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»Aber was ist mit der Regierung?« sagte George und verzog angesichts der Arbeit, die wir verschwendet hatten, das Gesicht.

Bahadim breitete die Hände aus. »Die Panchayat-Regierung ist für Ihre Interessen nicht wichtig. Wie der König so oft sagt, im Panchayat-System besteht keine Gefahr, sich im Labyrinth der Demokratie zu verirren. Sie müssen sich mit der wirklichen Verwaltung befassen.«

»Aber das haben wir doch versucht!«

»Dann müssen Sie sich ans Palastsekretariat wenden.« Er sah die Verwirrung auf Georges Gesicht und zuckte die Achseln. »Es ist ziemlich verwirrend.«

»Sie machen Witze!« Ziemlich bald würde George seinen Kopf festhalten, damit er nicht explodierte. »Aber warum, Bahadim? Warum ist es so verwirrend?«

»Nun ja.« Bahadim zeichnete mit einem Finger Diagramme. »In der Verwaltung gibt es elf Ministerien und zwölf Ämter, denen Minister oder Direktoren vorstehen.

Alle haben Stellvertretende Direktoren, Amtssekretäre, Stellvertretende Amtssekretäre und Beamte, deren Ernennung im Amtsblatt bekanntgegeben wird. Aber es gibt keine Befehlskette. Jeder erstattet dem Vorgesetzten Bericht, der ihm genehm ist. Die Vorgesetzten geben Untergebenen auf allen Ebenen Anweisungen, ohne Wissen der direkten Vorgesetzten. Das schafft Probleme, und um sich mit denen zu befassen, wurden zahlreiche neue Positionen auf jeder Ebene geschaffen und besetzt, in den meisten Fällen ohne Wissen des Finanzministeriums. Die Zivilverwaltung wuchs daher so sehr, daß sich das Finanzministerium weigerte, den einzelnen Ämtern Geldmittel zukommen zu lassen und nur noch bei persönlich haftenden Beamten dazu bereit ist. Also wurde ein Finanzausschuß für die Zivilverwaltung gebildet, doch der gab nach einiger Zeit ohne greifbares Ergebnis seine Arbeit wieder auf. Ahnlich ist es mit der Hinzuziehung indischer Experten.« Baradim zuckte die Achseln. »Daher ist es schwierig, herauszufinden, wer für welche Entscheidung verantwortlich ist.«

George setzte die Ellbogen auf den Tisch und hielt seinen Kopf fest. »Mein Gott. Wie ist es denn nur dazu gekommen?«

Bahadim lächelte über Georges Unwissenheit. »Das ist eine lange Geschichte«, sagte er.

Und mit demselben ätzenden Vergnügen erklärte er es uns. Er führte George bis zu den Ranas zurück, der Familie, die das Land über ein Jahrhundert beherrscht hatte. Sie hielten das Amt des Premierministers und alle wichtigen Posten besetzt, während sie die königliche Familie an der langen Leine hielten und den Reichtum des Landes auf private Konten in Indien umleiteten. Als Hindus hatten sie im Lauf der Zeit in ihrer eigenen Familie ein Kastensystem errichtet; man konnte also ein Rana A, B oder C sein, je nachdem, ob man innerhalb oder außerhalb der Familie geheiratet hatte, und so weiter. Schließlich waren genug Rana-Cs auf die As so sauer, daß sie bereit waren, sie aus ihren Ämtern zu jagen, und 1951 kam es zu einer erfolgreichen Revolution, die die gesamte Familie stürzte. Der damalige König, Tribhuvan, liebte diese Revolution natürlich von ganzem Herzen, da sie ihn und seine Familie befreite, und arbeitete an einer neuen Verfassung mit, die nach dem Vorbild des indischen Kongreßpartei-Modells eine demokratische Regierung etablierte.

Doch dann starb Tribhuvan, und sein Sohn Mahendra wurde König, und Mahendra wollte alles selbst bestimmen. Er versuchte, die Macht zu übernehmen, und die Kongreßpartei widersetzte sich ihm, bis er 1960 die Armee überredete, ihm bei einem Staatsstreich zu helfen, und er verhaftete Premierminister B. P. Koirala, warf ihn ins Gefängnis und löste das Parlament auf. Damit das nicht so sehr nach dem aussah, was es war, rief er das parteilose Panchayat Raj ins Leben, eine klassische Regierung von Jasagern. Und er setzte die Ranas wieder als Minister ein, um sie besser im Auge behalten zu können, und so schlichen sie sich wieder in ihre Ämter zurück, nur, daß der König nun über ihnen stand. Bald war alles wieder so wie früher, und unter den Ranas wurde das Palastsekretariat die wirkliche Macht im Staate.

