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Und daheim wurden auch noch Pläne von den unterschiedlichsten Leuten geschmiedet. Wie viele Pläne es waren, wusste er nicht, und damit auch nicht, wie viele davon sich gegen ihn richteten. Unbekannt war ebenso, wie viele dieser Pläne dazu angetan waren, die Allianz zu unterhöhlen oder sie sogar in einen Zerfall zu treiben, wie ihn die Syndikatwelten gerade erlebten. Doch mit all diesen Plänen konnte er sich nicht befassen, solange er so weit weg von zu Hause war, wie nur möglich, ohne das von Menschen erforschte und besiedelte Gebiet zu verlassen.

Wenn der Sieg über die Syndikatwelten diese Situation heraufbeschwören hatte, dann wollte er lieber gar nicht darüber nachdenken, was eine Niederlage nach sich hätte ziehen können.

Er beobachtete, wie sich die Flugbahn des fliehenden Schweren Kreuzers änderte; vermutlich eine Reaktion auf die tatkräftige Unterstützung der Midway-Flotte. Geary saß da und hatte noch immer keine Idee, wie er die von Boyens befehligte Syndik-Flotte loswerden konnte, ohne dabei gegen den Friedensvertrag zwischen der Allianz und den Syndikatwelten zu verstoßen. Wenn er aber das System verließ, ohne sich Boyens vorgeknöpft zu haben, dann lief er Gefahr, dass die Allianz die potenziell sehr wertvollen Verbündeten in Midway verlor. Er konnte es schon aus dem Grund nicht riskieren, Midway an die Syndikatwelten zurückfallen zu lassen, weil dieses System das einzige Sprungbrett zu jener Region des Alls darstellte, in der die Tänzer zu Hause waren.

Tage später beobachtete ein nervöser Geary einen kastenförmigen Frachter von Midway, der sich seinen Weg zwischen den Allianz-Kriegsschiffen hindurch bahnte. Erfahrung mit Syndik-Frachtern hatte er nur während des Kriegs gesammelt, und da waren es in aller Regel feige Anschlagsversuche gewesen, um mithilfe von versteckten oder improvisierten Waffen Allianz-Schiffe zu zerstören oder zumindest erheblich zu beschädigen. Als er nun sah, wie sich ein solcher Frachter inmitten seiner Flotte bewegte, musste Geary all seine Willenskraft ins Spiel bringen, um nicht die Zerstörung dieses Schiffs zu befehlen.

Er sah zu Desjani, deren verbissene Miene ihm verriet, dass es ihr noch viel schwerer fiel, den Frachter in der Nähe ihres Schiffs zu dulden.

»Wir brauchen das Essen«, sagte Geary zu ihr. »Wir haben schon früher Syndik-Rationen gegessen, und Midway verfügt über beträchtliche Vorräte, weil das hier mal ein zentraler Knotenpunkt gewesen ist, von dem aus die gesamte Region versorgt wurde.«

»Ja, ich weiß«, gab sie zurück. »Aber die Syndik-Rationen, die wir zuvor mitgenommen haben, lagen irgendwo als Überbleibsel der Vorräte, die man dort zurückgelassen hatte, als die betreffende Einrichtung von den Syndiks aufgegeben wurde. Da mussten wir uns keine großen Sorgen machen, dass die Rationen vergiftet oder auf andere Weise manipuliert waren.«

»Die Flottenärzte und Captain Smythes Ingenieure werden diese Rationen jedem der Menschheit bekannten Test unterziehen, um sicherzustellen, dass sie frei von Gift, Bakterien, Viren, Nanoseuchen oder anderen Gemeinheiten sind.«

»Gut«, lenkte sie ein. »Aber wenn ich bedenke, wie übel die Syndik-Rationen schmecken, frage ich mich, wie jemand merken will, ob da was drin ist, was nicht reingehört.«

»Immerhin sorgen die Syndik-Rationen dafür, dass das Allianz-Essen im Vergleich dazu passabel schmeckt«, betonte Geary und sah mit an, wie Allianz-Shuttles an den Hauptschleusen des Syndik-Frachters andockten, um das Frachtgut zu übernehmen. Einen weiteren Vorteil ließ Geary unerwähnt, weil der nur für noch mehr Argwohn gesorgt hätte: Die Behörden auf Midway stellten die Rationen kostenlos zur Verfügung, anstatt zu versuchen, den höchstmöglichen Preis dafür zu erzielen.

