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Conway hielt plötzlich inne, denn er bemerkte, daß seine Aussage nicht mehr stimmte. Das Wesen hatte sich zur Decke hin abgestoßen, wobei es sich so schnell bewegte, daß es im gleichen Augenblick dort zu landen schien, indem es sich abgestoßen hatte. Conway sah, wie über ihm eine weitere Kontrolleinheit zerstört wurde, als das Wesen zuschlug, und andere fielen aus ihren Halterungen, als die Tentakel sich festzuhalten suchten. In seinem Kopfhörer schrie Mannons Stimme und berichtete etwas von Schwerkraftschwankungen in einer bisher stabilen Abteilung des Hospitals und von ansteigenden Verletztenzahlen, aber Conway konnte keine Antwort geben.

Er sah hilflos zu, wie der AACL sich erneut zum Sprung anschickte.

„… wir sind hier, um Ihnen zu helfen“, sagte der PVSJ, als das Wesen vier Meter vor dem Padre landete. Fünf große Tentakel verankerten sich fest, während ein sechster blitzartig, so schnell, daß ihm das Auge nicht folgen konnte, herauszuckte, den PVSJ erfaßte und gegen die Wand schmetterte. Chlor spritzte aus dem Anzug des PVSJ und verbarg einen Augenblick in seinem Nebel das formlose, jämmerliche Etwas, das langsam in die Mitte des Raumes zurückprallte. Der AACL begann wieder, zirpende Laute von sich zu geben.

Conway hörte sich selbst wie einen Fremden Mannon berichten und vernahm dann, wie Mannon nach Lister schrie. Schließlich erreichte ihn die Stimme des Direktors.

Sie sagte:

„Sie müssen das Wesen töten, Conway!“

Sie müssen es töten, Conway!

Diese Worte waren es, die durch ihre Schockwirkung Conway wieder in die Wirklichkeit zurückrissen. Das sah einem Monitor ähnlich, dachte er bitter. Ein Problem durch Mord zu lösen. Und einen Arzt, ein der Erhaltung des Lebens verschworenes Wesen, aufzufordern, diesen Mord zu verrichten. Es hatte nichts zu besagen, daß das Wesen vor Furcht halb wahnsinnig war, es hatte im Hospital Schwierigkeiten gemacht, also mußte man es töten.

Conway hatte Angst gehabt und hatte sie auch noch. In dem Zustand, in dem er sich gerade noch befunden hatte, hätte er in seiner Panik vielleicht die alte Dschungelregel „töte oder werde getötet“, angewandt. Aber nicht jetzt. Ganz gleich, was ihm oder dem Hospital zustieß, er würde kein intelligentes Mitwesen töten, und Lister konnte schreien, bis er blau wurde.

Zu seiner Überraschung erkannte Conway plötzlich, daß Lister und Mannon beide auf ihn einbrüllten und seine Argumente zu widerlegen versuchten. Er mußte laut gedacht haben, ohne es zu bemerken. Er drehte wütend am Stellknopf seines Radios, bis die Stimmen nicht mehr zu hören waren.

Aber da war noch eine andere Stimme, die auf ihn einredete, eine unbeschreiblich müde, flüsternde Stimme, die immer wieder mit einem schmerzhaften Keuchen abbrach. Einen Augenblick dachte Conway, daß der Geist des toten PVSJ Listers Argumente fortsetzte, und dann sah er über sich eine Bewegung.

Die mit einem Raumanzug bekleidete Gestalt Williamsons schwebte sacht durch das Loch in der Decke. Wie es dem schwerverletzten Monitor gelungen war, dorthin zu gelangen, überstieg Conways Verständnis — seine gebrochenen Arme schlossen die Verwendung seines Schwerkraftneutralisators aus. Also mußte er den ganzen Weg zurückgelegt haben, indem er sich mit den Füßen abstieß — wobei er sich darauf hatte verlassen müssen, daß ihn nicht irgendein noch zufällig aktiv gebliebenes Schwerkraftgitter zum zweitenmal herunterriß.

Und dann brach Conway der kalte Schweiß aus. Unfähig, seinen Flug zu bremsen, schwebte der verletzte Monitor jetzt langsam auf den Boden zu — direkt auf den geduckten AACL zu! Vor Conways fasziniertem Blick löste sich langsam einer der stahlharten Tentakel und bereitete sich auf den tödlichen Schlag vor.

Conway warf sich instinktiv in Richtung auf den schwebenden Monitor. Er hatte jetzt keine Zeit, sich wegen dieser Tat tapfer — oder dumm — vorzukommen. Krachend prallten die beiden Menschen zusammen, und dann schlang Conway die Beine um Williamsons Hüfte, um die Hände für den Schalter des Neutralisators freizuhaben. Sie wirbelten wie wild um ihren gemeinsamen Schwerpunkt, und Wände, Decke und Boden drehten sich so schnell um sie, daß Conway kaum die Steuerorgane im Auge behalten konnte. Es schien Jahre zu dauern, bis die Drehung zum Ende kam und sie wieder auf das Loch in der Decke und damit der Sicherheit zustrebten. Sie hatten sie beinahe erreicht, als Conway die schlangenartigen Tentakel auf sie zukommen sah!