Als Mahendra dann 1972 starb, übernahm sein Sohn Birendra. Nun war Birendra in Harvard erzogen worden und hatte dort eine ganze Reihe moderner Tugenden gelernt, und man nahm an, daß er nicht so sehr wie sein Vater an einer absoluten Monarchie interessiert sei, was zwar zutraf, aber auch keine Rolle mehr spielte, da sich seine Rana-Minister alles grapschten, woran er nicht interessiert war. Also fiel alles an die Ranas zurück, unter einem König, der fast überflüssig war. »Und ich bedauere sehr, sagen zu müssen, daß die Krankheit der Korruption verbreiteter ist denn eh und je«, sagte Bahadim grimmig.

George schaute etwas verzweifelt drein. »Und was, zum Teufel, tun wir jetzt?« fragte er.

Bahadim zuckte die Achseln. »Was immer Sie tun, müssen Sie im Palast tun. Alle Minister von irgendeiner Bedeutung halten dort jeden Morgen ein Durbar.«

»Was ist das?«

Bahadim erklärte, daß Leute, die die Minister zu irgend etwas bringen wollten, bei kleinen Empfängen früh am Morgen erscheinen, ein möglichst großes Bakschisch auf den Tisch legen und den Ministern ordentlich schmeicheln mußten. Dann würde vielleicht etwas geschehen.

George dachte nach. »Hören Sie, könnten Sie für uns herausfinden, welches Amt für diese Straße zuständig ist? Sie müssen diese Information doch in der Gazette veröffentlicht haben, oder?«

»Nein, haben sie nicht«, sagte Bahadim. Doch er versprach, Nachforschungen zu betreiben.

Schon am nächsten Tag bestätigte er eine der Geschichten, die George während seiner Zeit im Singha Durbar gehört hatte. Die Inder bauten die Straße. Definitiv. Kein Zweifel daran. Und alles schien vertuscht zu werden.

»Was hast du vor, George?« sagte ich also. »Ich meine, was hast du vor, wenn du den Richtigen zu fassen kriegst?«

Keine Erwiderung von George.

Doch er führte mich zum Human Fit Tailor Shop an der New Road, wo wir zwei perfekt sitzende Jungunternehmer-Anzüge erstanden, in denen wir fast überzeugend wirkten. Und dann gingen wir zum Palastsekretariat, um herauszufinden, was herauszufinden war.

Das Sekretariat war ein großes neues weißes Betongebäude am Rand des Palastgeländes, was gleichzeitig auch das Beste daran war — es lag direkt am Rand von Thamel, so daß wir jeden Tag in unseren Wall-Street-Pseudoanzügen mit unseren gefälschten Papieren die Straße entlanggehen konnten, nur den Kühen ausweichen mußten und schon in zehn Minuten an Ort und Stelle waren.

Doch in dem Gebäude ging es ähnlich zu wie im Singha Durbar, nur alles eine Nummer größer — neue Büros, neue Büromöbel und Schreibmaschinen, arrogante Beamte in sauberen weißen Jacken. Wir wurden von einem Büro zum nächsten abgeschoben und warteten, bis wir jeden Riß in den schlechten Betonwänden gezählt hatten, nur um dann herauszufinden, daß der Funktionär, auf den wir warteten, gern über unser Geld sprechen oder es direkt nehmen wollte, aber nichts wußte und auch nicht wußte, wer etwas wußte.

Und jeden Abend setzte Colonel John uns fürchterlich zu. Und George litt weiter unter Durchfall. Es wurde langsam zuviel für ihn — eines Tages taumelten wir in den Regen hinaus, und George schaute zu den großen Kiefern auf dem Palastgelände hoch und sah die riesigen Fledermäuse, die mit den Köpfen nach unten an den Ästen hingen, und sagte: »Das sind sie! Dahin gehen sie nach Dienstschluß! He!« Er schrie sie an. »Wo, zum Teufel, ist das Büro, das für die Straße verantwortlich ist, ihr Vampire?«

Passanten starrten uns an. Die Fledermäuse rührten sich nicht.

»George«, sagte ich, »du darfst nicht vergessen, daß diese Leute einfach korrupt sein müssen. Sie bekommen kein großes Gehalt, und diese Stadt ist teuer. Und dann sitzen sie in so einem Büro, und jeder nimmt Schmiergeld, und sie bekommen ihren Anteil von den Gesamteinnahmen, und was können sie da schon groß machen? Es gibt kaum eine Möglichkeit, es zu vermeiden.«