Er wusste, dass diese Großzügigkeit einen guten Grund hatte: Midway wollte unbedingt die Gunst der Allianz gewinnen, damit die ihr gegen die von den Syndikatwelten ausgehende Bedrohung zur Seite stand. Dennoch war es im Vergleich zum sonstigen Verhalten der Syndiks eine sehr untypische Geste.

Sein Display zeigte ihm an, dass das medizinische Personal der Flotte und die Ingenieure mit ihrer jeweiligen Ausrüstung auf Hochtouren arbeiteten, um auf jedem Shuttle einen ersten Sicherheitsscan der Rationen vorzunehmen.

Ein leises Signal lenkte Gearys Aufmerksamkeit auf sein Komm-Display. Warum ruft Victoria Rione mich ausgerechnet jetzt?, fragte er sich und nahm das eingehende Gespräch an. Das Bild der Gesandten der Allianz-Regierung nahm am Rand des Displays Gestalt an.

Rione, die sich aus ihrem Quartier an Bord der Dauntless meldete, blinzelte verschlafen und deutete mit einer vagen Geste auf den Midway-Frachter. »Das Schiff hat unerwartete Fracht an Bord.«

»Wie bitte?« Er machte sich keine Mühe, seine Verärgerung zu überspielen. Wenn Midway jetzt irgendwelche Tricks versuchte, nachdem seine Flotte so viel geleistet hatte, um das System zu beschützen …

»Nichts Schlimmes, würde ich sagen. Zwei Repräsentanten von General Drakon. Sie haben sich auf dem privaten Komm-Kanal gemeldet, den ich bislang für meine Kommunikation mit Präsidentin Iceni benutzt habe.« Rione verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Ich habe mich bereits erkundigt, ob sie Sie bitten wollen, General Drakon beim Sturz von Präsidentin Iceni zu unterstützen. Sie beteuern, dass sie nicht aus diesem Grund hier sind.«

»Gut. Diese Unterstützung hätten sie sowieso nicht erhalten.« Mit den Fingern trommelte er auf die Armlehne, während er Riones Bild skeptisch betrachtete. Sie hatte jedes Recht, müde und erschöpft zu sein, immerhin verhandelte sie bereits seit über einer Woche mit den Behörden, mühte sich mit CEO Boyens ab und arbeitete daran, die Kommunikation mit den Tänzern weiterzuentwickeln.

»Und was wollen die beiden?«, fragte Geary. »Was gibt es derart Geheimes, dass sie herkommen mussten, um das persönlich zu besprechen?«

»Etwas, über das sie nur mit Ihnen reden wollen. Unter vier Augen. Sie können davon ausgehen, dass es sich um eine Angelegenheit handelt, die so brisant ist, dass man nicht das Risiko eingehen will, belauscht zu werden.«

»Verdammt.« Geary betrachtete das Bild des Frachters auf seinem Display. Er hatte immer wieder aufs Neue erfahren müssen, dass selbst die geheimsten und am besten verschlüsselten Kommunikationskanäle abgehört werden konnten. Daher hatte er Verständnis dafür, wenn sich jemand nicht auf dieses Risiko einlassen wollte. Aber … »Mit mir allein? Nein. Bei diesem Treffen mit den beiden muss auf jeden Fall noch jemand anwesend sein.«

»Ich nicht«, sagte Rione sofort. »Ich kann nicht zulassen, dass es so ausgelegt werden kann, als würde das, was Drakon mitzuteilen hat, von der Allianz-Regierung gebilligt. Erst muss ich genau wissen, um was es geht. Nehmen Sie Ihren Captain mit. Sie hat den gleichen Dienstgrad wie Drakons Repräsentanten, und sie ist ausreichend an Ihrer Sicherheit interessiert, um einzuschreiten, wenn die beiden irgendetwas versuchen sollten.«

»Es würde Ihnen bestimmt nicht wehtun, wenn Sie gelegentlich Tanya Desjanis Namen nennen würden«, betonte er.

»Woher wollen Sie wissen, dass es nicht wehtun würde?«, gab sie mit einem Lächeln zurück, das Vieles bedeuten konnte. Geary beabsichtigte nicht, sich mit einer dieser Möglichkeiten eingehender zu beschäftigen. »Sie müssen einem Shuttle die Erlaubnis geben, Drakons Leute auf die Dauntless zu bringen. Viel Spaß.«