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Und dann noch etwas. Toivo hatte keine Vorstellung, was er tun würde, wenn die Einmischung der Wanderer in die irdischen Angelegenheiten endlich mit unumstößlicher Gewißheit festgestellt und bewiesen sein würde. Keine einzige historische Analogie aus der hundertjährigen Tätigkeit irdischer Progressoren war hier anwendbar. Für den Herzog von Irukan war ein enttarnter irdischer Progressor ein Dämon oder ein praktizierender Zauberer. Für die Spionageabwehr des Inselimperiums war derselbe Progressor ein gerissener Spion vom Kontinent. Was aber war ein enttarnter Progressor der Wanderer aus der Sicht eines Mitarbeiters der KomKon 2?

Ein entlarvter Zauberer wurde verbrannt; man konnte ihn auch in ein Verlies sperren und zwingen, aus der eigenen Scheiße Gold zu machen. Ein gerissener Spion vom Kontinent wurde abgeworben oder liquidiert. Und wie sollte man mit einem entlarvten Wanderer verfahren?

Toivo wußte keine Antwort auf diese und ähnliche Fragen. Und niemand von seinen Bekannten wußte eine Antwort darauf. Die meisten hielten die Fragen selbst für unkorrekt. „Was tun, wenn sich um die Schraube deines Motorboots der Bart eines Wassermanns gewickelt hat? Ihn wieder entwirren? Gnadenlos abschneiden? Oder den Wassermann am Barte herausziehen?“ Mit mir sprach Toivo nicht über diese Themen. Und zwar, wie mir scheint, weil er von vornherein zu der Überzeugung gelangt war, Big Bug, der legendäre Weiße Läufer, der listige Mak Sim habe das alles längst durchdacht, alle möglichen Varianten systematisch analysiert, detaillierte Maßnahmepläne aufgestellt und sie von der obersten Leitung bestätigen lassen.

Ich ersparte ihm die Enttäuschung. Vorläufig.

Ich muß sagen, daß Toivo Glumow überhaupt ein Mensch mit vorgefaßten Meinungen war. (Wie konnte es bei seinem Fanatismus auch anders sein?) Zum Beispiel wollte er um keinen Preis eine Verbindung zwischen seinem Thema „Besuch der alten Dame“ und dem bei uns seit längerem bearbeiteten Thema „Rip van Winkle“ anerkennen. Die Fälle um das plötzliche und völlig unerklärliche Verschwinden von Menschen in den siebziger, achtziger Jahren und ihr ebenso plötzliches und unerklärliches Wiederauftauchen waren das einzige Moment im „Bromberg-Memorandum“, die Toivo partout nicht näher untersuchen oder auch nur in Betracht ziehen wollte. „Hier muß er sich verschrieben haben“, behauptete er. „Oder wir verstehen ihn falsch. Was hätten die Wanderer davon, daß plötzlich Menschen auf unerklärliche Weise verschwinden?“ Und das, obwohl das „Bromberg-Memorandum“ sein Katechismus geworden war, sein Arbeitsprogramm fürs ganze Leben im voraus … Offensichtlich konnte, wollte er den Wanderern keine beinahe übernatürliche Macht zugestehen. So etwas anzuerkennen hätte seine Arbeit völlig wertlos gemacht. In der Tat, welchen Sinn hatte es, ein Wesen zu suchen, aufzuspüren, zu fangen, das sich jeden Augenblick in Luft auflösen und an jedem beliebigen Ort wieder Gestalt annehmen konnte?

Doch bei all seiner Neigung zu vorgefaßten Ansichten versuchte er nie, gegen feststehende Fakten anzugehen. Ich entsinne mich, wie er mich noch als ganz grüner Novize überzeugte, an der Untersuchung der Tragödie auf der Insel Matuku teilzunehmen.

Mit diesem Fall befaßte sich natürlich der Sektor „Ozeanien“, wo sie von irgendwelchen Wanderern nichts hören wollten. Doch der Fall war einmalig in seiner Art, es gab keinerlei Präzedenzfälle in der Vergangenheit (ich hoffe aufrichtig, daß auch in Zukunft nichts dergleichen mehr geschieht), und wir, Toivo und ich, wurden ohne Widerspruch aufgenommen.

Auf der Insel Matuku ragte seit unvordenklichen Zeiten ein halbzerfallenes Radioteleskop empor. Wer es gebaut hatte und wozu, war trotz allen Nachforschungen nicht mehr festzustellen.

