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»Anders geht es nicht.«

Nie hätte ich vermutet, dass sie so hart sein kann. Oder dass sie sich nervös fragte, ob es auch allen schmecke und gefalle. Aber auch diese böse Wahrheit hätte ich nicht erwartet.

»Ich weiß.«

»Dann regst du dich nur aus einem einzigen Grund darüber auf, Anton, dass der Chef Sweta so entschlossen nach oben zieht.«

»Weil meine Zeit abläuft«, sagte ich.»Mir wie Sand durch die Finger rinnt, wie Regen vom Himmel strömt.«

»Deine Zeit? Eure, Anton.«

»Sie war nicht unsere, niemals.«

»Warum nicht?«

Tatsächlich, warum eigentlich nicht? Ich zuckte mit den Schultern.»Manche Tiere vermehren sich in der Gefangenschaft nicht.«

»Schon wieder!«, empörte sich die junge Frau.»Was für eine Gefangenschaft? Du solltest dich für sie freuen. Swetlana wird der Stolz der Lichten werden. Du hast sie entdeckt, nur du konntest sie retten.«

»Wozu? Für die nächste Schlacht mit den Dunklen? Eine überflüssige Schlacht?«

»Anton, du redest jetzt wirklich wie ein Dunkler. Du liebst sie doch! Dann fordere nichts, verlange keine Gegenleistung! Das ist der Weg des Lichts!«

»Da, wo die Liebe anfängt, enden Licht und Dunkel.«

Empört verstummte die Frau. Traurig schüttelte sie den Kopf. Widerwillig sagte sie:»Du könntest zumindest eins versprechen…«

»Kommt drauf an, was.«

»Dass du vernünftig bist. Den alten Gefährten vertraust.«

»Ich verspreche es zur Hälfte.«

Tigerjunges seufzte.»Hör mir mal zu, Anton«, presste sie widerstrebend hervor.»Wahrscheinlich glaubst du, ich würde dich überhaupt nicht verstehen. Das stimmt nicht. Ich wollte nämlich gar keine Tierfrau werden. Ich hatte Fähigkeiten als Heilerin, die nicht von der Hand zu weisen waren.«

»Wirklich?«Erstaunt sah ich sie an. Das hätte ich nie gedacht.

»Ja, tatsächlich«, bestätigte sie leichthin.»Doch als ich vor der Wahl stand, welche Seite der Kraft ich entwickeln sollte, hat der Chef mich zu sich gerufen. Wir haben zusammengesessen, Tee getrunken und Gebäck gegessen. Und uns sehr ernst unterhalten, wie Erwachsene, obwohl ich noch ein kleines Mädchen war, jünger als Julja jetzt. Darüber, was das Licht braucht, was für die Wache notwendig ist, was ich erreichen kann. Und wir beschlossen, dass ich die Fähigkeiten zur Kampftransformation entwickeln solle, auf Kosten aller anderen Anlagen. Anfangs hat mir das nicht so richtig gefallen. Hast du eine Ahnung, wie schmerzhaft es ist, sich zu verwandeln?«

»In einen Tiger?«

»Nein - in einen Tiger, das ist nichts. Zurück ist es schwer. Aber ich habe es ausgehalten. Weil ich dem Chef geglaubt habe, weil ich verstanden habe, dass es richtig ist.«

»Und jetzt?«

»Jetzt bin ich glücklich«, sagte die Frau eifrig.»Wenn ich mir vorstelle, was ich verlieren würde, womit ich mich befassen müsste. Die Kräuter, Zauber, die Scherereien mit einem verzerrten Psychofeld, der Kampf gegen schwarze Strudel und schwarze Magie…«

»Blut, Schmerzen, Angst, Tod«, brachte ich vielsagend hervor.»Ein Kampf, der gleichzeitig in zwei oder drei Schichten der Realität stattfindet. Das Feuer meiden, Blut trinken, alles durchmachen.«

»Das ist der Krieg.«

»Ja, vermutlich. Aber musst ausgerechnet du an vorderster Front kämpfen?«

»Aber irgendjemand muss es doch tun, oder? Und letzten Endes hätte ich sonst nicht dieses Haus.«Tiger machte eine Handbewegung, die das ganze Wohnzimmer einbezog.»Du weißt selbst, dass man als Heilerin nicht viel verdienen kann. Du kannst mit aller Kraft

heilen, aber dann mordet jemand ohne Ende.«

»Du hast ein schönes Haus«, versicherte ich.»Aber bist du denn oft hier?«

»Wie es sich ergibt.«

»Ich nehme an, nicht sehr oft. Du übernimmst eine Schicht nach der nächsten, drückst dich nie.«

»So bin ich halt.«

Ich nickte. Im Grunde war ich nicht anders.»Ja, du hast Recht. Ich bin vermutlich müde. Deshalb brabbel ich diesen Unsinn.«

Tigerjunges sah mich argwöhnisch an, offenbar verblüfft von dieser raschen Kapitulation.

