher.