Smythe grinste ihn an. »Zeugs, Kram, Krempel. Alles technische Fachbegriffe vom Feinsten. Aber mal ernsthaft: Wenn ein Schiff untergeht, das auf dem Wasser schwimmen soll, dann ist das in etwa mit einem Raumschiff zu vergleichen, das nur für den Einsatz im All bestimmt ist, das aber unkontrolliert in eine Atmosphäre eintaucht. Schiffe sind nicht so konstruiert, dass sie etwas derart Gravierendes überleben könnten.«
»Okay, der Vergleich leuchtet ein. Hatten Sie schon Zeit, sich irgendwelche Daten von der Invincible anzusehen? Diese Unterhaltung hat mich gerade auf die Frage gebracht, ob die Kiks ihr Schiff nicht vielleicht für einen Verwendungszweck gebaut haben könnten, der uns nie in den Sinn käme.«
»Möglich wäre das«, sagte Smythe und beschrieb eine hilflose Geste. »Dieses Schiff hat so viel zu bieten, das einem irgendwie vertraut vorkommt, obwohl es hier an Bord einem ganz anderen Zweck zu dienen scheint. Für einen Ingenieur ist das alles faszinierend und frustrierend zugleich. Es wäre natürlich hilfreich, wenn wir irgendeinen Teil der Komponenten an Bord einschalten können, um uns näher damit zu befassen.«
»Nein.«
»Irgendetwas Kleines? Etwas Harmloses?«
»Woher wollen Sie wissen, was harmlos ist und was nicht?«, fragte Geary.
»Ähm …« Smythe atmete schnaubend aus. »Jetzt haben Sie mich erwischt, Admiral. Aber wenn wir zumindest herausfinden könnten, wie ein einzelner Ausrüstungsgegenstand funktioniert, dann würde es uns vielleicht gelingen, diesem Aberglauben etwas entgegenzusetzen, der das Kik-Schiff umgibt.«
»Aberglauben?«
»Die Geister«, antwortete Smythe kleinlaut.
»Captain, waren Sie an Bord der Invincible?«
»Sie meinen … persönlich? Nein.« Smythe sah Geary forschend an. »Sie?«
»Ja.« Geary spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken laufen wollte. Bevor er weiterreden konnte, musste er erst schlucken. »Ich weiß nicht, was diese Geister sind, aber die Empfindung ist real und sehr eindringlich. Gibt es irgendein Gerät, mit dem man das Gefühl erzeugen kann, dass sich körperlose Tote an einen drängen?«
»Wenn sie körperlos sind, können sie sich nicht an einen drängen«, stellte Smythe mit der Präzision eines Ingenieurs richtig. Nachdenklich schürzte er die Lippen. »Das müsste ich mit einem medizinischen Fachmann besprechen. Vielleicht irgendwelche Unterschall-Schwingungen. Aber unsere Ausrüstung hat nichts in der Art feststellen können.«
»Es könnte etwas völlig Neues und Fremdartiges sein«, gab Geary zu bedenken.
»Ein Grund mehr, sich mit der Ausrüstung des Schiffs zu beschäftigen!«, argumentierte Smythe triumphierend.
»Aber wenn die Energieversorgung auf dem gesamten Schiff abgeschaltet worden ist und die Verbindungen zu allen Energiespeichern unterbrochen sind, wie kann dann immer noch etwas in Betrieb sein, das jeden auf dem Schiff nervös macht?«
Smythe lehnte sich nach hinten, legte eine Hand an den Mund und überlegte. »Vielleicht … nein. Oder … hmmm. Wenn es eine Art Schwingung ist, die so tief schwingt, dass wir sie nicht feststellen können, die aber von Menschen irgendwie wahrgenommen wird … nun, man könnte theoretisch etwas von der Größe eines Schiffs so konstruieren, dass es eine solche Schwingung allein durch seine Bauart erzeugt.« Er nickte und begann zu lächeln. »Das könnte eine Erklärung sein. Das ist natürlich reine Mutmaßung, aber wenn ein Schiff so konstruiert ist, dass es derartige Schwingungen erzeugt, und wenn es dann mit einem Gerät ausgerüstet wird, das Gegenschwingungen erzeugt, um die Wirkung aufzuheben, dann wird natürlich auch dieses Gerät abgeschaltet, wenn man das ganze Schiff stilllegt.«
»Ernsthaft?«, fragte Geary erstaunt.
»Theoretisch«, betonte Smythe. »Ich habe keine Ahnung, ob das auch nur ansatzweise zutrifft und wie man so etwas praktisch umsetzt. Aber ich bin ja auch kein Kik.«
»Mag sein, dass es nur wild drauflosgeraten ist, aber es ist die erste rational klingende Erklärung, die ich für das höre, was ich auf der Invincible erlebt habe.«
»Admiral«, wandte Captain Smythe scheinbar pikiert ein. »Ich bin ein ausgebildeter Ingenieur. Ich rate nicht einfach wild drauflos, sondern ich rate wissenschaftlich wild drauflos.«
»Verstehe«, gab Geary lachend zurück und war froh, für einen Moment davon abgelenkt zu werden, dass es zu viele Probleme und zu wenige Lösungen gab. »Hat Lieutenant Jamenson schon irgendwelche neuen Erkenntnisse liefern können?«
»Nein, Sir. Aus dem, was wir haben, hat sie alles herausgeholt, was sich herausholen lässt. Wenn wir heimkehren und mehr Ressourcen bekommen, dann wird sie bestimmt die Art von Material produzieren, nach der wir suchen.«
»Danke, Captain«, sagte Geary abrupt, da ein Alarmsignal seine Aufmerksamkeit erforderlich machte. Er beendete dieses Gespräch und nahm das nächste an, das von der Brücke der Dauntless kam.
Tanya Desjani warf ihm einen von diesen Blicken zu, die so viel sagten wie: »Ich toleriere das, aber gefallen tut es mir nicht.«
»Der Frachter, den die Einheimischen für die ehemaligen Enigma-Gefangenen geschickt haben, passt sich den Bewegungen der Haboob an.«
Die ehemaligen Enigma-Gefangenen. Menschen, die über Jahrzehnte hinweg entführt worden waren – manche von Syndik-Schiffen, die unter rätselhaften Umständen verschwunden waren, andere von Planeten in den Sternensystemen, die die Enigmas sich angeeignet hatten. Über dreihundert befanden sich an Bord der Haboob. Dreihundertdreiunddreißig, um genau zu sein. Die Gefangenen selbst hatten davon berichtet, dass ihre Zahl immer genau dreihundertdreiunddreißig betragen hatte, eine Zahl, die für die Enigmas irgendetwas bedeuten musste, da sie immer genau diese Anzahl Gefangene beibehalten hatten. Die Frage, was er mit diesen Leuten anfangen sollte, bereitete Geary Kopfzerbrechen, seit er ihre Befreiung veranlasst hatte. Achtzehn von ihnen wollten nach Midway gebracht werden, weil sie entweder hier oder im Nachbarsystem Taroa beheimatet waren.
Sich damit einverstanden zu erklären, war aber auch keine leichte Entscheidung gewesen. Die neuen Herrscher über Midway behaupteten zwar von sich, nicht länger despotische Syndiks zu sein, aber es war immer noch möglich, dass sie Geary nur etwas vormachten, weil sie sich davon Vorteile erhofften. »Wo ist Dr. Nasr?«
»Persönlich an Bord der Haboob«, erwiderte sie.
»Gut. Können Sie in den Konferenzraum kommen, damit wir das gemeinsam hinter uns bringen können? Ich möchte eine Verbindung zu Dr. Nasr herstellen.«
»Wir können das doch auch auf der Brücke erledigen«, wandte Desjani unwillig ein. »Ach so, Sie wollen das lieber nicht vor viel Publikum erledigen, falls sich irgendwelche hässlichen Szenen abspielen, wenn wir versuchen, ein paar von den Verrückten zu überstellen, die die Enigmas eingesperrt hatten.«
»Ja, Captain«, erwiderte er geduldig. »Doch es sind Verrücktgewordene, weil die Enigmas sie eingesperrt hatten. Das sollten wir nicht vergessen.«
»Aye, Admiral. Ich bin in zehn Minuten im Konferenzraum.«
Er brauchte deutlich weniger als zehn Minuten, doch als er den Konferenzraum erreichte, war Tanya bereits eingetroffen. »Haben die Syndik –, ich wollte sagen: Haben die Midway-Shuttles schon angedockt?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Das wüsste ich, wenn ich noch auf der Brücke wäre …«
»Sie wissen es so auch.«
»Verdammt, Sie kennen mich einfach zu gut.« Desjani winkte ihn durch, dann folgte sie in den Raum. »Das erste Midway-Shuttle hat vor zwei Minuten angedockt.« Sie setzte sich hin und tippte die Befehle ein, die das Display über dem Konferenztisch zum Leben erweckten. Virtuelle Fenster öffneten sich, eines zeigte das Hangardeck des Sturmtransporters Haboob.