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»Die Bakterientheorie ist einfach nicht intuitiv erkennbar, George.«

»Die Religion auch nicht.«

»Dessen bin ich mir nicht so sicher.«

»Aber warum sollte es da einen Unterschied geben?«

»Vielleicht ist der Grund für die Existenz des Universums für die meisten Menschen eine drängendere Frage als der Grund, weshalb sie einen flotten Otto kriegen.«

»Das ist doch verrückt.«

»Außerdem«, sagte ich, »wenn du eine gute Antwort auf die erste Frage hast, dann ist die zweite doch auch beantwortet, oder?«

Er blinzelte mich nur mit diesem eigentümlich argwöhnischen Blick an, mit dem er mich so oft bedachte.

Wir kehrten zu unserem Teehaus zurück und machten uns nach einem Frühstück aus Nebico-Waffeln und hartgekochten Eiern auf den Weg. Die Rucksäcke auf, den Trail suchen. Endlich auf dem Trek.

Zu den meisten Jahreszeiten hätte es wirklich Spaß gemacht — das Trekking ist eine der schönsten Beschäftigungen, die die Menschheit kennt. Doch im Monsun wird alles sehr naß. Die Trails werden zu Bächen, aus Bächen werden Flüsse, aus Flüssen werden Killerströme. Ungeziefer, Schimmelpilze, Fäulnis, Feuchtigkeit und Krankheiten schnellen sprunghaft in die Höhe.

Ich persönlich wandere gern im Monsun. Aber ich nehme einen kleinen Regenschirm und ein paar Stulpenstiefel mit, deren Sohlen ich so tief eingeschnitten habe, daß sie fast an Gummisohlen erinnern, und so hatte ich weniger Probleme mit den schlüpfrigen Wegen als George, der dieses Zubehör für unter seiner Würde hielt und nun die Konsequenzen tragen mußte. Er rutschte die meisten Hügel hinab, und sein Kopf war immer naß; aus Erfahrung weiß ich, daß dies selten der guten Laune zuträglich ist.

Dennoch marschierten wir. Allerdings mußten wir auf die hervorragende Aussicht verzichten, die zu anderen Jahreszeiten immer solch ein Genuß ist. Im Monsun sieht man nur Wolken, Nebel, Regen und was sonst noch in der kleinen Blase des Sichtfelds auszumachen ist, und alles sieht grün und naß und irgendwie überirdisch aus, nun, da man seine Aufmerksamkeit auf seine unmittelbare Umgebung und nicht auf die Ferne konzentriert. Die moosbewachsenen Bäume sehen fremd und unwirklich aus, der Weg ist ein rötlicher Schlammstreifen, der einen durch tropfnasse grüne Kriechpflanzen führt, und eine gelegentliche Gebets- oder Mani-Mauer erhebt sich aus dem Nebel wie etwas aus dem Bhagavad Gita, was sie gewissermaßen ja auch ist. Und dann und wann erscheinen durch Risse in den Wolken die Berge, als flögen sie über einen hinweg. Oh, es hat schon seinen ganz eigenen Reiz, im Monsum auf Trekking zu gehen, und wenn man einen Regenschirm dabei hat und die richtigen Stiefel und einen Stock, um die Blutegel zur Seite zu schieben, kann es wirklich Spaß machen.

Wenn man jedoch nicht über dieses Zubehör verfügt, ergeht es einem wie George. Keine seiner Gruppen ist je im Monsun auf Trekking gegangen, und so hatte er natürlich auch keine Erfahrung damit, und nun bezahlte er den Preis dafür, weil er vergessen hatte, wie man es richtig anstellt, falls er das überhaupt jemals gewußt haben sollte. Er rutschte immer wieder auf schlüpfrigen Abschnitten aus und trat in die Bäche, bis er selbst ausgestreckt in der Badewanne nicht nasser hätte sein können. Regen lief ihm in die Augen, und da er annahm, es gäbe sowieso nichts zu sehen und folglich nicht aufpaßte, wurde er immer wieder von Blutegeln angesprungen, was zwar schmerzlos und ohne negative Folgen ist, aber unangenehm, wenn man es nicht mag. Wir marschierten an Büschen oder hohem Gras vorbei, und wenn man aufpaßte, sah man, wie einige der kleinen schwarzen Äste wackelten; die Tierchen spüren die Wärme, die man ausstrahlt, und springen dann an Bord und wühlen sich durch Socken, Hosen oder Stiefel und saugen einem das Blut aus. Wann immer George zu seinen Beinen hinabsah und einen erwischte, heulte er laut auf. »Scheiße! O mein Gott, Blutegel!«

»Schütte Insektenpulver auf sie, und sie fallen sofort ab.«

»Das weiß ich.« Und er ließ seinen Rucksack in eine Pfütze fallen und beeilte sich, als hätten sich kleine Klapperschlangen auf ihm festgesetzt.

