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»Die Technologie der Chromosomentherapie durch reproduktionsfähige Viren macht rasche Fortschritte. Im nächsten Jahr werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit Therapiemethoden entwickeln, die die Sichelzellenanämie, die Leukämie, den Diabetes und die meisten Geburtsdefekte beheben können. Ein für die Öffentlichkeit besonders dringliches Problem ist es, eine ›Behandlung‹ oder eine Umkehrung für die Y-Reparatur oder die sogenannte ›Transformation‹ zu finden. Wir haben uns in unserem Labor besonders auf die Erforschung dieser Möglichkeit konzentriert, und es ist uns in der Tat gelungen, ein Virus zu synthetisieren, welches das X-Chromosom in ein Y-Chromosom verwandelt.

Ruhe, bitte. Bitte, setzen Sie sich doch. Wenn Sie doch bitte – ich bin noch nicht fertig … Ruhe!

Danke.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das ›Y‹-Virus allerdings noch nicht als Gegenmittel für die X-Transformation einsetzbar.« [Mehrere laut gerufene Zwischenfragen.] »Das neue Y-Virus verwandelt beide X-Chromosomen in Y-Chromosomen, so daß eine nicht lebensfähige YY-Kombination entsteht und nicht die normale männliche Kombination XY. Wir arbeiten gerade daran, ein selektives Virus zu erzeugen, das nur eins der X-Chromosomen umwandelt. Dies ist eine schwierige Aufgabe, aber wir sind zuversichtlich, daß wir vielleicht sogar schon bald eine Lösung finden werden.«

[Als Antwort auf die Frage, ob die neue Behandlung schon bei transformierten Männern erprobt worden sei:] »Bisher zeigen unsere Laborexperimente eine Kreuzimmunität, das heißt, daß die Zellen, die von Spendern stammen, die der X-Transformation unterzogen wurden, gegen die Y-Transformation resistent sind. Solange wir die Ursache der Immunität nicht genau erforscht haben, wissen wir nicht, ob eine Lösung möglich ist.«

Davida konnte es irgendwann nicht mehr aushalten. Diejenigen, die sich ihm subtil näherten, waren schon schlimm genug, aber die, die ihn bemitleiden wollten, waren noch schlimmer. Sie hatte sich schließlich nach Albuquerque versetzen lassen, wo niemand ihn – sie – kannte.

Es war natürlich hart für den kleinen Davey, aber Davey hatte Probleme, sich anzupassen, und seine Lehrerin meinte, wenn sein – Vater (war er noch Daveys Vater?) – eine Weile fortginge, könne es ihm die Umstellung erleichtern. Davida kam so oft wie möglich nach Hause und nutzte verlängerte Wochenenden aus, um bei ihrer Familie zu sein.

Und obwohl Joan ihr ausdrücklich gesagt hatte, daß es in Ordnung sei, wenn sie mit Männern ausging, hielt Davida es für besser, ihrer Frau vorerst nicht zu verraten, daß sie schon längst damit angefangen hatte.

»Mr. President! Müssen wir Sie jetzt Frau Präsidentin oder Fräulein Präsidentin nennen?« – »Mr. … ähm … Mrs. President! Haben Ihre jüngsten Erfahrungen Ihre Einstellung zur Gleichberechtigung verändert?« – »Mr. President, die Leser von Newsday würden gern erfahren, was die First Lady … ähem … die andere First Lady zu den jüngsten Entwicklungen sagt.« – »Mrs. President, was halten Sie von der letzten Enzyklika des Papstes?« – »Ms. President, angesichts Ihres jetzigen Zustandes würde Woman’s Day gern wissen ob Sie Kinder haben wollen.« – »Mr. President!« – »Ms. President …«

»Das ist schon witzig, findest du nicht? Dies ist der Körper, den ich immer haben wollte, seit ich ein Kind war. Und jetzt habe ich ihn und stelle fest, daß ich eigentlich doch kein Mädchen sein will. Ich hasse es. Ich mag es nicht, wie die Leute mich behandeln. Ganz egal, wie gut ich etwas mache, die Leute denken: Ach, die ist bloß ein Mädchen. Ich mag keine hochhackigen Schuhe. Als ich sie nur ab und zu getragen habe, hat mir das noch Spaß gemacht. Und das Schlimmste ist, daß ich es nicht mag, mit Männern auszugehen. Ich weiß gar nicht, wie die richtigen Mädchen sie ertragen können. Männer sind aalglatt und unaufrichtig und herablassend.

