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Wieder im Hospital angekommen, stellte Conway fest, daß er so häufig und kräftig gähnen mußte, daß er Angst hatte, sich den Unterkiefer zu verrenken. Erst jetzt wurde ihm klar, daß er einen anstrengenden Tag hinter sich hatte. Arretapec war der Begriff Schlaf völlig fremd, aber das Wesen hatte keinerlei Einwendungen, wenn Conway schlief, sofern das für sein Wohlbefinden nötig war. Conway versicherte ihm ernsthaft, daß das sehr wohl der Fall sei und begab sich auf dem schnellsten Weg in seine Kabine.

Eine Weile beunruhigte ihn die Frage, was er mit Dr. Arretapec tun sollte. Der VUXG war eine wichtige Persönlichkeit. Er konnte ihn nicht gut in einen Schrank oder irgendwo in eine Ecke stellen, obwohl das Wesen dort keinerlei Unbequemlichkeit empfunden hätte. Ebensowenig konnte er ihn aber die Nacht über hinausstellen, ohne seine Gefühle zu verletzen — zumindest wären in umgekehrter Lage seine Gefühle verletzt worden. Er wollte, O’Mara hätte ihm diesbezügliche Anweisungen gegeben. Schließlich stellte er das Wesen auf seinen Schreibtisch und vergaß es.

Arretapec mußte in dieser Nacht tief nachgedacht haben, denn am Morgen fand Conway ein drei Zoll tiefes Loch in der Tischplatte.

20

Am Nachmittag des zweiten Tages kam es zwischen den beiden Ärzten zum Streit. Wenigstens betrachtete Conway es als Streit; als was Arretapec es ansah, stand natürlich auf einem anderen Blatt.

Es begann damit, daß der VUXG Conway bat, ruhig zu sein, während er sich wieder konzentrierte. Das Wesen hatte seinen alten Platz auf Conways Schulter eingenommen. Es hatte erklärt, es könne sich besser konzentrieren, wenn es nicht einen Teil seiner geistigen Kapazität darauf verwenden müsse, sich schwebend zu erhalten. Conway war dem Wunsch wortlos nachgekommen.

Aber da fing das Jucken in seinem Ohr wieder an, und zwar schlimmer als je zuvor. Er bemerkte die Fontänen von Schlamm und Wasser kaum, die der Dinosaurier aufwühlte, als er sich seinen Weg ans Ufer bahnte. Der nagende Schmerz nahm an Intensität zu, bis Conway plötzlich mit einem Wutschrei an sein Ohr griff und darin herumzubohren begann. Das brachte ihm zwar sofort Linderung, aber…

„Wenn Sie so herumzappeln, kann ich nicht arbeiten“, sagte Arretapec. Man konnte nur der Schnelligkeit seiner Rede anmerken, wie erregt er war.

„Ich bin nicht herumgezappelt“, protestierte Conway ärgerlich. „Mein Ohr juckte, und ich…“

„Ein Juckreiz, besonders wenn er Sie zu einer solch nickartigen Bewegung veranlaßt, ist ein Symptom einer physischen Schwäche, die behandelt werden sollte“, unterbrach ihn der VUXG. „Oder er ist von einem parasitischen oder symbiotischen Lebewesen verursacht, das, vielleicht ohne daß Sie das wissen, sich auf Ihrem Körper befindet.

Ich habe aber ausdrücklich verlangt, daß mein Assistent in physischer Hinsicht völlig gesund sein müsse und unter keinen Umständen einer Spezies angehören dürfe, die bewußt oder unbewußt Parasiten beherbergt. Sie müssen nämlich wissen, daß solche Spezies besonders zappelig sind. Sie können also meinen Ärger verstehen. Wenn Sie sich nicht plötzlich bewegt hätten, hätte ich vielleicht etwas erreicht. Also gehen Sie.“

„Sie überspannter…“

Der Dinosaurier wählte diesen Augenblick, um wieder in das seichte Wasser zu stampfen, auszurutschen und klatschend auf den Bauch zu fallen. Eine Fontäne von Dreck und Gischt durchnäßte Conway von Kopf bis Fuß. Diese Ablenkung genügte, um ihn innehalten zu lassen. Dann wurde ihm klar, daß er nicht persönlich beleidigt worden war. Es gab viele intelligente Spezies, die Parasiten beherbergten — einige von ihnen waren sogar für die Gesundheit und das Wohlergehen des Wirts nötig. Vielleicht hatte Arretapec ihn beleidigen wollen, aber mit Bestimmtheit ließ sich das nicht sagen. Und der VUXG war schließlich eine sehr wichtige Person.

