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schnüffeln.

»Soll ich Ihnen meine Visitenkarte geben?«Die eine Hand des Mannes verschwand zielstrebig in der Tasche seines Jacketts.»Überlegen Sie es sich…«

»Nein, vielen Dank. Bei meiner Dienststelle kann man leider nicht kündigen.«

»KGB, oder was?«Der Fahrer runzelte die Stirn.

»Gewichtiger«, antwortete ich.»Weitaus gewichtiger. Aber vergleichbar.«

»Tja…«Der Fahrer verstummte.»Schade. Und ich hatte schon gedacht, das sei ein Zeichen von oben. Glaubst du ans Schicksal?«

Leicht und unbefangen ging er zum Du über. Mir gefiel das.

»Nein.«

»Warum nicht?«, wunderte sich der Fahrer aufrichtig, als habe er es bisher ausschließlich mit Fatalisten zu tun gehabt.

»Es gibt kein Schicksal. Das ist bewiesen.«

»Wer hat das bewiesen?«

»Die Leute bei mir auf der Arbeit.«

Er prustete los.

»Das ist gut. Dann hat das Schicksal also doch nicht gewunken! Wo soll ich dich absetzen?«

Wir hatten bereits den Seljony-Prospekt erreicht.

Angestrengt blickte ich hinaus und drang durch eine Schicht der alltäglichen Realität ins Zwielicht vor. Erkennen konnte ich nichts, dafür reichten meine Fähigkeiten nicht aus. Eher noch spürte ich etwas. In dem grauen Dunst blinkten jede Menge schwacher kleiner

Feuer. Fast das ganze Büro musste sich versammelt haben…

»Dort…«

Jetzt, wo ich mich in der normalen Realität befand, konnte ich meine Kollegen nicht sehen. Ich stapfte durch den grauen Schnee der Stadt zu einer unter hohen Schneewehen begrabenen Grünanlage, die zwischen den Wohnblocks und dem Prospekt lag. Ein paar erfrorene Bäumchen, vereinzelt einige Linien von Fußabdrücken - als ob hier Kinder herumgetobt wären oder jemand im Suff versucht hätte, geradeaus zu gehen.

»Du solltest ihnen zuwinken, sie haben dich schon gesehen«, schlug Olga vor.

Ich dachte kurz darüber nach und befolgte ihren Rat dann. Sollen sie doch ruhig denken, ich könnte ganz hervorragend von einer Realität in die andere spähen.

»Eine Besprechung«, sagte Olga amüsiert.»FünfMinuten-Lage…«

Nachdem ich mich der Ordnung halber noch einmal umgeschaut hatte, beschwor ich das Zwielicht herauf und trat in es hinein.

In der Tat hatte ich das gesamte Büro vor mir. Die ganze Moskauer Abteilung.

In der Mitte stand Boris Ignatjewitsch. Er trug nur leichte Kleidung, einen Anzug und eine kleine Pelzkappe, dazu aber - warum auch immer - einen Schal. Ich stellte mir vor, wie er aus seinem BMW ausgestiegen war, eng umgeben von Bodyguards.

Neben ihm hatten sich die Fahnder aufgebaut. Igor

und Garik, Kampfspezis, wie sie im Buche stehen. Gesichter wie gemeißelt, quadratische Schultern, undurchdringliche stumpfe Mienen. Auf den ersten Blick war klar: Beide hatten acht Schulklassen, eine Berufsschule und eine Ausbildung in einer Sondereinheit hinter sich gebracht. Bei Igor stimmte das haargenau. Garik hatte jedoch außerdem noch an zwei Unis studiert. Bei aller äußeren Ähnlichkeit und einem fast gleichen Auftreten unterschieden sie sich innerlich völlig voneinander. Im Vergleich zu diesen beiden wirkte Ilja wie ein feinsinniger Intelligenzler, doch von einer schmal gerahmten Brille, einer hohen Stirn und dem naiven Blick lassen sich die meisten nur zu leicht täuschen. Ein weiterer Typ wurde von Semjon karikiert: ein gedrungener, grobknochiger Kerl mit schlauem Blick in einer abgetragenen Nylonjacke. Der typische Provinzler, auf Besuch in der Hauptstadt Moskau. Zudem irgendwie ein Relikt aus den Sechzigern, direkt aus der Vorzeigekolchose»Iljitschs Schritte«. Absolute Gegensätze. Dafür einte Ilja und Semjon eine herrliche Bräune und ein verdrossener Gesichtsausdruck. Beide waren mitten aus dem Urlaub auf Sri Lanka abberufen worden und konnten dem Winter in Moskau nun rein gar nichts abgewinnen. Ignat, Danila und Farid waren nicht anwesend, obwohl ich ihre frische Spur spürte. Dafür standen hinter dem Chef Bär und Tigerjunges - die sich offenbar nicht maskiert hatten, aber dennoch auf den ersten Blick nicht zu entdecken waren. Als ich das Pärchen bemerkte, wurde mir ganz anders. Das sind nicht einfach Kampfspezis. Das sind verdammt gute Leute. Die werden nicht wegen jeder Kleinigkeit rangeholt.