Und jetzt stehe ich hier und habe alles, was ich mir je erträumt habe, und ich will es nicht haben. Ich will mich wieder zurückverwandeln, verstehst du? Ich will mich wieder zurückverwandeln!«

»Und nun die Nachrichten. Der Berufsverband der amerikanischen Psychiater kritisierte die rasch um sich greifende Praxis, hyperaktive Kinder durch die Transformation zu behandeln. Befürworter der umstrittenen Therapie hielten den Kritikern entgegen, daß die Methode sicher, effektiv und preiswert durchzuführen sei.

Gouverneur Bradshaw aus Illinois unterzeichnete heute ein Gesetz, das die Transformation als Strafe für Vergewaltigung vorsieht. Damit ist Illinois der erste Staat, der eine solche Maßnahme zum Gesetz erhebt. Die Bürgerrechtsorganisation ACLU hat angekündigt, sie werde gegen das Gesetz Klage erheben, weil es das verfassungsmäßige Verbot grausamer und ungewöhnlicher Strafen verletze. Gouverneur Bradshaw spielte den Angriff der ACLU herunter und erklärte, wenn es grausam sei, zur Frau zu werden, dann hätte die Hälfte der Bevölkerung einen Grund, die andere Hälfte zu verklagen. Ähnliche Gesetzesinitiativen sind in den Staaten Alabama, Ohio, West Virginia und Texas noch im Stadium der Beratung.

In Washington erklärte heute der zuständige Senatsausschuß, die Transformation stelle keinen dem Fünfundzwanzigsten Verfassungszusatz entsprechenden Grund dar, den Präsidenten seines Amtes zu entheben, solange nicht erkennbar werde, daß das Virus den ersten Diener des Staates nachhaltig bei seiner Amtsausübung beeinträchtige. Kritiker wandten sofort ein, daß die veränderte Haltung des Präsidenten zum Gleichberechtigungsartikel ein Hinweis auf eine solche Beeinträchtigung sei.«

»Was ist los, Vida? Es ist immer das gleiche, wenn wir zusammen sind. Ich glaube, wir kommen uns näher, und immer wenn wir intim werden wollen, ziehst du dich zurück. Gibt es etwas, über das wir reden sollten?«

»Nein. Es tut mir leid.«

»Vida, mir tut es auch leid, aber ich glaube wirklich, daß es da etwas gibt, das du mir nicht erzählen willst. Liegt es an mir? Dränge ich dich zu sehr?«

»Nein, es liegt wirklich nicht an dir, Sam. Es liegt an mir. Ich bin noch nicht bereit, das ist alles.«

»Nicht bereit? Hör mal, wir sehen uns jetzt seit einem Monat mehrmals in der Woche. Wie bereit willst du denn noch werden? Stimmt was nicht mit mir? Rieche ich aus dem Mund? Habe ich Körpergeruch? Dränge ich dich zu sehr? Behandle ich dich nicht richtig? Komm schon, sag’s mir. Was immer es ist, sag’s mir.«

»Nein, nein, es liegt nicht an dir. Kein Problem.«

»Aber was ist es denn?« Er sah sie an. Sie errötete und wandte den Blick ab. »Ich kann’s kaum glauben. Sag’s mir einfach: Bist du noch Jungfrau?«

»Ich … äh … ich bin … nein, irgendwie nicht. Nein.«

»Mein Gott, ich kann’s nicht fassen. Ein wunderschönes Mädchen wie du, und immer noch Jungfrau? Ich kann’s nicht glauben. Mein Kind, es ist doch nichts Schlimmes, wenn man noch unschuldig ist. Entspann dich einfach und laß mich machen. Nein, sag jetzt nichts, entspann dich und laß mich nur machen. Keine Angst, ich würde dir um keinen Preis weh tun. Mädchen, ich werde dir zeigen, warum Gott dich zur Frau gemacht hat.«

»Ein Sprecher des Papstes dementierte heute in Rom, daß der oberste Seelenhirte das Opfer eines Angriffs mit dem Transformationsvirus geworden sei. Der Sprecher erklärte, Seine Heiligkeit habe sich für eine Woche von seinem vollen Terminkalender befreit, um sich zurückzuziehen und sich der Meditation und dem Gebet zu widmen. In Moskau war noch nichts über den Ausgang des zweiundneunzigsten Parteikongresses zu erfahren, der zum erstenmal in der Geschichte unter Leitung einer weiblichen Vorsitzenden des Obersten Sowjet abgehalten wurde. Die Kreml-Experten scheinen weltweit zu einer Haltung des ›Abwarten und Tee trinken‹ zu neigen.