16

Etwas krachte mit solcher Wucht auf seinen Rücken nieder, daß es ihm den Atem raubte. Einen Augenblick hatte er die schreckliche Vorstellung, daß seine Lufttanks abgerissen und sein Anzug aufgeplatzt waren. Aber sein von schierer Angst diktiertes Aufatmen trieb ihm Luft in die Lungen. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte Conway Luft aus einem Tank so gut geschmeckt.

Der Tentakel des AACL hatte ihn nur gestreift — sein Rücken war nicht gebrochen — und der einzige Schaden bestand in einem zerschmetterten Radio.

„Alles in Ordnung?“ fragte Conway ängstlich, als er Williamson in einem Abteil darüber untergebracht hatte. Er mußte seinen Helm gegen den des anderen drücken — das war die einzige Möglichkeit, sich ohne Radio verständlich zu machen.

Ein paar Minuten lang bekam er keine Antwort, und dann war ein müdes, schmerzgequältes Flüstern zu hören.

„Meine Arme tun weh. Ich bin müde“, sagte die Stimme. „Aber wenn… Sie mich… hineinbringen… bin ich wieder okay.“ Williamson hielt inne, seine Stimme schien von irgendwoher Kräfte zu sammeln, und dann fuhr er fort: „Das heißt, wenn im Hospital noch jemand lebt, um mich zu behandeln. Wenn Sie unseren Freund dort unten nicht aufhalten…“

Plötzliche Wut flammte in Conway auf. „Verdammt, verstehen Sie denn nie?“ brauste er auf. „Damit Sie das ein für allemal wissen — ich werde kein intelligentes Wesen töten! Mein Radio ist hin, also brauche ich mir Lister und Mannon nicht mehr anzuhören, und damit ich Sie zum Schweigen bringe, brauche ich bloß meinen Helm von dem Ihren wegzunehmen.“

Die Stimme des Monitors war wieder schwächer geworden. „Ich höre Mannon und Lister immer noch“, sagte er. „Sie sagen, die Stationen in Abschnitt acht sind jetzt betroffen worden — das ist die andere Niederschwerkraftabteilung. Patienten und Ärzte liegen auf dem Boden — gegen drei G kommen die nicht an. Noch ein paar Minuten, dann können sie überhaupt nicht mehr aufstehen — MSVKs sind nicht so kräftig, das wissen Sie ja…“

„Mund halten!“ schrie Conway und riß wütend seinen Helm weg.

Als sein Ärger nachgelassen hatte und er wieder klar sehen konnte, stellte Conway fest, daß die Lippen des Monitors sich nicht mehr bewegten. Williamsons Augen waren geschlossen, sein Gesicht war schweißüberströmt und grau. Er schien nicht zu atmen. Die Trocknungschemikalien in seinem Helm verhinderten, daß die Gesichtsplatte sich beschlug, so daß Conway nicht genau sagen konnte, ob der Monitor tot war. Aber die Möglichkeit bestand zweifellos. Die zahlreichen Energiespritzen und dann seine Verletzungen — Conway hatte seinen Tod schon lange erwartet. Conway spürte, wie seine Augen brannten.

Er hatte in den letzten paar Stunden soviel Tod und Verletzungen gesehen, daß seine Reaktion auf die Leiden anderer nur mehr die einer medizinischen Maschine war. Dieses Gefühl des Verlusts, dieses Bedauern für den Monitor mußte einfach eine Rückkehr seines normalen Empfindens sein und konnte nicht lange anhalten. Aber eines wußte er ganz bestimmt — niemand würde diese medizinische Maschine dazu bringen, einen Mord zu begehen. Conway wußte jetzt, daß das Monitor-Korps für viel mehr Gutes als Schlechtes verantwortlich war, aber er war kein Monitor.

Doch O’Mara und Lister waren beides, Monitore und Ärzte, einer von ihnen sogar ein Arzt von galaxisweitem Ruf. Hältst du dich für besser, als sie es sind? fragte eine Stimme in seinem Bewußtsein. Und jetzt bist du ganz allein, fuhr die Stimme fort, und im Hospital herrscht ein chaotischer Zustand. In der ganzen Station sterben Leute, nur wegen dieses Wesens dort unten. Was glaubst du wohl, was du für Chancen hast, zu überleben? Der Weg, durch den du hereingekommen bist, ist mit Wrackteilen verstopft, also kann dir niemand zu Hilfe kommen. Du wirst also auch sterben. Ist es nicht so?