Auch vom Innendienst waren viele da.

Alle fünf Leute der analytischen Abteilung. Die gesamte wissenschaftliche Gruppe bis auf Julja, was jedoch insofern nicht weiter erstaunlich war, als sie erst dreizehn Jahre alt ist. Möglicherweise fehlte die Archivgruppe.

»Hallo«, sagte ich.

Hier nickte jemand, da lächelte einer. Trotzdem begriff ich, dass die Leute jetzt ganz andere Sorgen hatten. Boris Ignatjewitsch befahl mir mit einer Geste näher zu treten, um dann die ganz offensichtlich durch mein Auftauchen unterbrochene Rede fortzusetzen.

»… nicht in ihrem Interesse. Na immerhin. Hilfe wird uns nicht gewährt… Auch gut, ganz ausgezeichnet…«

Alles klar. Es ging um die Tagwache.

»Bei der Suche nach der Frau werden uns keine Hindernisse in den Weg gelegt, Danila und Farid haben es fast geschafft. Vermutlich haben wir noch fünf, sechs Minuten… Doch so oder so, das Ultimatum wurde uns gestellt.«

Ich fing einen Blick von Tigerjunges auf. Ihr Lächeln versprach nichts Gutes. Ja, das war sie. Tigerjunges, eine junge Frau, zu der der Spitzname Tigerin einfach nicht passen wollte.

Wenn unsere Leute im Außendienst eins nicht ausstehen können, dann ist es das Wort Ultimatum!

»Der schwarze Magier gehört uns nicht.«Der Chef ließ einen gelangweilten Blick über alle Anwesenden gleiten.»Ist das klar? Wir müssen ihn finden, um den Strudel zu bannen. Aber danach übergeben wir den Magier an die Dunklen.«

»Übergeben?«, hakte Ilja neugierig nach.

Der Chef dachte eine Sekunde nach.

»Eine berechtigte Nachfrage, in der Tat. Wir werden ihn nicht vernichten und den Kontakt zu den Dunklen nicht verhindern. Soweit ich es beurteilen kann, wissen sie ebenfalls nicht, um wen es sich handelt.«

Unwillkürlich setzten die Fahnder eine säuerliche Miene auf. Jeder neue schwarze Magier im Kontrollgebiet bereitet ihnen Kopfschmerzen. Selbst wenn er registriert ist und den Vertrag einhält. Und ein Magier von solcher Kraft…

»Ich würde mir eine andere Entwicklung wünschen«, sagte Tigerjunges sanft.»Boris Ignatjewitsch, im Zuge unserer Arbeit können unabhängig von uns Situationen eintreten…«

»Ich fürchte, solche Situationen dürfen wir nicht zulassen«, schnitt der Chef ihr das Wort ab. Leichthin, ohne Nachdruck, denn er schätzte Tigerjunges aufrichtig. Trotzdem gab die Frau sofort nach.

Mir wäre es nicht anders gegangen.

»Das wäre im Grunde alles…«Der Chef sah mich an.»Gut, dass du da bist, Anton. In deiner Anwesenheit wollte ich allen sagen, dass…«

Unwillkürlich spannte ich mich an.

»Du hast gestern gute Arbeit geleistet. Ja, wirklich, die Suche nach den Vampiren hatte ich eigentlich nur als Test für dich gedacht. Und zwar nicht nur, um zu sehen, wie es mit deinen Fähigkeiten bei der operativen Arbeit steht… Du befindest dich schon seit einiger Zeit in einer vertrackten Lage, Anton. Einen Vampir zu töten fällt dir viel schwerer als jedem anderen von uns.«

»Da irren Sie sich, Chef«, sagte ich.

»Das freut mich. Jedenfalls ist dir die gesamte Nachtwache zu Dank verpflichtet. Du hast einen Vampir ausgeschaltet und die Spur der Vampirin aufgenommen. Eine sehr klare Spur. Nach wie vor fehlt es dir für die Fahndungsarbeit an Erfahrung. Aber Informationen sichern, das kannst du. Auch bei der jungen Frau hast du einen kühlen Kopf bewahrt. Die Situation stellte einen absoluten Sonderfall dar, doch du hast eine sehr humane Entscheidung getroffen… und damit Zeit für uns herausgeschlagen. Und der Abdruck ihrer Aura ist vorzüglich. Wo ich sie suchen muss, war mir danach von Anfang an klar.«