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»Ich weiß«, sagte Geary. »Ich habe davon gehört. Die eine Hälfte der Kritiker gibt uns die Schuld, weil sie der Regierung nicht über den Weg traut. Die andere Hälfte macht genau das Gleiche, weil sie dem Militär nichts Gutes zutraut. Es scheint nur ein paar Leute zu geben, die überhaupt die Überlegung in Erwägung ziehen, dass die Kiks ihre eigenen Gründe für ihr Verhalten gehabt haben könnten.«

»Das sind nicht nur ein paar«, hielt Nasr dagegen. »Vielen sind unsere Bemühungen aufgefallen, mit den Bärkühen zu reden und jeden Kampf zu vermeiden. Das Problem ist dabei nur, dass sie nicht so stimmgewaltig sind wie die anderen.« Sein Tonfall klang verbittert, als er nach einem Moment weiterredete: »Mir sind noch nie Kunstfehler unterlaufen, bis heute nicht. Aber vor Gericht wurde mir gesagt, ich müsse den Tod der anderen Bärkühe wohl dadurch verursacht haben, dass ich irgendwie eine Einstellung ausgestrahlt hätte, die den aus der Bewusstlosigkeit erwachenden Bärkühen das Gefühl gegeben habe, sie müssten sofort Selbstmord begehen.«

»Man gibt Ihnen die Schuld?« Geary war empört. »Niemand hat sich engagierter für das Schicksal dieser Kreaturen eingesetzt als Sie.«

»Aber man braucht einen Bösewicht, Admiral.« Nasr seufzte frustriert. »Ich durfte nicht mit in den Raum, ich durfte mich nicht mal in der Nähe aufhalten, als die Bärkühe aufgeweckt wurden. Von denjenigen, die anwesend waren, habe ich gehört, dass die wohlmeinenden Individuen mit breitem Lächeln dastanden, um die aufwachenden Bärkühe zu begrüßen.«

»Mit breitem Lächeln? Hat denn keiner von denen unsere Berichte gelesen? War diesen Leuten nicht klar, dass sie auf die Bärkühe gewirkt haben müssen wie eine Horde Fleischfresser, die sie verspeisen wollte?«

»Fakten, die nicht zu einer bestimmten Einstellung passen, werden gern ignoriert«, sagte der Arzt. »Das ist schon immer ein großes Problem gewesen, und zwar auf jedem Gebiet, auch in der Medizin, und sogar bei den Leuten, die es besser wissen sollten.«

Geary schloss kurz die Augen und versuchte, zur Ruhe zu kommen, anstatt vor Wut lautstark zu schimpfen. Der Kaffee lag ihm mit einem Mal schwer im Magen. »Dann sind die beiden letzten Kiks also eigentlich nicht bloß gestorben, sondern durch vorsätzliche Ignoranz ermordet worden.«

»Das ist ein zu harsches Urteil, Admiral. Sie haben es nur gut gemeint, so wie wir auch. Der Unterschied ist der, dass unsere Absichten durch unsere Ideale und durch das, was wir gesehen haben, begründet waren. In ihrem Fall begründen sich die Absichten auf deren Idealen und auf dem, was sie sehen wollten. Ich sollte wohl erwähnen, dass wir von ein paar Leuten bereits beschuldigt werden, dass wir auch an diesen letzten beiden Todesfällen schuld sind, obwohl der Tod der Bärkühe bislang noch weitestgehend unter Verschluss gehalten wird. Einige Kritiker sind inzwischen davon überzeugt, dass wir die Wahrheit gesagt haben, aber die Meinung teilen längst nicht alle. Die selbst erzeugten Gifte in den Körpern der Bärkühe sind der unwiderlegbare Beweis dafür, aber natürlich nicht für diejenigen, die keinen Beweis akzeptieren können, der dem widerspricht, was ihrer Meinung nach die Wahrheit sein muss.«

Geary nickte. »Ich wünschte … verdammt, ich wünschte, es hätte eine andere Antwort gegeben. Ich weiß, dass Sie alles in Ihrer Macht Stehende getan haben.«

»So wie Sie auch, Admiral.« Dr. Nasr stand auf. »Ich habe genug von Ihrer Zeit beansprucht.«

»Doctor«, sagte er und erhob sich ebenfalls, um den Arzt zurückzuhalten. »Die Tänzer haben darum gebeten, an einen Ort in unserem Territorium eskortiert zu werden. Ich bin mir sicher, Sie haben bereits davon gehört. Hätten Sie Lust, an Bord der Dauntless mitzureisen?«

»Ihr Angebot ehrt mich, Admiral. Ist es tatsächlich das Ziel, das mir zu Ohren gekommen ist?«

»Ja, die Alte Erde.«

Nasr ließ sich Zeit, ehe er antwortete. »Ich verstehe. Ja, eine wirklich große Ehre. Ich werde auf jeden Fall mitkommen, Admiral. Vielleicht liefert die Alte Erde ein paar Antworten auf die Fragen, mit denen wir uns abmühen.«

»Das wäre schön«, stimmte Geary ihm zu, auch wenn er nicht daran glaubte.