Ich wollte ihn etwas aufmuntern und sagte: »Als ich zum ersten Mal mit meinen Kumpeln hierher kam, hatten wir auch diese Scherereien, und du weißt ja, wenn manche Leute zu Hause am Unterarm von Moskitos gestochen werden, spannen sie den Unterarmmuskel an. Die Moskitos können dann nicht nur den Stachel nicht hinausziehen, sie haben auch kein Überlaufventil, und so saugen sie dein Blut, bis sie platzen, und in der Gegend, aus der ich komme, halten wir das für einen großen Spaß. Also setzt sich ein Blutegel auf dem Unterarm meines Kumpels fest, und mein Kumpel sagt: ›He, dem werd’ ich beibringen, einen Burschen aus Arkansas zu beißen, ich laß ihn platzen wie einen Moskito!‹, und er spannt den Unterarm an, und wir sehen zu. Aber das war nicht nur ein Blutegel, das war anscheinend so ein Rinderegel, der zehn Millionen mal soviel Blut saugen kann wie ein Moskito. Am Anfang war er so groß wie ein winziger Zweig, aber er wurde immer größer und größer und größer, bis er wie eine schwarze Massermelone am Arm meines Freundes hing. Der klappte ohnmächtig zusammen, und wir drückten an dem Blutegel herum, um ihn dazu zu bringen, einen Teil des Blutes wieder abzugeben, bevor wir ihn wegbrannten, aber mein Kumpel war danach noch eine Woche lang blaß wie ein Bettuch. Ist das nicht lustig?«

Keine Antwort von George.

Wir marschierten drei Tage lang. Die ganze Zeit über nahmen wir den Weg, den auch die geplante Straße nehmen würde, wenn sie gebaut werden würde. Ich wies George des öfteren darauf hin, doch die Aussicht schien ihn nicht zu stören. Ganz im Gegenteil, schließlich schien er der Meinung zu sein, eine Straße wäre doch keine so schlechte Idee.

Am vierten Morgen sagte er: »Komm schon, Freds, wo ist dieser Ort?«

»Wir sind fast da. Nur noch ein paar Tage. Doch zuerst müssen wir uns querfeldein um Chhule schlagen.«

»Was? Warum?«

»Dort ist der nepalesische Armeeaußenposten. Wie du weißt, dürfen Trekker nicht weiter nördlich wandern. Das ist die Zone, die sie mit den Chinesen vereinbart haben.«

»Ah. Die nehmen die Sache ernst, was?«

»Darauf kannst du wetten. Die haben ein ganzes Bataillon in Chhule stationiert, vielleicht hundert Soldaten, um alle bis auf die Einheimischen daran zu hindern, weiter nördlich zu wandern.«

»Aber was ist mit dieser Straße, über die du dir solche Sorgen machst?«

»Sie wollen sie bis nach Chhule bauen. Das liegt Shambhala so nahe, daß es fatal für das Tal wäre.«

»Gut.«

»Was?«

»Ich meine, gut, daß wir es nicht mehr so weit haben.«

»Ja, wir sind fast da.«

Was beinahe den Tatsachen entsprach. Doch.wenn wir den Trail verlassen mußten, um Chhule zu umgehen, mußten wir querfeldein wandern, und es gibt nichts Schwierigeres, als in den Wäldern des Himalaja querfeldein zu wandern. Das Gelände dort ist naß, steil und dicht mit blutegelverseuchtem Buschwerk bewachsen — es ist eine schrecklich harte Arbeit, in einem Land, das normalerweise den Yetis überlassen bleibt, die sich natürlich darüber freuen. Doch es gibt eine Art Gesims hoch über dem Dorf, das man als Weg benutzen kann, wenn man es findet — die Leute aus Shambhala benutzten es seit der Gründung Chhules, doch sie versuchten, keine Spuren zu hinterlassen, so daß man es in den Wolken und dem Nebel nur schwer ausmachen konnte. Am Spätnachmittag hatten wir uns den Weg durch das Unterholz auf dieses Sims gehackt und sogar eine fast ebene Stelle gefunden, auf der wir unser Nachtlager aufschlagen konnten.