Die Insel galt als unbewohnt, sie wurde nur gelegentlich von Delphinhirten besucht und von ebenso zufällig auftauchenden Paaren, die im durchsichtigen Wasser der kleinen Buchten an der Nordküste nach Perlen suchten. Jedoch lebte dort, wie sich alsbald herausstellte, seit ein paar Jahren ständig eine Doppelfamilie von Kopflern. (Die heutige Generation hat schon fast vergessen, wer die Kopfler sind. Zur Erinnerung: Das ist eine Rasse intelligenter Kynoiden vom Planeten Saraksch, die sich eine Zeitlang in sehr engem Kontakt mit den Erdenmenschen befand. Diese großköpfigen sprechenden Hunde begleiteten uns bereitwillig durch den ganzen Kosmos und unterhielten auf unserem Planeten sogar eine Art diplomatische Vertretung. Vor dreißig Jahren haben sie uns verlassen und seither keinen Kontakt zu Menschen mehr aufgenommen.)

Im Süden der Insel lag eine runde vulkanische Bucht. Sie war unbeschreiblich schmutzig, über ihre Ufer hatte sich ein widerlicher Schaum ausgebreitet. Anscheinend war das Dreckszeug organischen Ursprungs, denn es zog unermeßliche Schwärme von Seevögeln an. Übrigens waren die Wasser der Bucht ansonsten leblos. Selbst Wasserpflanzen gediehen dort schlecht.

Und auf dieser Insel war es zu Morden gekommen. Menschen hatten andere Menschen umgebracht, und das war derart schrecklich, daß es monatelang niemand wagte, von diesen Ereignissen in den Massenmedien zu berichten.

Ziemlich rasch stellte sich heraus, daß der Schuldige, oder besser gesagt, die Ursache eine riesige silurische Molluske war, ein ungeheuerlicher urzeitlicher Kopffüßler, der sich vor einiger Zeit am Grunde der vulkanischen Bucht angesiedelt hatte. Ihn hatte wohl ein Taifun dorthin verschlagen. Das Biofeld dieses Monstrums, das von Zeit zu Zeit an die Oberfläche aufstieg, übte eine deprimierende Wirkung auf die Psyche höherer Tiere aus. Speziell beim Menschen rief es eine katastrophale Senkung der Motivationsschwelle hervor; in diesem Biofeld wurde der Mensch asozial, er konnte einen Freund totschlagen, weil er aus Versehen sein Hemd ins Wasser geworfen hatte. Und er schlug ihn tot.

Toivo Glumow nun hatte sich in den Kopf gesetzt, ebendiese Molluske sei das von Bromberg vorhergesagte Individuum des Monokosmos im Prozeß seiner Formierung. Ich muß gestehen, daß seine Überlegungen anfangs, als wir noch über keinerlei Fakten verfügten, recht plausibel klangen (sofern man überhaupt von der Plausibilität einer Logik sprechen kann, die auf einer phantastischen Voraussetzung beruht). Und man muß gesehen haben, wie er Schritt für Schritt zurückwich unter dem Druck immer neuer Daten, die von den frappierten Fachleuten für Kopffüßler und für Paläontologie gewonnen wurden …

Den Rest versetzte ihm ein Biologiestudent, der in Tokio ein japanisches Manuskript aus dem dreizehnten Jahrhundert ausgegraben hatte, wo sich eine Beschreibung dieses oder eines ebensolchen Ungeheuers fand (ich zitiere nach meinem Tagebuch): „In den östlichen Meeren sieht man einen Katapumoridako von purpurner Farbe mit einer Vielzahl langer dünner Arme, er schaut aus einer runden, dreißig Fuß großen Muschel mit scharfen Kanten und Zacken hervor, die Augen sind wie verfault, ist ganz mit Polypen bewachsen. Wenn er auftaucht, liegt er flach auf dem Wasser gleich einer Insel, verbreitet Gestank und sondert Weißes ab, um Fische und Vögel anzulocken. Wenn sie sich versammeln, greift er sie wahllos mit den Armen und ernährt sich davon. In Mondnächten liegt er da, wiegt sich auf den Wellen, die Augen gen Himmel gerichtet, und sinnt nach über die Tiefen des Wassers, daraus er ausgeworfen ist. Diese Gedanken sind so düster, daß sie die Menschen in Schrecken versetzen und Tigern gleich machen.“