»Ich will hier noch ein bisschen mit meinem Glas in der Hand sitzen«, fügte ich hinzu.»Mich allein so richtig schön betrinken, am Tisch einschlafen und mit Kopfschmerzen aufwachen. Dann geht es mir gleich besser.«

»Nur zu«, sagte die Zauberin mit einer Spur von Misstrauen.»Wozu sind wir denn hierher gekommen? Die Bar ist offen, nimm dir, wonach dir der Sinn steht. Wollen wir zu den andern? Oder soll ich bei dir bleiben?«

»Nein, lieber bin ich allein«, sagte ich, indem ich mit der Hand die bauchige Flasche tätschelte.»So richtig beschissen, ohne einen Happen dazu, ohne Freunde. Wenn ihr schwimmen geht, schau doch mal rein. Vielleicht kann ich mich dann noch rühren.«

»Abgemacht.«

Lächelnd ging sie aus dem Zimmer. Ich blieb einsam zurück, abgesehen natürlich von der Gesellschaft meiner Flasche armenischen Kognaks, an die man mitun-

ter glauben möchte.

Eine wirklich prachtvolle Frau. Sie sind alle prachtvoll und gut, meine Freunde und Kameraden von der Wache. Durch die Musik von Queen hindurch hörte ich ihre Stimmen, was angenehm war. Mit einigen hatte ich engere Beziehungen, mit anderen weniger. Aber Feinde gab es unter ihnen nicht. Würde es nie geben. Gemeinsam hatten wir bereits ein Stück Weges hinter uns gebracht und würden ihn auch in Zukunft gemeinsam beschreiten, und wir würden uns nur aus einem einzigen Grund verlieren.

Warum war ich dann unzufrieden mit der Entwicklung? Nur ich - sowohl Olga wie auch Tigerjunges billigten das Vorgehen des Chefs, die anderen würden sich ihnen, fragte man sie direkt, anschließen.

Konnte ich die Lage nicht mehr objektiv beurteilen?

Vermutlich.

Ich trank einen Schluck Kognak und schaute durchs Zwielicht, suchte nach den trüben Feuern eines fremden Lebens ohne Intelligenz.

Im Wohnzimmer entdeckte ich drei Mücken, zwei Fliegen und ganz hinten in der Ecke unter der Decke eine kleine Spinne.

Ich bewegte meine Finger und formte ein winziges Feuerkügelchen mit einem Durchmesser von nur zwei Millimetern. Zielte auf die Spinne - zum Aufwärmen taugt eine unbewegliche Zielscheibe eigentlich besser - und schickte die Feuerkugel auf den Weg.

Meinem Verhalten haftete nichts Verwerfliches an. Wir sind keine Buddhisten, zumindest die meisten der Anderen Russlands nicht. Wir essen Fleisch, schlagen Fliegen und Mücken, vergiften Kakerlaken; wenn wir mal zu faul sind, jeden Monat neue Abschreckungszauber zu erlernen, werden die Insekten rasch immun gegen die Magie.

Nichts Verwerfliches. Es ist einfach komisch, geradezu sprichwörtlich -»mit Feuerkugeln auf Mücken zu schießen«. Der liebste Spaß von Kindern jeden Alters, die in den Kursen der Wache sitzen. Ich glaube, auch die Dunklen vergnügen sich auf diese Weise, nur dass sie nicht zwischen einer Fliege und einem Spatz, einer Mücke und einem Hund unterscheiden.

Die Spinne verbrannte ich sofort. Auch die halb schlafenden Mücken stellten kein Problem dar.

Jeden Sieg begoss ich mit einem Glas Kognak, wobei ich vorab mit der dienstbaren Flasche anstieß. Dann zog ich gegen die Fliegen in den Kampf, doch entweder hatte ich mittlerweile zu viel Alkohol im Blut oder die Viecher spürten weitaus besser, wenn sich die flammenden Punkte näherten. Für die erste brauchte ich vier Ladungen, schaffte es aber wenigstens, die falsch gezielten rechtzeitig zu zerstreuen. Die zweite schoss ich mit der sechsten Feuerkugel ab, wobei ich zwei Minikugelblitze in die Glastür einer Vitrine an der Wand feuerte.