Die drei Senatoren, die den Großen Rat und die Allianz-Regierung repräsentierten, waren mit allem Prunk und allen Zeremonien an Bord der Dauntless gekommen, die in den Protokollvorschriften aufgelistet wurden. Auch Dr. Nasr war ein Quartier an Bord zugeteilt worden, während Rione und Charban mit neuem Titel in ihre alten Unterkünfte zurückgekehrt waren. Jedes Lagerabteil der Dauntless war mit allen erdenklichen Ersatzteilen und Materialien vollgestopft, mit denen sich andere Ersatzteile herstellen ließen, mit festen, flüssigen und matschigen Speisen und Getränken, außerdem mit allen Waffen, die für einen Schlachtkreuzer dieser Klasse vorgeschrieben waren.

Es war ein seltsames Gefühl, mit der Dauntless den Orbit zu verlassen und dabei nicht von der gesamten Flotte begleitet zu werden. Allein und würdevoll glitt der Schlachtkreuzer durch das Sternensystem auf das Hypernet-Portal zu. Die Tänzer-Schiffe würden sich ihnen am Portal anschließen, bis dahin vollführten sie noch eine ganze Reihe komplexer Flugmanöver fernab der anderen Einrichtungen im Varandal-System.

Der Rest der Ersten Flotte verharrte im Orbit und hing dort wie eine unerschütterliche Armada. Diese Kriegsschiffe hatten jeder Gefahr getrotzt, die ihnen unter Gearys Kommando vorgesetzt worden war. Er war jedoch zu der Erkenntnis gelangt, dass diese Schiffe höchst verwundbar waren, wenn es um den gleichen Druck ging, der auch die Allianz zu unterhöhlen versuchte. Die Flotte konnte nicht stärker sein als die Allianz, für die sie stand. Querelen, Zynismus, Unsicherheit und kurzsichtige politische Spielchen waren durchaus geeignet, das zu schaffen, was den Syndiks, den Enigmas und den Kiks nicht gelungen war: die Zerstörung der Flotte.

Am Abend zuvor hatte sich Geary mit den Captains Badaya, Duellos, Tulev, Armus und Jane Geary getroffen. »Ich werde morgen bekanntgeben, dass Captain Badaya für die Dauer meiner Abwesenheit als mein Stellvertreter das Kommando über die Flotte übernimmt. Ich hoffe, Sie vier werden ihn dabei in jeder Hinsicht unterstützen. Ganz gleich, was passiert, sorgen Sie dafür, dass diese Flotte stabil bleibt und sich auf ihre Pflicht konzentriert. Ich weiß, gemeinsam sind Sie dazu in der Lage.«

Badaya schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn ich das Kommando habe.«

»Das wäre ein Fehler«, stimmte Duellos ihm zu.

Geary sah die beiden ungläubig an. »Badaya ist der dienstälteste Captain, es gibt keinen Grund, ihn nicht als meinen Stellvertreter zu akzeptieren.«

»Ich habe nicht genug Rückhalt«, beharrte Badaya. »Es gibt eine Reihe von Befehlshabern, die mir mit ihren Schiffen ohne zu zögern folgen werden, aber es gibt genug, die mir nicht vertrauen.«

»Zwar nicht mehr so viele wie noch vor einer Weile«, ergänzte Duellos, »aber wenn sich etwas Gravierendes ereignet, wird es in einigen Ecken Zweifel an Captain Badayas Position geben.«

»Und an meiner Loyalität«, sagte Badaya. »Nennen wir es doch beim Namen. In der Vergangenheit hat es erhebliche Meinungsverschiedenheiten gegeben, welches der richtige Weg ist. Meine Ansichten sind noch heute bestens bekannt. Wenn die Flotte unter meinem Kommando mit einer ernsthaften Herausforderung konfrontiert wird, die eine politische Dimension besitzt, dann könnte es zu einem Bruch kommen.«