„Was hätten Sie denn erreicht?“ fragte Conway sarkastisch. Er war immer noch wütend, hatte aber beschlossen, auf professioneller und nicht persönlicher Ebene zu kämpfen. Außerdem wußte er, daß der Translator seine Worte ohnehin aller beleidigender Untertöne entkleiden würde. „Was versuchen Sie denn zu erreichen, und wie wollen Sie es tun, indem Sie nur — wenigstens scheint es mir so — den Patienten ansehen?“

„Das kann ich Ihnen nicht sagen“, antwortete Arretapec nach ein paar Sekunden. „Mein Ziel ist groß. Es ist für die Zukunft. Das würden Sie nie verstehen.“

„Woher wissen Sie das? Wenn Sie mir sagten, was Sie tun, könnte ich Ihnen vielleicht helfen.“

„Sie können mir nicht helfen.“

„Hören Sie“, sagte Conway gereizt, „Sie haben ja noch nicht einmal versucht, alle Mittel des Hospitals einzusetzen. Ganz gleich, was Sie mit Ihrem Patienten vorhaben, der erste Schritt hätte eine gründliche Untersuchung sein müssen — Röntgenstrahlen, Biopsien, dann hätten Sie wertvolle physiologische Angaben bekommen, auf denen Sie die weitere Arbeit aufbauen könnten.“

„Um es also einfach darzustellen“, unterbrach ihn Arretapec, „Sie wollen sagen, daß man einen komplizierten Organismus oder Mechanismus zuerst in seine Einzelteile zerlegen muß, um ihn individuell zu verstehen. Meine Rasse ist nicht der Ansicht, daß ein Gegenstand teilweise zerstört werden muß, ehe man ihn verstehen kann. Ihre primitiven Untersuchungsmethoden sind für mich deshalb wertlos. Ich schlage vor, daß Sie mich verlassen.“

Conway machte wütend auf dem Absatz kehrt und ging.

Sein erster Impuls war, in O’Maras Büro zu stürmen und dem Chefpsychologen zu sagen, er solle einen anderen Botenjungen für den VUXG finden. Aber O’Mara hatte ihm gesagt, daß seine augenblickliche Aufgabe wichtig sei, und O’Mara würde nicht gerade gut auf ihn zu sprechen sein, wenn er glaubte, daß Conway nur aufgab, weil seine Neugierde nicht befriedigt oder sein Stolz verletzt worden waren. Es gab genügend Ärzte — besonders die Assistenten von Diagnostikern — die die Patienten ihrer Vorgesetzten nicht berühren durften. Oder kam es vielleicht nur daher, daß Conway nicht gerne ein Wesen wie Arretapec als Vorgesetzten hatte…?

Wenn Conway in seinem augenblicklichen Gemütszustand zu O’Mara ging, bestand die Gefahr, daß der Psychologe schloß, er sei dem Temperament nach für seine Position ungeeignet. Und wenn O’Mara ihn in irgendein planetarisches Hospital schickte, würde das die größte Tragödie in Conways Leben bedeuten.

Aber wenn er nicht zu O’Mara gehen konnte, zu wem dann? Er stand ein paar Minuten in einem Korridor und überlegte. Und dann hatte er es. Er konnte etwas tun, etwas, das er ohnehin getan hätte, wenn nicht alles so plötzlich auf ihn eingestürmt wäre.

In der Bibliothek des Hospitals gab es einige Werke über die prähistorischen Epochen der Erde — sowohl in Form von Bändern als auch in der altmodischen, schwer zu handhabenden Buchform. Conway häufte die Bücher auf einen Lesetisch und schickte sich an, seine professionelle Neugierde in bezug auf den Patienten auf diese etwas umständliche Art zu befriedigen.

Die Zeit verging sehr schnell.

Dinosaurier, das stellte Conway sofort fest, war nur ein allgemeiner Ausdruck, den man für die riesigen Reptilien verwendete. Der Patient war, mit Ausnahme seiner größeren Gestalt und der knochigen Verdickung seines Schwanzes, äußerlich dem Brontosaurus ähnlich, der in den Sümpfen der Jurazeit gelebt hatte. Er war ein Pflanzenfresser, besaß aber im Gegensatz zu seinem Patienten keine Waffen, um sich damit gegen die fleischfressenden Reptilien seiner Zeit zu verteidigen. Der Bericht enthielt auch eine überraschende Zahl physiologischer Einzelheiten, die Conway gierig in sich aufnahm.

Die Wirbelsäule bestand aus großen Wirbeln, die, mit Ausnahme der Caudalwirbel, alle hohl waren. Das Tier pflanzte sich durch Eierlegen fort. Der Kopf war klein, das Gehirn eines der kleinsten aller Wirbeltiere. Neben diesem Gehirn gab es noch ein gut entwickeltes Nervenzentrum in der Gegend der sakralen Wirbel, das die mehrfache Größe des eigentlichen Gehirns einnahm. Man nahm an, daß Brontosaurier langsam wuchsen und führte ihre großen Körpermaße darauf zurück, daß sie zweihundert und mehr Jahre leben konnten.